21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil02.12.2014

Seniorenzentrum muss Feuerwehrkosten nach Einsatz wegen angebranntem Essen teilweise erstattenBrand­mel­de­anlagen sind so anzubringen und einzustellen, dass durch Küchendämpfe kein Fehlalarm ausgelöst werden kann

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat entschieden, dass der Betreiber eines Senio­ren­zentrums die ihm in Rechnung gestellte Feuer­wehr­kosten­pauschale nach einem zweimaligen Einsatz der Feuerwehr im Seniorenheim teilweise tragen muss.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls bietet in seinem Seniorenzentrum in Eisenberg betreutes Wohnen für Senioren an. Seit 2006 hat er die Wohnungen mit Brand­mel­de­anlagen ausgestattet, die direkt die Leitstelle in Kaiserslautern alarmieren. Gleichzeitig werden über die Telefonanlage die Pflegekräfte alarmiert, die jedenfalls unter der Woche zu den Tagzeiten sofort zu den Appartements kommen können. Die Wohnungen bestehen aus zwei Räumen, in denen drei Brandmelder installiert sind.

Brandmelder im Seniorenheim werden mehrfach wegen angebrannten Essens ausgelöst

In den letzten Jahren waren die Feuerwehrleute der Feuerwehr Eisenberg häufiger zu dem Seniorenzentrum ausgerückt und hatten bei ihrer Ankunft vor Ort festgestellt, dass keine Brandgefahr (mehr) bestand. Am 8. März 2013 ging bei der Leitstelle Kaiserslautern ein Alarm ein, der von dem Brandmelder im Wohnraum einer Bewohnerin vor der Küche ausging. Auslöser des Alarms war angebranntes Essen. Das Appartement der Bewohnerin war voller Rauch. Nach Eintreffen der Feuerwehr an der Einsatzstelle war durch bereits durchgeführte Lüftungs­maß­nahmen des Personals für die Feuerwehr kein Einsatz mehr erforderlich. Im Brandbericht der Feuerwehr war als Ursache ein Kleinbrand angegeben. Am 30. März 2013 löste der Rauchmelder in einem anderen Wohnraum vor der Küchentür aus. Anlass für den Alarm war auch diesmal angebranntes Essen in dem Appartement. Nach Ankunft der Feuerwehr im Seniorenzentrum stellte der Gruppenführer fest, dass das Pflegepersonal gelüftet hatte und deswegen keine Verrauchung sichtbar war; ein Einsatz war nicht mehr erforderlich.

Verbands­ge­meinde berechnet Seniorenheim Einsatz­kos­ten­pau­schale von 400 Euro wegen Fehlalarm einer Brand­mel­de­anlage

Aufgrund beider Einsätze erließ die beklagte Verbands­ge­meinde Eisenberg als Trägerin der Feuerwehr am 4. Juni 2013 zwei Kostenbescheide, in denen sie jeweils eine Einsatz­kos­ten­pau­schale von 400 Euro bei Fehlalarm einer Brand­mel­de­anlage festsetzte. Dagegen erhob der Kläger nach erfolgloser Durchführung eines Vorverfahrens Klage. Er machte geltend, es habe kein Falschalarm vorgelegen, sondern eine Gefahr, da Essen angebrannt sei. Die Kosten solle die Beklagte stattdessen von den Bewohnern, die das Essen hätten anbrennen lassen, fordern.

VG gibt Klage teilweise statt

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat der Klage teilweise stattgegeben. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 des Landesgesetzes über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katas­tro­phen­schutz – LBKG – die Kosten des Einsatzes von dem Eigentümer, Besitzer oder Betreiber einer Brand­mel­de­anlage verlangt werden könnten, wenn die Anlage einen Falschalarm auslöse. Während im Falle des Kostenbescheids für den ersten Einsatz am 8. März 2013 kein Falschalarm vorgelegen habe, sei die Beklagte für den zweiten Einsatz am 30. März 2013 zu Recht von einem Falschalarm ausgegangen.

Bei Beurteilung eines möglichen Fehlalarms ist besondere Betreu­ungs­si­tuation zu berücksichtigen

Für die Frage des Falschalarms nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 LBKG sei zu untersuchen, ob im Zeitpunkt des Alarms aus Sicht eines umsichtigen Feuerwehrmanns objektiv eine Situation bestanden habe, die in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrschein­lichkeit zu einem Schaden für ein Rechtsgut führen konnte. Bei den betreuten Appartements des Klägers sei zudem die besondere Betreu­ungs­si­tuation zu berücksichtigen. Die Pflegekräfte seien unter der Woche zu den Tagzeiten typischerweise schneller vor Ort und änderten die Gefahrenlage, indem sie den Brand bekämpften. Wenn die Feuerwehr eintreffe, könne sich die konkrete Situation schon so verändert haben, dass aus Sicht der Feuerwehr kein Einsatz mehr erforderlich sei, obwohl dies ursprünglich anders gewesen sein könne.

Erster Einsatz war nicht als Fehlalarm einzustufen - Bei zweiten Einsatz ist Vorliegen eines Fehlalarms zu bejahen

Danach seien die beiden Einsätze unterschiedlich zu beurteilen: Beim ersten Einsatz am 8. März 2013 habe eine objektive Gefahr und kein Falschalarm vorgelegen, so dass der Kostenbescheid für den ersten Einsatz rechtswidrig sei. Den Angaben der Feuerwehr zum ersten Einsatz zufolge habe zunächst objektiv eine Gefahrenlage bestanden; zum Zeitpunkt des Alarms wäre bei ungehindertem Fortgang ein Einsatz erforderlich gewesen. Eine Bewohnerin habe ein Gericht mit Milch auf dem Herd vergessen und die Milchspeise sei angebrannt. Die ganze Wohnung sei voller Rauch gewesen und die Bewohnerin habe die Situation nicht verstanden. Danach habe es hinreichend Anhaltspunkte für eine tatsächliche Brandgefahr und für eine Gesund­heits­gefahr durch starken Rauch gegeben. Dagegen habe beim zweiten Einsatz ein Falschalarm vorgelegen. Hier sei schon im Brandbericht der Feuerwehr kein Brand vermerkt worden, so dass zu keinem Zeitpunkt eine wirkliche Gefahr bestanden habe. Es gebe auch keinen Hinweis darauf, dass die Pflegekräfte zwischen­zeitlich eine Brandgefahr oder eine Gesund­heits­gefahr durch starke Verrauchung abgewehrt hätten.

Möglichkeit des Auslösens eines Fehlalarms durch Küchendämpfe muss bei Anbringung der Brand­mel­de­anlagen bedacht und vermieden werden

Hinsichtlich des Falschalarms müsse der Kläger als Betreiber der Brand­mel­de­anlagen anlage­spe­zi­fische Risiken tragen. Es liege in dessen Verant­wor­tungs­bereich, seine Brand­mel­de­anlagen so anzubringen und einzustellen, dass sie nicht durch Küchendämpfe ausgelöst würden. Die Problematik sei bei der Wohnanlage des Klägers seit langem bekannt. Ein solches strukturelles Problem bei dem Kläger als Betreiber des Senio­ren­zentrums sei ein sachlicher und nachvoll­ziehbarer Grund dafür, den Kläger heranzuziehen und nicht die jeweiligen Bewohner der Appartements als Besitzer der Brand­mel­de­anlage. Denn gerade bei einem Seniorenzentrum liege es fern, dass die wechselnden betagten Mieter die technischen Anlagen vor Ort einschätzen und einstellen könnten.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

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