Dokument-Nr. 14712
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil10.10.2012
61-jährige Analphabetin muss an Integrationskurs teilnehmenDer Verständigung in deutscher Sprache liegt in Deutschland ein hohes staatliches und gesellschaftliches Interesse zugrunde
Ausländer, die sich auf Dauer in Deutschland aufhalten, müssen sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können. Der Besuch eines Integrationskurses ist somit erforderlich. Diese Regelung gilt auch für Analphabeten. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe hervor.
Dem vorliegenden Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Alter von 30 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland im Wege des Familiennachzugs zu ihrem türkischen Ehegatten in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Klägerin hat sechs Kinder, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Ihr Ehemann ist Inhaber eines Lebensmittelladens. Anlässlich einer Vorsprache der Klägerin stellte die Ausländerbehörde fest, dass sie sich auch nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Sie verpflichtete die Klägerin daher zur Teilnahme an einem Integrationskurs, nachdem das Gesundheitsamt aufgrund einer Untersuchung der Klägerin zu der Einschätzung gelangt war, dass sie körperlich, geistig und seelisch hierzu in der Lage sei.
Klägerin begründet Sprachdefizite mit Analphabetismus
Zur Begründung ihrer gegen die Teilnahmeverpflichtung erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, sie habe ihre Integration durch ihren langjährigen Aufenthalt in Deutschland unter Beweis gestellt. Ihre sechs Kinder seien gut ausgebildet und zahlten Steuern. Wegen der Berufstätigkeit ihrer Kinder müsse sie die Enkelkinder betreuen. Ihre Sprachdefizite seien nicht auf fehlende Integration zurückzuführen, sondern darauf, dass sie Analphabetin sei. Aufgrund ihres Alters sei sie nicht mehr in der Lage, an einem solchen Kurs teilzunehmen. Dies „gehe nicht in ihren Kopf“.
VG: Ausländer sollen sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können
Dem ist das Verwaltungsgericht Karlsruhe nicht gefolgt. In seinem Urteil führt das Gericht aus, die Ausländerbehörde habe die Klägerin zu Recht zur Teilnahme am Integrationskurs aufgefordert, da sie, wie das Gesetz es voraussetze, in besonderer Weise integrationsbedürftig sei. Die Klägerin könne sich nicht einmal auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen, was sich auch in der mündlichen Verhandlung vor Gericht gezeigt habe, in der sie kein Wort Deutsch gesprochen habe. Es bestehe ein besonders hohes staatliches und gesellschaftliches Interesse daran, dass sich alle auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländer zumindest auf einfache Art sprachlich verständigen könnten.
Der Teilnahme am Integrationskurs steht nichts im Wege
Die vom Gesetz geforderte Integration lasse sich durch die Integration ihrer Kinder nicht kompensieren. Die Teilnahme am Integrationskurs sei der Klägerin auch zumutbar. Ihr Einwand, „dies gehe nicht in ihren Kopf“, überzeuge nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung nicht. In der näheren Umgebung des Wohnorts der Klägerin würden Kurse angeboten, die auf Analphabeten und Personen zugeschnitten seien, die noch nie im Leben eine Schule besucht hätten. Die Betreuung ihrer Enkelkinder sei mit der Teilnahme an einem Integrationskurs vereinbar; denn die Unterrichtsangebote würden auf solche Bedürfnisse abgestimmt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.11.2012
Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe/ra-online
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