18.10.2024
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Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss02.10.2012

Erfolgreicher Eilantrag des NPD-Landesverbands Baden-Württemberg gegen Versamm­lungs­verbot in HeidelbergNPD-Landesverband macht Nicht­vor­han­densein der strengen verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen geltend

Dem Antrag des NPD-Landesverbands Baden-Württemberg auf vorläufigen Rechtsschutz gegen ein Versamm­lungs­verbot der Stadt Heidelberg ist stattgegeben. Die für den 03.10.2012 im Zeitraum zwischen 13.00 Uhr und 19.00 Uhr in der Innenstadt von Heidelberg geplante Demonstration hat mit ihrem Thema „Deutschland einig Vaterland - In Gedenken an Kurfürst Otto von Bismarck“ einen zumindest indirekten Bezug zu natio­nal­so­zi­a­lis­tischem Gedankengut, was - auch durch den vorgesehenen Einsatz von Fahnen aus nicht mehr zu Deutschland gehörenden Gebieten - von demokratisch orientierten Gruppen als Provokation empfunden würde. Es sei zum einen mit hoher Wahrschein­lichkeit mit massiven Konflikten und Ausschreitungen zu rechnen, durch die Versamm­lungs­teil­nehmer und unbeteiligte Dritte verletzt werden könnten. Zum anderen würde es mit an Sicherheit grenzender Wahrschein­lichkeit durch die Veranstaltung selbst beziehungsweise aus ihr heraus zu Straftaten wie Volksverhetzung und Verunglimpfung von Verfas­sungs­organen kommen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe.

Mit seinem gegen die Verbots­ver­fügung beim Verwal­tungs­gericht eingereichten Eilantrag hatte der NPD-Landesverband geltend gemacht, die strengen verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen an das Verbot einer Versammlung lägen nicht vor.

Behörde darf bei Erlass eines vorbeugenden Verbots keine zu geringen Anforderungen an die Gefah­ren­prognose stellen

Diese Auffassung hat auch das Verwal­tungs­gericht Karlsruhe geteilt und hat ausgeführt:

Da die Versamm­lungs­freiheit, ähnlich wie die Meinungsfreiheit, für die Persön­lich­keits­ent­faltung des Einzelnen und für die demokratische Ordnung grundlegende Bedeutung besitze und Verbot und Auflösung einer Versammlung die intensivsten Eingriffe in das Grundrecht darstellten, seien sie an strenge Voraussetzungen gebunden und dürften nur ausgesprochen werden, wenn dies zum Schutz gleichwertiger Rechtsgüter notwendig sei und wenn eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung abgewendet werden müsse. Die Behörde dürfe insbesondere bei Erlass eines vorbeugenden Verbots keine zu geringen Anforderungen an die Gefah­ren­prognose stellen, zumal ihr bei irriger Einschätzung noch die Möglichkeit einer späteren Auflösung verbleibe. Nach dieser Maßgabe seien hinreichende Anhaltspunkte für eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit bei Durchführung der Versammlung nicht ersichtlich.

Polizei soll in unparteiischer Weise auf Verwirklichung des Versamm­lungs­rechts hinwirken

Soweit die Stadt Heidelberg aus dem Motto der Veranstaltung „Deutschland einig Vaterland - In Gedenken an Kurfürst Otto von Bismarck“, dem vorgesehenen Einsatz von Fahnen aus den ehemaligen Ostgebieten und anderen Umständen herleite, dass gerade bei dem Thema der Rückführung der Ostgebiete die Verbreitung von natio­nal­so­zi­a­lis­tischem Gedankengut und damit die Verwirklichung von Straf­tat­be­ständen (z.B. Volksverhetzung) zu erwarten sei, fehle es für eine dahingehende Gefah­ren­prognose an hinreichend konkreten Anhaltspunkten. Von der Stadt befürchteten eventuell strafrechtlich relevanten Handlungen oder Äußerungen könne durch die Erteilung von Auflagen begegnet werden. Soweit die Stadt - gegen die Demonstration gerichtete - gewalttätige Ausschreitungen befürchte, sei dies nicht geeignet, ein umfassendes Versammlungsverbot zu rechtfertigen. Es sei Aufgabe der zum Schutz der rechts­s­taat­lichen Ordnung berufenen Polizei, in unparteiischer Weise auf die Verwirklichung des Versamm­lungs­rechts hinzuwirken. Im Übrigen setze das Verbot einer Versammlung als Ultima Ratio in jedem Fall voraus, dass das mildere Mittel der Erteilung von Auflagen ausgeschöpft sei. Derzeit sei nicht erkennbar, dass etwaigen von Gegen­de­mon­s­tranten ausgehenden Gefahren nicht durch die Erteilung von Auflagen insbesondere hinsichtlich des zeitlichen und örtlichen Verlaufs der Veranstaltung begegnet werden könne.

Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe/ra-online

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