21.11.2024
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Verwaltungsgericht Gießen Urteil04.02.2015

Heimbetreiber muss nicht für Kosten eines Feuerwehr­einsatzes bei der Suche nach einer verschwundenen Heimbewohnerin aufkommenErhebung von Gebühren und Auslagen bei Rettung aus akuter Lebensgefahr unzulässig

Verschwindet eine orien­tie­rungslose, demenzkranke Person aus einem Alten- und Pflegeheim, kann der Heimbetreiber nicht für die Kosten der zur Hilfe bei der Suche herangezogenen (Freiwilligen) Feuerwehr herangezogen werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Gießen hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: In einem Senioren-Pflegeheim im Landkreis Marburg-Biedenkopf war im Januar 2012 nachts bemerkt worden, dass eine damals 90 Jahre alte, demenzkranke, orien­tie­rungslose und verwirrte Heimbewohnerin sich nicht in ihrem Zimmer befand. Draußen herrschten Minustem­pe­raturen. Nach zunächst erfolgloser Suche durch das Heimpersonal, auch außerhalb der Einrichtung, informierte dieses um 04.34 Uhr die Polizei darüber, dass die Bewohnerin aus dem Pflegeheim abgängig sei und über ihren Zustand (demenzkrank, orien­tie­rungslos und verwirrt) und teilte mit, dass sie bereits mehrere Kilometer zurückgelegt haben könnte, da sie sehr gut zu Fuß sei; bekleidet sei sie wahrscheinlich nur mit einem Nachthemd und einem Bettjäckchen. Die Polizei ging davon aus, dass sich die Seniorin in einer hilflosen Lage befand und leitete umfangreiche Suchmaßnahmen ein. Um 06.45 Uhr forderte die Polizei die Feuerwehr zur Unterstützung bei der Personensuche an. Auch die Feuerwehr ging von der Gefahr einer erheblichen Unterkühlung oder gar eines Erfrie­rung­stodes aus und ließ die Freiwilligen Feuerwehren mehrerer Ortsteile der Gemeinde, in der sich das Heim befand, mit mehreren Fahrzeugen und 39 Personen ausrücken. Die aufwendige Suche war erfolgreich: Gegen 10 Uhr konnte die Frau stark unterkühlt in einem Kellerschacht liegend aufgefunden werden. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht.

Heimbetreiber hält Heranziehung als Kostenschuldner für unzulässig

Der Gemein­de­vorstand der Gemeinde (als Träger der Freiwilligen Feuerwehr) berechnete dem Land Hessen (als Träger der Polizei) für den Einsatz ca. 2.800 Euro. Das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung in Wiesbaden - eine Behörde der Polizei­ve­r­waltung - erließ sodann gegenüber dem Heimbetreiber am 31. Januar 2014 einen Kostenbescheid in Höhe von 2.806,49 Euro. Der Heimbetreiber (Kläger) erhob gegen diesen Bescheid im Februar 2014 Klage zum Verwal­tungs­gericht Gießen. Er vertrat die Auffassung, dass er nicht als Kostenschuldner für den Polizei- und Feuerwehreinsatz herangezogen werden könne. Im Prozess wurde das Land Hessen (Beklagter) durch das Präsidium für Technik, Logistik und Verwaltung in Wiesbaden vertreten. Dieses hielt seinen Bescheid für rechtmäßig.

Land Hessen war nicht zur Erhebung der Kosten beim Heimträger berechtigt

Das Verwal­tungs­gericht Gießen erklärte den Kostenbescheid des Präsidiums für Technik, Logistik und Verwaltung für rechtswidrig und hob diesen auf. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Feuerwehr keine Ausla­ge­n­er­stattung habe fordern können. Daher sei das Land Hessen nicht berechtigt gewesen, diese Kosten vom Heimträger im Wege des Kosten­be­scheides zu erheben. Denn der Einsatz der Feuerwehr habe in vollem Umfang der Rettung der Seniorin aus akuter Lebensgefahr gedient. Dies führt das Gericht anhand der Details des Einsatzes im Einzelnen aus. Für eine derartige Situation verbiete § 61 Absatz 6 des Hessischen Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katas­tro­phen­schutz (Hessisches Brand- und Katas­tro­phen­schutz­gesetz - HBKG) die Erhebung von Gebühren und Auslagen.

Hessisches Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katas­tro­phen­schutz (Hessisches Brand- und Katas­tro­phen­schutz­gesetz - HBKG)

§ 61- Kostenersatz der Feuerwehren

[...]

(6) Für die Rettung von Menschen aus akuter Lebensgefahr dürfen weder Gebühren noch der Ersatz von Auslagen gefordert werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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