21.11.2024
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil10.10.2012

61-jährige Analphabetin muss an Integra­ti­o­nskurs teilnehmenDer Verständigung in deutscher Sprache liegt in Deutschland ein hohes staatliches und gesell­schaft­liches Interesse zugrunde

Ausländer, die sich auf Dauer in Deutschland aufhalten, müssen sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können. Der Besuch eines Integra­ti­o­ns­kurses ist somit erforderlich. Diese Regelung gilt auch für Analphabeten. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Karlsruhe hervor.

Dem vorliegenden Streitfall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die im Alter von 30 Jahren in die Bundesrepublik Deutschland im Wege des Famili­en­nachzugs zu ihrem türkischen Ehegatten in die Bundesrepublik Deutschland eingereiste Klägerin hat sechs Kinder, die die deutsche Staats­an­ge­hö­rigkeit besitzen. Ihr Ehemann ist Inhaber eines Lebens­mit­tel­ladens. Anlässlich einer Vorsprache der Klägerin stellte die Ausländerbehörde fest, dass sie sich auch nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann. Sie verpflichtete die Klägerin daher zur Teilnahme an einem Integrationskurs, nachdem das Gesundheitsamt aufgrund einer Untersuchung der Klägerin zu der Einschätzung gelangt war, dass sie körperlich, geistig und seelisch hierzu in der Lage sei.

Klägerin begründet Sprachdefizite mit Analphabetismus

Zur Begründung ihrer gegen die Teilnah­me­ver­pflichtung erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, sie habe ihre Integration durch ihren langjährigen Aufenthalt in Deutschland unter Beweis gestellt. Ihre sechs Kinder seien gut ausgebildet und zahlten Steuern. Wegen der Berufstätigkeit ihrer Kinder müsse sie die Enkelkinder betreuen. Ihre Sprachdefizite seien nicht auf fehlende Integration zurückzuführen, sondern darauf, dass sie Analphabetin sei. Aufgrund ihres Alters sei sie nicht mehr in der Lage, an einem solchen Kurs teilzunehmen. Dies „gehe nicht in ihren Kopf“.

VG: Ausländer sollen sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können

Dem ist das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe nicht gefolgt. In seinem Urteil führt das Gericht aus, die Auslän­der­behörde habe die Klägerin zu Recht zur Teilnahme am Integra­ti­o­nskurs aufgefordert, da sie, wie das Gesetz es voraussetze, in besonderer Weise integra­ti­o­ns­be­dürftig sei. Die Klägerin könne sich nicht einmal auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen, was sich auch in der mündlichen Verhandlung vor Gericht gezeigt habe, in der sie kein Wort Deutsch gesprochen habe. Es bestehe ein besonders hohes staatliches und gesell­schaft­liches Interesse daran, dass sich alle auf Dauer in Deutschland lebenden Ausländer zumindest auf einfache Art sprachlich verständigen könnten.

Der Teilnahme am Integra­ti­o­nskurs steht nichts im Wege

Die vom Gesetz geforderte Integration lasse sich durch die Integration ihrer Kinder nicht kompensieren. Die Teilnahme am Integra­ti­o­nskurs sei der Klägerin auch zumutbar. Ihr Einwand, „dies gehe nicht in ihren Kopf“, überzeuge nach dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung nicht. In der näheren Umgebung des Wohnorts der Klägerin würden Kurse angeboten, die auf Analphabeten und Personen zugeschnitten seien, die noch nie im Leben eine Schule besucht hätten. Die Betreuung ihrer Enkelkinder sei mit der Teilnahme an einem Integra­ti­o­nskurs vereinbar; denn die Unter­richts­an­gebote würden auf solche Bedürfnisse abgestimmt.

Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe/ra-online

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