24.11.2024
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Landgericht Koblenz Urteil03.07.2007

Nachbar muss überhängende Zweige duldenRotbuche steht unter Naturschutz und darf nicht beschnitten werden

Ein Grund­s­tücks­ei­gentümer muss herüberhängende Zweige eines auf dem Nachba­r­grundstück stehenden Baumes dulden, wenn der Baum unter Naturschutz steht, die Beseitigung der Zweige zu dessen Schädigung führen kann und die Beseitigung nicht aus zwingenden Gründen geboten ist. Dies hat das Landgericht Koblenz entschieden.

Die Beklagten sind Eigentümer eines in der Innenstadt von Koblenz gelegenen Grundstücks, auf dem sich eine alte, hoch gewachsene Rotbuche befindet. Der Baum ist aufgrund einer Rechts­ver­ordnung vom 29.03.1977 als geschützter Landschafts­be­standteil ausgewiesen und in der Sammlung der Ortssatzungen der Stadt Koblenz aufgeführt. Der Kläger, ein Grund­s­tücks­nachbar, begehrte mit seiner Klage die Beseitigung von Zweigen des Baumes, die über die Grund­s­tücks­grenze gewachsen sind. Das Amtsgericht Koblenz hatte der Klage stattgegeben, jedoch unter dem Vorbehalt, dass die Stadtverwaltung Koblenz als Untere Landes­pfle­ge­behörde eine Ausnah­me­ge­neh­migung für die Beseitigung der Zweige erteilt. Beide Parteien hatten gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die zuständige 6. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat im Berufungs­ver­fahren eine Ortsbe­sich­tigung durchgeführt und ein Sachver­stän­di­gen­gut­achten eingeholt. Die Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage.

Wie die Berufungskammer ausgeführt hat, steht dem Kläger kein Anspruch auf vollständigen oder teilweisen Rückschnitt der auf sein Grundstück ragenden Zweige gegen die Beklagten zu. Die Rotbuche sei aufgrund Rechts­ver­ordnung zu einem geschützten Landschafts­be­standteil im Sinne des Landes­na­tur­schutz­ge­setzes für Rheinland-Pfalz (§ 23) erklärt worden. Zwar sehe das Landes­na­tur­schutzrecht auch die Erteilung einer behördlichen Ausnah­me­ge­neh­migung für Verän­de­rungs­maß­nahmen vor. Einen Antrag der Beklagten auf Genehmigung der Beseitigung des vollständigen Astüberhangs habe die Stadtverwaltung Koblenz jedoch abgelehnt. Auch ein teilweiser Rückschnitt sei nicht behördlich geneh­mi­gungsfähig und könne daher seitens des Klägers auch im Wege des Nachbar­schafts­rechts nicht verlangt werden. Aus dem Gutachten des Sachver­ständigen ergebe sich, dass ein Rückschnitt ein verstärktes Wachstum der gekappten Äste zur Folge haben und sich daher die Problematik des Überwuchses und einer Astbruchgefahr erheblich verstärken werde. Eine solche Beschädigung des Baumes sei nach der natur­schüt­zenden Regelung nur dann zulässig, wenn sie aus zwingenden Gründen der Verkehrs­si­cherheit erforderlich ist. Dies sei hier jedoch nicht der Fall; im Gegenteil werde die Verkehrs­si­cherheit durch die Folgen eines auch nur teilweisen Rückschnitts (Astbruchgefahr) gefährdet. Der Nachbar muss daher die herüber­hän­genden Zweige weiter dulden.

Erläuterungen

Auszug aus dem Landes­na­tur­schutz­gesetz für Rheinland-Pfalz vom 28. September 2005:

§ 23 Geschützte Landschafts­be­standteile

(1) Geschützte Landschafts­be­standteile sind durch Rechts­ver­ordnung festgesetzte Teile von Natur und Landschaft, deren besonderer Schutz

1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wieder­her­stellung der Leistungs- und Funkti­o­ns­fä­higkeit des Naturhaushalts,

2. zur Belebung, Gliederung oder Pflege des Orts- oder Landschafts­bildes,

3. zur Abwehr schädlicher Einwirkungen oder

4. wegen ihrer Bedeutung als Lebensstätten bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten erforderlich ist.

Als Teile von Natur und Landschaft kommen insbesondere Bäume, Baum- und Gehölzgruppen, Alleen, Hecken, Röhrichte, Feldgehölze und kleinere Wasserflächen in Betracht?

(2) Die Beseitigung des geschützten Landschafts­be­standteils sowie alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des geschützten Landschafts­be­standteils führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen in der Rechts­ver­ordnung verboten. Ausnahmen von diesem Verbot sind nur zulässig, wenn sie aus zwingenden Gründen der Verkehrs­si­cherheit durchgeführt werden und keine anderen Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrs­si­cherheit erfolgreich durchgeführt werden konnten.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Koblenz vom 10.07.2007

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