21.11.2024
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Dokument-Nr. 9574

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Bundesgerichtshof Urteil28.04.2010

BGH zur Verlegung von Strom­ver­sor­gungs­lei­tungen für die Versorgung von Straße­n­an­liegern auf privatem GrundstückGrund­s­tücks­ei­gentümer haben keinen Anspruch auf Entfernung der Stromkabel von ihrem Grundstück

Grund­s­tücks­ei­gentümer, die zugleich Strom­an­schluss­nehmer sind, müssen die der Versorgung von Straße­n­an­liegern dienende Verlegung von Stromleitungen auf ihrem Grundstück grundsätzlich dulden und können das Versor­gungs­un­ter­nehmen nicht darauf verweisen, vorrangig öffentliches Grundeigentum (den Straßenraum) in Anspruch zu nehmen. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das von der Beklagten, dem örtlichen Stromversorgungsunternehmen, mit Elektrizität versorgt wird. Die Strom­ver­sor­gungs­lei­tungen wurden im Jahr 2003 verlegt. Das für die Versorgung der Straßenanlieger mit Elektrizität erforderliche Kabel wurde nicht im Straßenkörper, sondern auf einer Länge von rund 20 Metern unmittelbar neben der Straße in einem bereits zum Grundstück der Kläger gehörenden Grund­s­tücks­streifen verlegt. Die Kläger verlangen die Entfernung der Leitung von ihrem Grundstück. In den Vorinstanzen ist die Klage abgewiesen worden.

Strom­ver­sor­gungs­un­ter­nehmens muss nicht vorrangig öffentliches Grundeigentum für Stromversorgung in Anspruch nehmen

Auch die dagegen gerichtete Revision der Kläger hatte keinen Erfolg. Der Bundes­ge­richtshof hat entschieden, dass die Kläger als Grund­s­tücks­ei­gentümer nicht die Entfernung der Leitungen verlangen können. Ein solcher Anspruch ist gemäß § 1004 Abs. 2 BGB* ausgeschlossen, weil die Kläger als Strom­an­schluss­nehmer, die Grund­s­tücks­ei­gentümer sind, nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und 2 AVBEltV** verpflichtet waren, die Verlegung der Leitungen unentgeltlich zuzulassen. Ist – wie im entschiedenen Fall – die Inanspruchnahme von privatem und öffentlichem Grundeigentum für eine Verlegung von Elektri­zi­täts­lei­tungen gleichwertig möglich, ist das Auswahlermessen des Strom­ver­sor­gungs­un­ter­nehmens nicht dahin eingeschränkt, dass es öffentliches Grundeigentum vorrangig in Anspruch zu nehmen hat. Auch aus etwaigen Ansprüchen des Versor­gungs­un­ter­nehmens auf Gestattung einer Leitungs­ver­legung im Straßenraum folgt nicht, dass die hier gewählte Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger ermes­sens­feh­lerhaft war.

*§ 1004 BGB: Beseitigungs- und Unter­las­sungs­an­spruch

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beein­träch­tigung verlangen. Sind weitere Beein­träch­ti­gungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

**§ 8 AVBEltV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektri­zi­täts­ver­sorgung von Tarifkunden***): Grund­s­tücks­be­nutzung

(1) Kunden und Anschlussnehmer, die Grund­s­tücks­ei­gentümer sind, haben für Zwecke der örtlichen Versorgung (Niederspannungs- und Mittel­span­nungsnetz) das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu- und Fortleitung von Elektrizität über ihre im gleichen Versor­gungs­gebiet liegenden Grundstücke, ferner das Anbringen von Leitungsträgern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen. Diese Pflicht betrifft nur Grundstücke, die an die Stromversorgung angeschlossen sind, die vom Eigentümer in wirtschaft­lichem Zusammenhang mit der Stromversorgung eines angeschlossenen Grundstücks genutzt werden oder für die die Möglichkeit der Stromversorgung sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist. Sie entfällt ferner, wenn die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde.

***seit 8. November 2006 ersetzt durch:

§ 12 NAV (Nieder­span­nungs­an­schluss­ver­ordnung): Grund­s­tücks­be­nutzung

(1) Anschlussnehmer, die Grund­s­tücks­ei­gentümer sind, haben für Zwecke der örtlichen Versorgung (Niederspannungs- und Mittel­span­nungsnetz) das Anbringen und Verlegen von Leitungen zur Zu- und Fortleitung von Elektrizität über ihre im Gebiet des Elektri­zi­täts­ver­sor­gungs­netzes der allgemeinen Versorgung liegenden Grundstücke, ferner das Anbringen von Leitungsträgern und sonstigen Einrichtungen sowie erforderliche Schutzmaßnahmen unentgeltlich zuzulassen. Diese Pflicht betrifft nur Grundstücke,

1. die an das Elektri­zi­täts­ver­sor­gungsnetz angeschlossen sind,

2. die vom Eigentümer in wirtschaft­lichem Zusammenhang mit einem an das Netz angeschlossenen Grundstück genutzt werden oder

3. für die die Möglichkeit des Netzanschlusses sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist.

Sie besteht nicht, wenn die Inanspruchnahme der Grundstücke den Eigentümer mehr als notwendig oder in unzumutbarer Weise belasten würde; insbesondere ist die Inanspruchnahme des Grundstücks zwecks Anschlusses eines anderen Grundstücks an das Elektri­zi­täts­ver­sor­gungsnetz grundsätzlich verwehrt, wenn der Anschluss über das eigene Grundstück des anderen Anschluss­nehmers möglich und dem Netzbetreiber zumutbar ist.

Quelle: ra-online, BGH

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