21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil21.09.2011

VG Freiburg: Kein Anspruch auf Ethik-Unterricht in der GrundschuleErteilung von Ethikunterricht gemäß Grundschul-Stundentafel-Verordnung nicht vorgesehen

Eltern haben keinen Anspruch darauf, dass Ethik-Unterricht bereits in der Grundschule angeboten wird. Die Einführung des Ethik-Unterrichts als ordentliches Unterrichtsfach erst ab Klasse 7 der Gymnasien und ab Klasse 8 der Haupt- und Realschulen ist nicht zu beanstanden. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Freiburg hervor.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte eine Mutter, die die Einführung von Ethik-Unterricht an der Grundschule ihres Sohnes erreichen wollte. Ihr Sohn ist derzeit Schüler in einer Freiburger Grundschule und nimmt nicht am Religionsunterricht teil.

Erzie­hungs­be­rech­tigter hat grundsätzlich keinen Anspruch auf Einrichtung eines bestimmten Schulfachs

Die Klage blieb jedoch vor dem Verwal­tungs­gericht Freiburg erfolglos. Zur Begründung führte das Gericht im Wesentlichen aus, dass es der Mutter für den geltend gemachten Anspruch auf Einführung von Ethik-Unterricht an der Grundschule ihres Sohnes an einer rechtlichen Grundlage fehle. Nach dem Schulgesetz stelle das Kultus­mi­nis­terium durch Rechts­ver­ordnung fest, ab welchem Zeitpunkt der Unterricht im Fach Ethik in den einzelnen Schularten und Klassen zu besuchen sei. Von dieser Ermächtigung habe das Kultus­mi­nis­terium durch Verordnungen über den Fächerkanon an den einzelnen Schularten Gebrauch gemacht. Für Grundschulen gelte die Grundschul-Stundentafel-Verordnung, in der die Erteilung von Ethik-Unterricht aber gerade nicht vorgesehen sei. Diese Regelung halte sich im Rahmen der durch das Grundgesetz (GG) begründeten weitgehenden staatlichen Gestal­tungs­freiheit hinsichtlich der Erziehungsziele und des Unter­richtsstoffs. Aus dem staatlichen Erzie­hungs­auftrag, zu dem fraglos auch die moralisch-ethische Bildung der Kinder zu rechnen sei, ergebe sich grundsätzlich kein Anspruch der Erzie­hungs­be­rech­tigten auf Einrichtung eines bestimmten Schulfachs.

Abstrakte Diskussionen über ethische Problemfelder erst in höheren Altersstufe sinnvoll

Ethikunterricht sei als ordentliches Unterrichtsfach für die Schüler vorgesehen, die nicht am Religi­o­ns­un­terricht teilnähmen, und zwar ab Klasse 7 der Gymnasien und ab Klasse 8 der Haupt- und Realschulen. Dies sei nicht zu beanstanden. In der Grundschule werde moralisch-ethische Bildung fächer­über­greifend geleistet. Ethische Werte und Grundsätze würden auch im Rahmen des sozialen Miteinanders innerhalb des Klassenverbands vermittelt. Abstrakte Diskussionen über ethische Problemfelder wären hingegen für Grundschüler nur schwer verständlich und erwiesen sich daher erst ab einer höheren Altersstufe als sinnvoll. Insgesamt stellten die Regelungen des Landes Baden-Württemberg zum Ethikunterricht ein schlüssiges und umfassendes Konzept dar und gewährleisteten im Rahmen des staatlichen Erzie­hungs­auftrags die moralisch-ethische Bildung sowohl der konfes­si­ons­ge­bundenen als auch der konfes­si­onslosen Kinder.

Anspruch auf Ethikunterricht in der Grundschule ergibt sich weder aus Grundgesetz noch aus Europäischen Menschen­rechts­kon­vention

Die Klägerin könne nicht verlangen, dass der Beklagte die Grundschul-Stundentafel-Verordnung in ihrem Sinne ergänze und den Ethik-Unterricht auf die Grundschule ausdehne. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus dem Grundgesetz noch aus der Europäischen Menschen­rechts­kon­vention. Aus der Bekenntnis- und Glaubens­freiheit, die auch das Recht der Eltern umfasse, ihrem Kind die von ihnen für richtig gehaltene religiöse oder weltan­schauliche Erziehung zu vermitteln und sie daher etwa nicht am Religi­o­ns­un­terricht teilnehmen zu lassen, entspringe kein Anspruch gegen den Staat, dass die Kinder (auch) in der Schule in dieser gewünschten weltan­schau­lichen Form erzogen würden und ihnen in einem gesonderten Fach Ethik weltanschaulich neutrale moralisch-ethische Bildung vermittelt werde. Es liege auch kein Verstoß gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz vor. Eine Rechtfertigung für die unter­schiedliche Behandlung konfes­si­ons­ge­bundener und konfes­si­onsloser Schüler ergebe sich jedenfalls unmittelbar aus Art. 7 Abs. 3 Satz 1 GG, wonach Religi­o­ns­un­terricht in den öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach ist. Hierbei handele es sich um eine bewusste Entscheidung des Verfas­sungs­gebers, die eine verfas­sungs­rechtliche Sonderstellung des Religi­o­ns­un­ter­richts begründe.

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil12451

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI