15.11.2024
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Dokument-Nr. 9969

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Verwaltungsgericht Gießen Beschluss19.07.2010

Genehmigung zum Neubau des Einzel­han­dels­marktes unter Hinweis auf bestehende Verän­de­rungs­sperre versagtKein neuer ALDI-Markt in Gießen

Der Firma Aldi ist der Neubau eines Einzel­han­dels­marktes mit einer Verkaufsfläche von 799,92 m² in Gießen unter Hinweis auf die bestehende Verän­de­rungs­sperre nicht gestattet. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Gießen hervor.

Die beklagte Stadt Gießen hatte der Firma Aldi im Oktober 2009 die Genehmigung zum Abriss des vorhandenen Gebäu­de­be­standes (ein Autohaus) und der Neuerrichtung des ALDI-Einzel­han­dels­marktes unter Hinweis auf die bestehende Veränderungssperre versagt. Die Klägerin hält die Verän­de­rungs­sperre für rechtswidrig; es handele sich allein um eine – nicht zulässige – Verhin­de­rungs­planung.

Verän­de­rungs­sperre soll weitere Ausdehnung von Einzel­han­dels­flächen eingrenzen und zusätzliche Verkehrs­be­las­tungen begrenzen

Die begehrte Baugenehmigung stellt bereits den zweiten Anlauf zur Errichtung eines ALDI-Einzel­han­dels­marktes dar: bereits im Jahr 2006 hatte die Grund­s­tücks­ei­gen­tümerin den Bau eines Aldi-Einzel­han­dels­marktes an gleicher Stelle beantragt. Die Stadt hatte dann aber 2006 die Aufstellung eines Bebauungsplanes beschlossen und zugleich eine Verän­de­rungs­sperre erlassen. Ziel war neben der Eingrenzung weiterer Ausdehnung von Einzel­han­dels­flächen auch die Begrenzung zusätzlicher Verkehrs­be­lastung der Marburger Straße.

Stadt Gießen beschließt erneut Aufstellung eines Bebauungsplans und einer entsprechenden Verän­de­rungs­sperre

In der Folge wurde dann der Bauantrag mit dem Hinweis zurückgezogen, es sei eine langfristige anderweitige Verwendung für das Grundstück gefunden worden. Die Bauleitplanung der Stadt wurde daraufhin nicht weiterverfolgt. Im Sommer 2009 stellte die Firma Aldi den Antrag zur Errichtung eines ALDI-Einzel­han­dels­marktes. Die Stadt Gießen beschloss daraufhin erneut die Aufstellung eines Bebauungsplans und einer entsprechenden Verän­de­rungs­sperre. Das Plangebiet unterscheidet sich insofern vom Plangebiet 2006, als es in seiner Ausdehnung geringer ist. Das Planungsziel besteht nach der Begründung darin, das Plangebiet als Standort für kfz-orientierte Nutzungen zu stärken und weiter zu entwickeln und die Betriebe im Bestand zu sichern und den Standort auszubauen. Unter Hinweis auf die Verän­de­rungs­sperre lehnt die Stadt Gießen den Bauantrag der Firma Aldi ab.

Verbindliche Verän­de­rungs­sperre steht Baugenehmigung entgegen

Das Verwal­tungs­gericht Gießen hat die Klage der Firma Aldi abgewiesen, weil die Verän­de­rungs­sperre der Baugenehmigung entgegensteht. Die Verän­de­rungs­sperre sei verbindlich und unabhängig von der 2006 erlassenen Bauleitplanung und damaligen Verän­de­rungs­sperre zu betrachten. Es handele sich nicht um eine - nur unter bestimmten Umständen zulässige – Verlängerung der damaligen Verän­de­rungs­sperre. Vielmehr liege eine eigenständige neue Planung der Stadt vor. Die Planungsziele seien auch ausreichend dargestellt. Es ergebe sich in hinreichendem Maße, was Inhalt des in Planung befindlichen Bebauungsplanes sein solle.

Auszug aus dem Baugesetzbuch

Erläuterungen

§ 14 Verän­de­rungs­sperre

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Verän­de­rungs­sperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1. Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;

2. erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzei­ge­pflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Verän­de­rungs­sperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Bauge­n­eh­mi­gungs­behörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Verän­de­rungs­sperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauord­nungs­rechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Verän­de­rungs­sperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unter­hal­tungs­a­r­beiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Verän­de­rungs­sperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanie­rungs­gebiet oder im städtebaulichen Entwick­lungs­bereich eine Geneh­mi­gungs­pflicht nach § 144 Abs. 1 besteht, sind die Vorschriften über die Verän­de­rungs­sperre nicht anzuwenden.

§ 17 Geltungsdauer der Verän­de­rungs­sperre

(1) Die Verän­de­rungs­sperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Verän­de­rungs­sperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Verän­de­rungs­sperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Gießen

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