Dokument-Nr. 9653
Permalink https://urteile.news/
- Schulausschluss aufgrund Gewalttätigkeiten gegen anderen Schüler gerechtfertigtVerwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss28.07.2009, 9 S 1077/09 und 1078/09
- "Happy Slapping" darf mit Unterrichtsausschluss geahndet werdenVerwaltungsgericht Berlin, Beschluss02.12.2005, VG 3 A 930.05
- Beschmieren einer schulischen Toilette mit antisemitischen Parolen rechtfertigt Entlassung des Schülers von der SchuleVerwaltungsgericht München, Beschluss10.08.2022, M 3 S 22.3412
Verwaltungsgericht Berlin Beschluss03.05.2010
Gewalt unter Schülern: Faustschlag ins Gesicht rechtfertigt Überweisung in andere SchuleZuvor ergriffene Erziehungsmaßnahmen ließen Schüler bereits unbeeindruckt
Wer einem Mitschüler ohne Vorwarnung zielgerichtet einen Faustschlag ins Gesicht versetzt, kann auf eine andere Schule überwiesen werden. Dies entschied das Verwaltungsgericht Berlin.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der 15-jährige Neuntklässler, bislang Schüler eines Gymnasiums in Berlin-Neukölln, am 16. März 2010 einem Mitschüler ohne Vorwarnung zielgerichtet mindestens einmal mit der Faust ins Gesicht geschlagen, worauf dieser eine doppelte Nasenbeinfraktur erlitt und bis zum 21. März 2010 schulunfähig war. Darauf hatte die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung den Antragsteller auf eine andere Schule desselben Bildungsgangs überwiesen und dies für sofort vollziehbar erklärt.
Sanktionierung des Schülers gerechtfertigt, um Bildungs- und Erziehungsziele der Schule aufrechterhalten zu können
Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Voraussetzungen der getroffenen Ordnungsmaßnahme bejaht. Der Antragsteller habe durch sein Verhalten eine Bereitschaft zu erheblicher Gewaltausübung offenbart und damit die ordnungsgemäße Unterrichts- und Erziehungsarbeit erheblich beeinträchtigt. Schülerinnen und Schüler müssten die im Schulgesetz beschriebenen elementaren Bildungs- und Erziehungsziele nicht nur akzeptieren, sondern auch bereit sein, an deren Umsetzung mitzuwirken. Hierzu gehöre insbesondere zu lernen, aktives soziales Handeln zu entwickeln sowie Konflikte vernünftig und gewaltfrei zu lösen. Das Fehlverhalten des Schülers müsse sanktioniert werden, da die Schule anderenfalls die zur Vermittlung der genannten Ziele erforderliche Glaubwürdigkeit und Durchsetzungsfähigkeit einbüße. Schließlich sei die Maßnahme verhältnismäßig, weil bisher aus anderem Anlass ergriffene Erziehungsmaßnahmen den Antragsteller unbeeindruckt gelassen und sich daher als nicht geeignet erwiesen hätten, ihn zu einem anderen Verhalten zu bewegen. Auch die sofortige Vollziehung sei gerechtfertigt.
Berliner Schulgesetz
§ 62 Erziehungsmaßnahmen
(1) Die Schule soll bei Konflikten und Störungen in der Unterrichts- und Erziehungsarbeit gegenüber den Schülerinnen und Schülern vorrangig erzieherische Mittel einsetzen. Bei der Lösung von Erziehungskonflikten sind alle beteiligten Personen sowie die Erziehungsberechtigten einzubeziehen.
(2) Zu den Maßnahmen bei Erziehungskonflikten und Unterrichtsstörungen gehören insbesondere
1. das erzieherische Gespräch mit der Schülerin oder dem Schüler,
2. gemeinsame Absprachen,
3. der mündliche Tadel,
4. die Eintragung in das Klassenbuch,
5. die Wiedergutmachung angerichteten Schadens,
6. die vorübergehende Einziehung von Gegenständen.
(3) Die Lehrkraft entscheidet im Rahmen ihrer pädagogischen Verantwortung unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit über das erzieherische Mittel, das der jeweiligen Situation sowie dem Alter und der Persönlichkeit der Schülerin oder des Schülers am ehesten gerecht wird. Die Erziehungsberechtigten sind in geeigneter Weise über die gewählten erzieherischen Mittel zu informieren.
§ 63 Ordnungsmaßnahmen
(1) Soweit Erziehungsmaßnahmen nach § 62 nicht zu einer Konfliktlösung geführt haben oder keine Aussicht auf Erfolg versprechen, können Ordnungsmaßnahmen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit getroffen werden, wenn die Schülerin oder der Schüler die ordnungsgemäße Unterrichtsund Erziehungsarbeit beeinträchtigt oder andere am Schulleben Beteiligte gefährdet. Als nachhaltige Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Unterrichts- und Erziehungsarbeit ist auch ein mehrfaches unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht anzusehen.
(2) Ordnungsmaßnahmen sind
1. der schriftliche Verweis,
2. der Ausschluss vom Unterricht und anderen schulischen Veranstaltungen bis zu zehn Schultagen,
3. die Umsetzung in eine Parallelklasse oder eine andere Unterrichtsgruppe,
4. die Überweisung in eine andere Schule desselben Bildungsgangs und
5. die Entlassung aus der Schule, wenn die Schulpflicht erfüllt ist.
(…)
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.05.2010
Quelle: ra-online, VG Berlin
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss9653
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.