Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung, die nach Durchführung eines Ortstermins erging, unter anderem ausgeführt, dass Rechtsgrundlage des Bescheides die Bestimmungen des Bayerischen Bestattungsgesetzes seien (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Art. 5 Satz 1 BayBestG). Auch bei verfassungskonformer Auslegung dieser Bestimmungen sei eine Verletzung der Würde der Verstorbenen bzw. des sittlichen Empfindens der Allgemeinheit anzunehmen. Die Antragstellererin könne sich zwar auf das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit berufen. Dieses Grundrecht sei aber durch verfassungsimmanente Schranken, hier durch das Grundrecht der Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), beschränkt. Bei der öffentlichen Ausstellung des Exponats „Schwebender Akt“ handele es sich um einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde, die über den Tod hinaus wirke und zur Folge habe, dass auch der Leichnam einer Person nicht wie beliebige Materie behandelt werden könne. Die didaktische Zielsetzung, mittels zweier Ganzkörperplastinate die beim Geschlechtsakt ablaufenden Vorgänge anatomisch zu verdeutlichen und zur Aufklärung der Besucher beizutragen, scheine hier nur vorgeschoben zu sein, weil sie in Anbetracht des im Vordergrund stehenden Versuchs des Plastinators, auf die „emotionale Seite“ des Geschlechtsakts darzustellen, den Rahmen einer sachlich-wissenschaftlichen Darstellung der ablaufenden anatomischen Vorgänge überschreite.
Das Gericht habe sich beim Ortstermin einen Eindruck darüber verschafft, dass u.a. durch die Ausformung der Ganzkörperplastinate, der Körperhaltung und des Gesichtsausdrucks Ausdrucksformen verwendet worden seien, die zu einer Erfassung der anatomischen Vorgänge in keiner Weise beitrügen, sondern an eine freie, künstlerische Ausdrucksweise anknüpften. Insbesondere entstehe bei dem weiblichen Plastinat für den unbefangenen Betrachter dadurch, dass Teile der Rückenmuskulatur deutlich erkennbar nach hinten gespreizt seien, sowie durch ihre Form, die durch gezackte, spitz zulaufende Enden geprägt sei, der Eindruck, als habe das weibliche Plastinat Flügel. Darin sei jedoch kein didaktisches Anliegen, das für ein besseres Verständnis des Geschlechtsverkehrs und dessen wissenschaftlicher Aufklärung erfordere, erkennbar. Die Leichen der Verstorbenen seien unter Ausblendung deren Persönlichkeit zur Materie degradiert und dienten der Ausformung und Darstellung der künstlerischen Anliegen des Plastinators. Dies aber verstoße gegen die Menschenwürde. Die Körper verstorbener Menschen könnten nicht beliebig verfremdet oder verformt werden, da es sich bei ihnen unter Berücksichtigung ihrer Menschenwürde trotz eines wissenschaftlichen Anliegens nicht um beliebige Materie handele und ihr Achtungsanspruch nicht durch freie Formbarkeit verletzt werden dürfe.
Durch das gesamte Verhalten der Antragstellerin habe sich der Eindruck verdichtet, dass es ihr im Schwerpunkt darum gehe, mit der Zurschaustellung von Leichen beim Geschlechtsverkehr einen besonderen Anreiz im Sinne es Tabubruchs bieten zu wollen, und dass die Plastinate vorrangig aus anderen als wissenschaftlichen Gründen ausgestellt werden sollten, um den Besuchern einen besonderen Showeffekt zu bieten, der Grenzen überschreite und in der Endphase der Ausstellung zusätzlichen Anreiz zu deren Besuch bieten solle. Der Eingriff in den Schutzbereich der Menschenwürde lasse sich auch nicht rechtfertigen, da diese nach Art. 1 Abs. 1 des GG unantastbar sei und sich demnach eine Abwägung mit anderen Grundrechten verbiete. Aufgrund des absoluten Schutzes der Menschenwürde sei auch eine etwaige Einwilligung der Betroffenen nicht maßgeblich.
Nicht mehr rückgängig zu machende Folgen für die wissenschaftlichen Anliegen und finanziellen Interessen der Antragstellerin seien nicht zu befürchten. Dieser sei es nach wie vor möglich, die restlichen ca. 200 Plastinate auszustellen. Finanzielle Folgen für die Antragstellerin erschienen angesichts dessen, dass die unantastbare Würde des Menschen das höchste Gut des Grundgesetzes darstelle, hinnehmbar. Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München eingelegt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 07.09.2009
Quelle: ra-online, VG Augsburg