21.11.2024
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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil04.12.2012

Augenverletzung eines Lehrers durch Schnee­ba­ll­schlacht mit Schülern ist DienstunfallAuch verbotswidriges Verhalten schließt Versi­che­rungsfall nicht aus

Lässt sich ein Klassenlehrer beim Verlassen des Unter­richtsraums von seinen Schülern in eine Schnee­ba­ll­schlacht auf dem Schulgelände verwickeln und erleidet dabei eine Augenverletzung, so ist dies ein Dienstunfall, für den ihm Unfallfürsorge zu gewähren ist, auch wenn die Schulordnung das Werfen von Schneebällen untersagt. Das entschied das Verwal­tungs­gericht Freiburg.

Im zugrunde liegenden Fall war der Lehrer von einem Schneeball direkt aufs Auge getroffen worden und war nach der Operation seines Auges einen Monat lang dienstunfähig krank­ge­schrieben.

Schulbehörde: Lehrer verletzt durch Missachtung des Schnee­ba­ll­schlacht­verbots erzieherische Vorbildfunktion

Das Regie­rungs­prä­sidium Freiburg als Schulbehörde hatte seinen Antrag auf Anerkennung des Vorfalls als Dienstunfall abgelehnt, weil der natürliche Zusammenhang mit seinen eigentlichen Dienstaufgaben fehle. Er habe den Interessen des Dienstherrn zuwider­ge­handelt, da nach der Schulordnung das Schnee­ba­ll­werfen sogar ausdrücklich verboten gewesen sei. Er sei nicht als Lehrer im Über-Unter­ord­nungs­ver­hältnis gegenüber den Schülern eingeschritten, sondern habe privat als gleich­ge­ordneter Teilnehmer an der Schneeballschlacht mit den Schülern teilgenommen und durch Missachtung des Verbots seine erzieherische Vorbildfunktion verletzt.

Lehrer musste Schnee­ba­ll­schlacht nicht als Privatsache einstufen

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg gab der Klage des Lehrers gegen das Regie­rungs­prä­sidium statt und verpflichtete es zur Anerkennung eines Dienstunfalls. Der Unfall habe sich noch "in Ausübung des Dienstes", nämlich am Dienstort auf dem Schulgelände und auch noch während der Dienstzeit ereignet, als der Lehrer beim Verlassen des Unter­richtsraums auf dem Weg zum Hauptgebäude von ca. 15 Schülern seiner Klasse mit Schnee­ba­ll­würfen empfangen worden sei. Er sei zunächst mit schützend vor das Gesicht gehaltener Mappe auf die Schüler zugerannt, habe versucht, den nahestehenden Werfern die Schneebälle aus der Hand zu schlagen, und ihnen zugerufen, sie sollten aufhören, weil es unfair sei, wenn alle auf ihn werfen. Daraufhin sei eine allgemeine Schnee­ba­ll­schlacht entbrannt, bei der alle auf alle geworden hätten, woran er sich dann mit eigenen Würfen beteiligt habe. Vor diesem Hintergrund sei es lebensfremd, wenn das Regie­rungs­prä­sidium diesen einheitlichen Vorgang in eine noch dienstliche, rein defensive Vertei­di­gungsphase und eine anschließende außer­dienstliche, rein private aktive Teilnahme an der Schnee­ba­ll­schlacht aufspalte. Es sei nachvollziehbar und jedenfalls nicht unvertretbar, dass der Lehrer selbst sich als noch im Dienst betrachtet und die Schnee­ba­ll­schlacht nicht als Privatsache verstanden habe. Er habe plausibel dargelegt, dass er wegen seines guten Verhältnisses zu den Schülern ihren Schnee­ba­l­l­angriff nicht als böswillig, sondern als Ausdruck der Lebensfreude und für sich als Herausforderung begriffen habe und dass er sich mit einer bloßen Aufforderung aufzuhören und einem teilnahmslosen Verlassen des Handlungsortes auch als Pädagoge lächerlich gemacht hätte.

Verstoß gegen wirksames Verbot des Dienstherrn führt nicht zum Verlust der dienst­un­fa­ll­recht­lichen Fürsorge

Es könne dahinstehen, ob, in welchem Umfang und für welchen Personenkreis die Hausordnung der Schule überhaupt gelte. Selbst wenn nämlich der Lehrer mit seinen Schnee­ba­ll­würfen gegen ein wirksames Verbot des Dienstherrn verstoßen haben sollte, verliere er damit nicht dessen dienst­un­fa­ll­rechtliche Fürsorge. Wie im gesetzlichen Unfall­ver­si­che­rungsrecht schließe nämlich selbst verbotswidriges Verhalten einen Versi­che­rungsfall nicht aus. Im Beamtenrecht sei dies allenfalls dann der Fall, wenn Beamte den dienstlichen Rahmen objektiv und subjektiv derart verlassen, dass sein Verhalten sich als ein "dienstfremder Exzess" darstelle, wie dies in der Rechtsprechung etwa zu einer Alkoholfahrt nach einer Betriebsfeier oder einer Schlägerei bei einer dienstlichen Weihnachtsfeier entschieden worden sei. Davon könne im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein.

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg/ra-online

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