18.10.2024
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Verwaltungsgericht Dresden Urteil30.06.2011

VG Dresden: Lernmit­tel­freiheit erstreckt sich auch auf KopienÖffentliche Schulen können von Eltern und Schülern kein Kopiergeld verlangen

Die in der Sächsischen Verfassung garantierte Lernmit­tel­freiheit erstreckt sich auch auf Kopien aus Schul- und Arbeitsbüchern sowie Lern- und Übungsheften. Die Schulen sind verpflichtet, Schülern diese Kopien unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Dresden.

Im zugrunde liegenden Streitfall klagte die Gemeinde Königswartha gegen die Mutter dreier Schüler, da die Frau die ihr am Schuljahresende zugesandten Rechnungen über Kopierkosten nicht bezahlt hatte. Die Gemeinde hatte geltend gemacht, die Lernmit­tel­freiheit erfasse nur die "notwendigen Schulbücher" denn nach dem Schulgesetz werde der Schulträger lediglich verpflichtet, den Schülern alle notwendigen Schulbücher leihweise zu überlassen. Dagegen hatte sich die betroffene Mutter auf die Verfassung berufen, die die Unent­gelt­lichkeit der Lernmittel nicht auf Schulbücher beschränke.

Begriff Lernmittel erstreckt sich nicht nur Schulbücher, sondern auch andere unter­richts­re­levante Druckwerke

Dem folgten auch die Richter des Verwal­tungs­ge­richts Dresden in ihrer Entscheidung. Sie stellten fest, dass der in der Sächsischen Verfassung verwendete Begriff "Lernmittel" weit zu verstehen sei. Lernmittel seien dementsprechend nicht nur Schulbücher, sondern auch andere Druckwerke wie etwa Atlanten, Tafelwerke, Lexika, Wörterbücher, Ganzschriften, Arbeits- und Übungshefte oder Werkstoffe, Rechenstäbe, Taschenrechner und Musik­in­strumente, da sie für den Unterricht notwendig sein können und zur Nutzung für den einzelnen Schüler bestimmt seien. Folglich seien auch Kopien von Arbeitsmitteln Lernmittel. Zwar bestimme die Verfassung, dass das Nähere durch ein Gesetz - hier das Schulgesetz - geregelt werde. Die Beschränkung auf "notwendige Schulbücher" in diesem Gesetz müsse aber im Einklang mit der Verfassung so ausgelegt werden, dass jedenfalls auch solche Lernmittel wie notwendige Arbeits- und Übungshefte sowie daraus angefertigte Kopien umfasst würden, solange die Grenze der Verhält­nis­mä­ßigkeit und der Leistungs­fä­higkeit des Staates nicht überschritten werde. Für Letzteres bestehe im konkreten Fall kein Anhaltspunkt.

Art. 102 der Sächsischen Verfassung lautet:

Erläuterungen
1) Das Land gewährleistet das Recht auf Schulbildung. Es besteht allgemeine Schulpflicht.

(2) Für die Bildung der Jugend sorgen Schulen in öffentlicher und in freier Trägerschaft.

(3) Das Recht zur Errichtung von Schulen in freier Trägerschaft wird gewährleistet. Nehmen solche Schulen die Aufgaben von Schulen in öffentlicher Trägerschaft wahr, bedürfen sie der Genehmigung des Freistaates. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn sie in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissen­schaft­lichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den Schulen in öffentlicher Trägerschaft zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitz­ver­hält­nissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(4) Unterricht und Lernmittel an den Schulen in öffentlicher Trägerschaft sind unentgeltlich. Soweit Schulen in freier Trägerschaft, welche die Aufgaben von Schulen in öffentlicher Trägerschaft wahrnehmen, eine gleichartige Befreiung gewähren, haben sie Anspruch auf finanziellen Ausgleich.

(5) Das Nähere bestimmt ein Gesetz.

§ 38 Schulgesetz lautet:

Schulgeld- und Lernmit­tel­freiheit

(1) Der Unterricht an den öffentlichen Schulen ist unentgeltlich.

(2) In den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der Fachschulen hat der Schulträger den Schülern alle notwendigen Schulbücher leihweise zu überlassen, sofern sie nicht von den Eltern oder den Schülern selbst beschafft werden; ausnahmsweise werden sie zum Verbrauch überlassen, wenn Art und Zweckbestimmung des Schulbuches eine Leihe ausschließen. Die Einzelheiten regelt eine Rechts­ver­ordnung der Staatsregierung.

Quelle: Verwaltungsgericht Dresden/ra-online

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