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Verwaltungsgericht Meiningen Beschluss22.08.2013

Schüler mit Behinderung hat Anspruch auf integrativen Unterricht am GymnasiumAbleh­nungs­gründe des Schulamtes ungenügend

Der Freistaat Thüringen ist verpflichtet, einen minderjährigen Schüler, der auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen ist, vorläufig in einem Gymnasium in Vacha zu unterrichten. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Meiningen.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Schulamt Westthüringen die Aufnahme des Schülers am Gymnasium in Vacha abgelehnt und auf die Möglichkeit der Beschulung im 16 km entfernten Gymnasium in Bad Salzungen verwiesen, weil eine integrative Beschulung am Gymnasium in Vacha an der nicht vorhandenen Barrierefreiheit scheitere, da die Unter­richtsräume auf 5 Ebenen angeordnet seien und es keinen Aufzug gebe. Die Verwendung eines mobilen Treppen­stei­ge­gerätes stelle im Brandfall bei einer Evakuierung eine Gefahr für den Antragsteller und seine Mitschüler dar, weil Fluchtwege verengt würden. Auch fehle es an einer behin­der­ten­ge­rechten Toilette.

Schulamt wird Zielsetzung und Aufga­ben­stellung nicht gerecht

Das Verwal­tungs­gericht Meiningen gelangte zu der Überzeugung, dass die Entscheidung des Schulamtes Westthüringen unter dem Aspekt der vorrangigen integrativen Unterrichtung der Zielsetzung und Aufga­ben­stellung des § 1 des Thüringer Förder­schul­ge­setzes nicht gerecht wird. Danach nimmt das Förder­schulwesen Schüler mit sonder­päd­ago­gischem Förderbedarf als Person in ihrer unver­äu­ße­r­lichen Würde an und bietet durch individuelle Fördermaßnahmen die Grundlage für erfolgreiches Lernen und für die soziale und berufliche Integration, damit sie zur Bewältigung ihres Lebens befähigt werden sowie zu einem erfüllten Leben gelangen. Unter Berück­sich­tigung dieser Zielsetzung vermochten die Einwände des Antragsgegners gegenüber der Wahlfreiheit des Antragstellers betreffend des gewünschten Gymnasiums nicht zu überzeugen (es besteht im Gegensatz zu Grund- und Regelschulen bei der Schulart Gymnasium kein Schulbezirk).

Unterstützung durch ganztätig anwesenden Integra­ti­o­ns­helfer

Der fehlenden Barrie­re­freiheit konnte der Antragsteller erfolgreich entgegenhalten, dass er während des gesamten Unterrichts durch den ganztägig anwesenden Integrationshelfer Unterstützung erhält und dieser das Treppensteigegerät bedienen kann, so dass er auch ohne Aufzug die verschiedenen Etagen des Schulgebäudes erreichen wird.

Nutzung eines Aufzugs im Brandfall generell nicht erlaubt

Auch die im Schulgebäude in Vacha im Brand­schutz­gut­achten vom Mai 2005 festgestellten Mängel beim Brandschutz vermochten die ablehnende Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Die darin festgestellten Unzuläng­lich­keiten und erforderlichen Verbes­se­rungs­mög­lich­keiten betreffen grundsätzlich alle am Gymnasium tätigen Lehrer und Schüler und können nicht lediglich der Schulwahl des Antragstellers entge­gen­ge­halten werden. Schließlich ist der Hinweis auf einen fehlenden Aufzug ebenfalls nicht entschei­dungs­re­levant, weil ein solcher im Brandfall nicht benutzt werden darf.

Unterrichtung nach Umbau einer Toilette grundsätzlich möglich

Selbst der Antragsgegner war anlässlich einer Ortsbe­sich­tigung zu der Einschätzung gelangt, dass eine Unterrichtung des Antragstellers in Vacha nach Umbau einer Toilette grundsätzlich möglich ist. Für einen solchen Umbau zur Behin­der­ten­toilette hat der vom Antragsteller eingeschaltete Beauftragte für Menschen mit Behinderung in Thüringen (BMB) einen Betrag von 4.000 Euro reserviert.

Mangels durchgreifender Ableh­nungs­gründe war der Antragsgegner zu verpflichten, den Besuch des Gymnasiums in Vacha zu ermöglichen.

Quelle: Verwaltungsgericht Meiningen/ra-online

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