18.10.2024
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Dokument-Nr. 7000

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Verwaltungsgericht Darmstadt Urteil15.10.2008

Grund­s­tücks­ei­gentümer muss Errichtung eines Telefon­ver­tei­ler­kastens vor seinem Grundstück hinnehmen

Das Verwal­tungs­gericht Darmstadt hat die Klage eines Offenbacher Bürgers abgewiesen, mit dem dieser eine Zustim­mungs­er­klärung der Stadt nach § 68 Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­gesetz (TKG) anfechten wollte.

Die streit­ge­gen­ständliche Zustim­mungs­er­klärung, welche die Stadt Offenbach als Trägerin der Wegebaulast abgab, bezog sich u. a. auf die Errichtung eines neuen Vertei­ler­kastens auf dem Gehweg, welcher an das Grundstück des Klägers unmittelbar angrenzt. Bereits zuvor befand sich an gleicher Stelle bereits ein derartiger Verteilerkasten, der jedoch erheblich kleiner war, als der jetzt neu errichtete Kasten mit den Maßen 2,00 m Höhe, ,5 m Tiefe und 1,68 m Breite. Der Kläger machte geltend, dass der Sachverhalt nach Baurecht zu beurteilen sei und dass der Verteilerkasten gegen die Abstands­flä­chen­vor­schrift des § 6 Hessische Bauordnung (HBO) verstoße. Außerdem sei die Vorschrift des § 68 TKG verfas­sungs­konform so auszulegen, dass die Stadt bei ihrer Entscheidung über die Zustim­mungs­er­klärung auch die Belange der Grund­s­tücks­nachbarn zu berücksichtigen habe.

§ 68 TKG dient nicht dem Schutz von Anwohnern

Dieser Argumentation des Klägers vermochte das Gericht indes nicht zu folgen. Es stellte fest, dass die Stadt bei Ihrer Entscheidung, ob sie die Zustimmung nach § 68 TKG erteile, nur dazu berechtigt und verpflichtet sei, die Aspekte zur berücksichtigen, die sie als Trägerin der Straßen- und Wegebaulast betreffen. Ein Schutz Dritter, hier der Grund­s­tücks­nachbarn, entspreche nicht der gesetzlichen Intension des § 68 TKG. Nicht folgen konnte das Gericht auch der weiteren Argumentation des Klägers, dass die Errichtung des Telefon­ver­tei­ler­kastens vor seinem Grundstück mit dem öffentlichen Baurecht unvereinbar sei, weil die Deutsche Telekom als gewin­n­o­ri­en­tiertes Unternehmen in Privat­rechtsform, keine Aufgabe der "öffentlichen Versorgung" mit Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­diensten im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 5 Hessische Bauordnung (HBO) wahrnehme. Nach dieser Vorschrift ist die Anwendung der HBO u. a. für Leitungen, die dem Fernmeldewesen dienen, ausgeschlossen. Das Gericht führte hierzu aus, dass der Begriff "öffentliche Versorgung" im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 5 HBO nicht bedinge dass der Betrieb einer Leitung in öffentlich-rechtlicher Form, durch die öffentliche Hand selbst erfolgen müsse. Vielmehr genüge es, dass das Versor­gungs­angebot der Allgemeinheit diene, d.h. dass ein Angebot unterbreitet werde, das für alle potentiellen Nut-zer erreichbar sei. Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­linien und ihre Neben­ein­rich­tungen, wie Kabel- und Verteilerkästen dienten in diesem Sinne der öffentlichen Versorgung. Eine Berufung auf die Abstands­flä­chen­vor­schrift des § 6 HBO sei daher nicht möglich, da diese Vorschrift aufgrund von § 1 Abs. 2 Nr. 5 HBO auf Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­ein­rich­tungen der genannten Art nicht anwendbar sei.

Auszug aus dem Gesetz:

§ 1 Abs. 2 Nr. 5 HBO

(1) …

(2) …

(3) Die Verlegung neuer Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­linien und die Änderung vorhandener Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­linien bedürfen der schriftlichen Zustimmung der Träger der Wegebaulast. Bei der Verlegung oberirdischer Leitungen sind die Interessen der Wegebau­last­träger, der Betreiber öffentlicher Telekom­mu­ni­ka­ti­o­nsnetze und die städtebaulichen Belange abzuwägen. Soweit die Verlegung im Rahmen einer Gesamt­bau­maßnahme koordiniert werden kann, die in engem zeitlichen Zusammenhang nach der Antragstellung auf Zustimmung durchgeführt wird, soll die Verlegung in der Regel unterirdisch erfolgen. Die Zustimmung kann mit Neben­be­stim­mungen versehen werden, die diskri­mi­nie­rungsfrei zu gestalten sind; die Zustimmung kann außerdem von der Leistung einer angemessenen Sicherheit abhängig gemacht werden. Die Neben­be­stim­mungen dürfen nur die Art und Weise der Errichtung der Telekom­mu­ni­ka­ti­o­nslinie sowie die dabei zu beachtenden Regeln der Technik, die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs, die im Bereich des jeweiligen Wegebau­last­trägers übliche Dokumentation der Lage der Telekom­mu­ni­ka­ti­o­nslinie nach geographischen Koordinaten und die Verkehrs­si­che­rungs­pflichten regeln.

§ 1 Abs. 2 Nr. 5 HBO:

Dieses Gesetz gilt nicht für

….

Nr. 5 Leitungen, die der öffentlichen Versorung mit ….., dem Fernmeldewesen oder dem Rundfunk dienen und ihren Nebenanlagen, mit Ausnahme von Gebäuden, Masten und Unterstützungen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Darmstadt

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