21.11.2024
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Verwaltungsgericht Göttingen Urteil03.11.2022

Emeritierter Professor hat kein Recht auf unein­ge­schränkte Biblio­theks­nutzungWeder ein Anspruch aus Insti­tuts­ordnung, Benutzungs­richtlinien der Beklagten noch grundrechtlich geschützter Wissenschafts­freiheit

Das Verwal­tungs­gerich Göttingen hat entschieden, dass ein emeritierter Professor weder einen Anspruch auf unein­ge­schränkte Biblio­theks­nutzung noch auf Zur­verfügung­stellung eines bestimmten Raumes zur Durchführung einer Lehrver­an­staltung hat.

Der Kläger ist emeritierter Professor und begehrt die unein­ge­schränkte Nutzung einer bestimmten Abtei­lungs­bi­bliothek. Diese Bibliothek gehört zu der Abteilung, der er als aktiver Professor zugeordnet war. Nach seiner Emeritierung nutzte er die streitbefangene Bibliothek zunächst unter Verwendung eines General­sch­lüssels weiter. Infolge von Streitigkeiten zwischen ihm und einer seiner Nachfolgerinnen einigte sich der Kläger mit dieser unter anderem darauf, die streitbefangene Bibliothek nur noch zu den regulären Öffnungszeiten zu nutzen, versuchte im Jahr 2020 aber dennoch, von der beklagten Universität ein unein­ge­schränktes Nutzungsrecht zu erhalten. Darüber hinaus wollte der Kläger einen bestimmten Seminarraum für die Abhaltung von Lehrver­an­stal­tungen nutzen. Diesen erhielt er jedoch nicht, sondern wurde von der Beklagten auf andere Räumlichkeiten verwiesen.

Emeritus rügt Sanktionierung

Mit der Klageerhebung hat der Kläger geltend gemacht, er werde durch den Verweis auf die Öffnungszeiten der Bibliothek und die Verweigerung des gewünschten Seminarraums in seinem Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit verletzt. Ein Hochschullehrer sei mit seiner Emeritierung zwar von den Pflichten seines Amtes entbunden, bleibe aber Angehöriger der Hochschule und dürfe zum Zwecke der Forschung weiterhin Hochschu­l­ein­rich­tungen benutzen und Lehrver­an­stal­tungen durchführen. Dies bedeute, dass der Emeritus lediglich entpflichtet, jedoch nicht entrechtet sei. Das Verbot der unein­ge­schränkten Nutzung der Bibliothek und die Verweigerung des gewünschten Seminarraums stellten eine Sanktionierung seitens der Beklagten dar.

Beklagte ist anderer Ansicht

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger müsse als Angehöriger der Hochschule die Benut­zungs­ordnung und die Öffnungszeiten der Abtei­lungs­bi­bliothek beachten. Außerhalb dieser Öffnungszeiten könnten lediglich die der Abteilung zugeordneten aktiven Hochschul­leh­re­rinnen und Hochschullehrer einschließlich ihrer Beschäftigten die Bibliothek nutzen. Zudem seien die aktiven Hochschul­leh­re­rinnen und Hochschullehrer im Gegensatz zum Kläger zur Erfüllung der Aufgaben der Abteilung in Forschung und Lehre verpflichtet. Es gebe auch keine Verwal­tung­s­praxis, nach welcher emeritierte Professorinnen und Professoren ein unein­ge­schränktes Zutrittsrecht hätten. Darüber hinaus habe der Kläger keinen Anspruch darauf, dass ihm für seine Lehrver­an­stal­tungen der jeweils gewünschte Raum zur Verfügung gestellt werde. Auch aktive Hochschul­leh­re­rinnen und Hochschullehrer hätten keinen Anspruch darauf, einen bestimmten Raum für eine Lehrver­an­staltung zu nutzen.

VG verneint Anspruch auf unein­ge­schränkte Nutzung der Abtei­lungs­bi­bliothek

Dem ist das VG nun gefolgt. Ein Anspruch des Klägers auf unein­ge­schränkte Nutzung der Abtei­lungs­bi­bliothek ergebe sich weder aus der Insti­tuts­ordnung noch aus den einschlägigen Benut­zungs­richt­linien der Beklagten. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht aus der grundrechtlich geschützten Wissen­schafts­freiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) unter Berück­sich­tigung der besonderen Stellung als Emeritus. Hieraus könne der Kläger zwar einen Teilha­be­an­spruch im Bereich des mit öffentlichen Mitteln unterhaltenen Wissen­schafts­be­triebs herleiten, dieser umfasse jedoch lediglich eine Grund­ausstattung, die zum Schutz seines grundrechtlich gesicherten Freiheitsraums unerlässlich sei, solange keine willkürliche Benachteiligung festzustellen sei.

Keine willkürliche Benachteiligung

Dieser Teilha­be­an­spruch des Klägers werde nicht dadurch verletzt, dass er für die Nutzung der Bibliothek auf die Öffnungszeiten sowie die Professoren- und Woche­n­end­ausleihe verwiesen werde. Denn hierdurch werde ihm eine Ausstattung zur Verfügung gestellt, durch die seine wissen­schaftliche Betätigung möglich sei. Auch im Hinblick auf die Nutzungs­mög­lich­keiten der aktiven Hochschul­leh­re­rinnen bzw. Hochschullehrer und ihrer Beschäftigten sei keine willkürliche Benachteiligung zu erkennen. Denn die weitrei­chenderen Nutzungs­mög­lich­keiten der genannten Gruppe seien sachlich schon dadurch gerechtfertigt, dass die Diensträume des Lehrstuhls zum Teil in die Abtei­lungs­bi­bliothek integriert seien und der Zugang zu den Arbeitszimmern auch außerhalb der Öffnungszeiten der Bibliothek gewährleistet sein müsse.

Keine Verletzung des Gleich­heits­satzes

Nichts anderes ergebe sich unter Berück­sich­tigung des Gleich­heits­satzes aus Art. 3 Abs. 1 GG, weil in Bezug auf die aktiven Hochschul­leh­re­rinnen und Hochschullehrer schon kein vergleichbarer Sachverhalt vorliege. Andere entpflichtete Professorinnen und Professoren erhielten dagegen ebenfalls kein unein­ge­schränktes Zugangsrecht. Entsprechendes gelte für den vom Kläger begehrten Seminarraum zur Durchführung von Lehrver­an­stal­tungen. Dem auch insofern lediglich bestehenden Teilha­be­an­spruch werde bereits dadurch genügt, dass dem Kläger überhaupt geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Die bei der Beklagten auch für aktive Hochschul­leh­re­rinnen und Hochschullehrer geltende Praxis der zentralen Verteilung von Räumlichkeiten auf die Lehrenden sei sachlich gerechtfertigt, weil hiermit die optimale Ressour­cen­nutzung gefördert werden könne. Gegen die Entscheidung kann der Kläger innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Nds. Oberver­wal­tungs­gericht in Lüneburg einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen.

Quelle: Verwaltungsgericht Göttingen, ra-online (pm/ab)

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