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Verwaltungsgericht Hamburg Beschluss10.08.2011

VG Hamburg sieht in Hamburger Passi­vrau­cher­schutz­gesetz Verstoß gegen das Gleich­be­hand­lungsgebot des GrundgesetzesGericht erbittet Vorab­ent­scheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts

In einem Klageverfahren hat das Verwal­tungs­gericht Hamburg dem Bundes­ver­fas­sungs­gericht die Frage vorgelegt, ob die Regelung des Hamburgischen Passi­vrau­cher­schutz­ge­setzes (HmbPSchG), die es Inhabern von Schank­wirt­schaften (Kneipen) ausnahmsweise erlaubt, abgeschlossene Raucherräume einzurichten, nicht aber Gaststät­ten­be­treibern, gegen das Gleich­be­hand­lungsgebot des Grundgesetzes verstößt. Damit soll das Bundes­ver­fas­sungs­gericht zunächst über die Verfas­sungs­mä­ßigkeit dieser Vorschrift entscheiden, bevor der Rechtsstreit fortgesetzt werden kann.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls betreibt eine so genannte Speise­wirt­schaft, in der sie warme und kalte Gerichte sowie Getränke anbietet. Die Gaststätte ist Bestandteil des so genannten Autohofes Altenwerder bei der Ausfahrt Hamburg-Waltershof der Bundesautobahn 7, der in erster Linie Lkw-Fahrern als Ruhepunkt dient. Im Juni 2010 beantragte sie bei der Beklagten, der Freien und Hansestadt Hamburg, für einen kleinen Gastraum eine Ausnah­me­ge­neh­migung vom Rauchverbot des § 2 Abs. 1 HmbPSchG, um ihn als Raucherraum nutzen zu können. Lkw-Fahrer als Gäste machten 80 % ihres Umsatzes aus. Von den Fahrern rauchten mindestens 95 %. Das komplette Rauchverbot in Gaststätten bedrohe die Klägerin in ihrer wirtschaft­lichen Existenz, weil Umsatzeinbußen von etwa 60 % zu erwarten seien. Die Kundschaft der Lkw-Fahrer würde komplett wegbrechen. Diese wichen nach Niedersachsen oder Schleswig-Holstein aus, wo Raucherräume erlaubt seien. Die Beklagte lehnte den Antrag ab.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass sie in dem abgeschlossenen Gastraum der Gaststätte "Trucker-Treff" einen Raucherraum betreiben darf.

VG Hamburg: § 2 Abs. 4 HmbPSchG verstößt gegen Grundrecht auf Berufs­aus­übungs­freiheit

Das Verwal­tungs­gericht Hamburg hat zur Begründung seines Vorla­ge­be­schlusses an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht ausgeführt, seiner Ansicht nach verstoße § 2 Abs. 4 HmbPSchG gegen das Grundrecht der Klägerin auf Berufs­aus­übungs­freiheit in Verbindung mit dem Gleich­be­hand­lungsgebot (Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG). Denn in Speise­wirt­schaften dürften keine abgeschlossenen Raucherräume eingerichtet werden, wohl aber in Schank­wirt­schaften (Kneipen).

Differenzierung zwischen Schank- und Speise­wirt­schaften führt zu Ungleich­be­handlung

Die gesetzliche Möglichkeit, in Schank­wirt­schaften einen abgeschlossenen Raucherraum einzurichten, verletze den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Wenn der Gesetzgeber selbst Ausnahmen vom Rauchverbot zulasse, müsse er Art. 3 Abs. 1 GG beachten. Dieser verpflichte den Gesetzgeber, wesentlich gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Die Differenzierung zwischen Schank- und Speise­wirt­schaften führe aber dazu, dass deren Betreiber unterschiedlich behandelt würden. Betreiber von Speise­wirt­schaften dürften ihren Gästen anders als die Wirte von Schank­wirt­schaften keine Raucherräume anbieten. Dafür gebe es keine sachlichen Gründe. In beiden Fällen belaste das Rauchen die Angestellten der Wirte. Angestellte in Speise­wirt­schaften seien aber nicht schutzwürdiger als Angestellte in Schank­wirt­schaften. Für den Gesetzgeber seien ohnehin weitere gesund­heits­po­li­tische Gründe für die Differenzierung nicht relevant gewesen. Auch das Argument, dass sich vor allem Familien in Restaurants aufhielten und deshalb gegen die Gefahren des Rauchens besonders geschützt werden müssten, sei statistisch nicht belegt. Außerdem dürften sich Jugendliche unter 18 Jahren ohnehin nicht in Raucherräumen von Gaststätten aufhalten.

§ 2 Abs. 1 des Hamburgischen Passi­vrau­cher­schutz­ge­setzes lautet:

"Das Rauchen ist nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 verboten in

[...]

9. Einrichtungen, in denen Getränke oder zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht werden (Gaststätten), einschließlich Gaststätten, die in der Betriebsart Diskothek geführt werden...".

§ 2 Abs. 4 des Hamburgischen Passi­vrau­cher­schutz­ge­setzes lautet:

"In Gaststätten gemäß Absatz 1 Nummer 9, die keine zubereiteten Speisen anbieten und nicht über eine entsprechende Erlaubnis nach § 3 des Gaststät­ten­ge­setzes in der Fassung vom 20. November 1998 (BGBl. I S. 3419), zuletzt geändert am 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246, 2257), verfügen, können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist." [...]

Quelle: Verwaltungsgericht Hambrug/ra-online

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