21.11.2024
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Dokument-Nr. 29288

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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss08.10.2020

VG Berlin erlaubt Motorradkorso gegen KuttenverbotMotorradkorso ist von "Verfassung geschützte Versammlung"

Das Verwal­tungs­gericht in Berlin hat entschieden, das der für Ende Oktober 2020 angemeldete Motorradkorso eines Motorradclubs eine von der Versammlungs­freiheit geschützte Versammlung ist.

Im hier vorliegenden Fall plant der Antragsteller am 31. Oktober 2020 einen Motorradkorso mit 60 Teilnehmer(inne)n. Seinen Angaben zufolge steht der Korso unter dem Motto "Gegen die Abschaffung der Vereinsfreiheit, insbesondere die Änderung des § 9 Vereinsgesetz". Nach der Anmeldung dieser Veranstaltung beim Polizei­prä­si­denten als Versammlung erließ dieser am 17. September 2020 einen für sofort vollziehbar erklärten Bescheid, mit dem festgestellt wurde, dass der Korso keine von der Verfassung geschützte Versammlung darstelle. Dem lag die Annahme zugrunde, dass das Veran­stal­tungsthema nur vorgeschoben sei.

Polizei­prä­sident hielt Anmeldung als Versammlung für vorgeschoben

Bereits in den vergangenen Jahren hätten jeweils am 31. Oktober Motorradkorsos des Motorradclubs stattgefunden, die jeweils vom Clubhaus zum Alten St. Matthäus-Kirchhof geführt hätten, wo ein am 31. Oktober 2015 verstorbenes prominentes Clubmitglied beerdigt sei. Der Anlass dieser Fahrten sei allein das Gedenken an das verstorbene Mitglied gewesen. Die Teilnehmer, deren Zahl über die Jahre gewachsen sei, seien dabei nach eigenen Regeln gefahren und hätten deshalb 2019 Probleme mit der Polizei bekommen. Deshalb erfolge die Anmeldung als Versammlung dem Polizei­prä­si­denten zufolge in Wahrheit nur, um Schwierigkeiten beim Erhalt der erforderlichen verkehrs­recht­lichen Erlaubnis zu umgehen. Dagegen setzt sich der Antragsteller mit seinem Eilantrag zur Wehr.

VG: Geplanter Motoradkorso stellt geschützte Versammlung dar

Das VG hat dem Eilantrag stattgegeben. Der Bescheid erweise sich bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig. Die Versammlungsfreiheit schütze die Freiheit kollektiver Meinungs­kundgabe zur Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung. Diese Meinungs­kundgabe könne auch in Form eines Aufzugs mit Motorrädern erfolgen. Es sei auch nicht feststellbar, dass der Zweck der kollektiven Meinungs­kundgabe nur vorgeschoben sei. Der Antragsteller habe plausibel dargelegt, dass die Teilnehmer T-Shirts mit Aussagen gegen das sog. Kuttenverbot tragen würden. Für die Stichhaltigkeit dieser Angaben spreche, dass die vom Antragsteller bereits 2017 und 2019 durchgeführten Aufzüge sich ebenfalls in einheitlicher Bekleidung gegen die vom ihm besorgte "Abschaffung der Vereinsfreiheit" gerichtet hätten, worüber Aufmerksamkeit in den sozialen Medien erzeugt worden sei.

Grabstein­in­schrift musste wegen Geset­ze­s­än­derung in nicht unerheblichem Umfang unkenntlich gemacht werden

Der Annahme kollektiver Meinungs­kundgabe stehe schließlich nicht die vom Antragsgegner angenommene Fahrtroute zum Alten St. Matthäus-Kirchhof entgegen. Auch diese stehe im Zusammenhang mit dem Versamm­lungsthema. Denn infolge der zum Veran­stal­tungsthema gemachten Geset­ze­s­än­derung habe die Inschrift auf dem Grabstein des verstorbenen Mitglieds in nicht unerheblichem Umfang unkenntlich gemacht werden müssen.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/ab)

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