In dem zugrunde liegenden Fall begehrten die Kläger, die Beklagte zu verurteilen, sechs mehr als 20 Jahre alte, ca. 15 m hohe Linden, die im öffentlichen Verkehrsraum in der Nähe des klägerischen Grundstückes standen, zu entfernen oder zu stutzen. Die Kläger behaupteten unter einer Allergie zu leiden und aufgrund herabfallenden Laubes, Blütenstaubes und Honigtaus unzumutbare Reinigungsmaßnahmen durchführen zu müssen.
Das Verwaltungsgericht Hannover entschied gegen die Kläger. Sie können von der Beklagten weder das Beseitigen noch das Zurechtstutzen der Bäume verlangen. Die Kläger haben nämlich alle Maßnahmen zu dulden, die im Interesse der Erhaltung und Ergänzung der auf dem Straßenkörper befindlichen Pflanzungen erforderlich sind. Diese Duldungspflicht sei auch mit der Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar, denn die Pflicht entspräche vernünftigen Gemeinwohlgedanken (Bsp.: optische Führung der Straßen, Bestandssicherung oder Erfüllung landschaftsgestalterische und -ästetische Funktion).
Das Verwaltungsgericht führte weiter aus, dass die Duldungspflicht ende, wenn die Bepflanzung im Laufe der Zeit einen Umfang erreicht, der entweder zu ernsthaften, nicht anderweitig behebbaren Schäden an privaten Nachbargrundstücken führt bzw. solche Schäden konkret zu befürchten sind oder aber die Nutzung dieser Grundstücke in einem unter keinen vernünftigen Gesichtspunkt mehr zumutbaren Maße beeinträchtigt wird. Solche Schäden seien hier aber nicht abzusehen gewesen.
Die Abstandsvorschriften des Niedersächsischen Nachbargesetzes kamen, so das Verwaltungsgericht weiter, hier nicht zur Anwendung, da es nicht für Anpflanzungen auf öffentlichen Straßen gilt. Ohnehin befanden sich drei der Bäume in einem Abstand von ca. 9,60 m zum klägerischen Grundstück, so dass von eine erheblichen Beeinträchtigung nicht ausgegangen werden könne.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts seien die Beeinträchtigungen die durch herabfallendes Laub, Lindenblütenstaub sowie des Honigtaus entstanden, von den Klägern als sozialadäquat hinzunehmen. Selbst die Mengen, die im Herbst und im Frühjahr jeweils während einiger weniger Wochen anfallen, würden nicht das Maß des als sozialadäquat Hinzunehmendem übersteigen. Nur bei quantitativ bzw. qualitativ ganz außergewöhnlichen Beeinträchtigungen käme ein solcher Anspruch in Betracht. Solche Beeinträchtigungen seien aber nicht feststellbar. Es sei zu berücksichtigen, dass nicht das Sauberkeitsbedürfnis der Kläger als Maßstab diente, sondern dasjenige eines durchschnittlichen Grundstückseigentümers.
Auf individuelle gesundheitliche Disposition der Kläger komme es nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht an. Denn wollte man die Allergie tatsächlich berücksichtigen, wäre eine Vielzahl von Straßenbäumen in bebauten Gebieten zu entfernen, da wohl in der Nähe nahezu jeden Baumes ein Allergiker wohnt.
Abgesehen davon sei für den Nachweis einer Allergie ein hinreichend aussagekräftiges und substantiiertes ärztliches Attest oder Gutachten erforderlich. Dies könne ein Facharzt für Allergologie nach entsprechendem Allergietest anfertigen.
Den Klägern stehe auch kein Anspruch auf Zahlung einer monatlichen finanziellen Entschädigung für die Reinigungsarbeiten zu, denn eine rechtwidrige Verletzung geschützter Rechtspositionen läge hier nicht vor.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.11.2012
Quelle: Verwaltungsgericht Hannover, ra-online (vt/rb)