Von dem beklagten Landkreis anerkannt worden waren hingegen psychoreaktive Störungen des Klägers als Folge von Misshandlungen durch seinen Großvater. Anerkannt worden waren auch Folgen der Misshandlungen, die die Mutter des Klägers und welche die Geschwister des Klägers durch den Vater erlitten hatten. Hierzu hatten sich die jeweiligen Beteiligten in mehreren Verfahren vor dem Sozialgericht vergleichsweise geeinigt. Dies alles war aber nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens vor dem Sozialgericht Konstanz.
Das Opferentschädigungsgesetz ist 1976 in Kraft getreten. Danach sollen Opfer von Gewalttaten unabhängig von den anderen Sozialsystemen eine Entschädigung erhalten. Verbrechensopfer erleiden häufig nicht nur eine körperliche Beeinträchtigung. Sie müssen darüber hinaus oft auch wirtschaftliche Einbußen in ganz erheblichem Umfang hinnehmen. Diese werden durch Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, durch Leistungen aus privaten Versicherungen oder durch die Sozialhilfe nicht immer voll ausgeglichen. Gleichzeitig führen die Schadensersatzansprüche gegen den Täter in den seltensten Fällen zu einem tatsächlichen Ausgleich des Schadens. In diesen Fällen soll das OEG eine angemessene wirtschaftliche Versorgung für Menschen sicherstellen, die durch eine Gewalttat einen Gesundheitsschaden erlitten haben.
Dahinter steht der Grundgedanke des Sozialen Entschädigungsrechts, für diejenige Person eine angemessene wirtschaftliche Versorgung zu gewährleisten, die einen Gesundheitsschaden erlitten hat, für dessen Folgen zunächst der Staat einsteht.
Eine Entschädigung wird nicht nur für alle Gesundheitsschäden geleistet, die sich aus einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff (z. B. Totschlag, Körperverletzung, sexuelle Nötigung) ergeben, sondern auch für die wirtschaftlichen Folgen der Gesundheitsschädigung. Ebenfalls sind psychische Beeinträchtigungen als Gesundheitsschäden anerkannt. Eine Erstattung von Eigentums- und Vermögensschäden findet dagegen nicht statt.
Umfang und Höhe der Leistungen, auf die Opfer von Gewalttaten Anspruch haben, richten sich grundsätzlich nach den auch für die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen geltenden Regelungen des Sozialen Entschädigungsrechts. Unterschiedliche Einzelleistungen sind möglich:
- Heil- und Krankenbehandlung, die bei fortbestehenden gesundheitlichen Folgen der Tat unbegrenzt weiter geleistet wird
- Heil- und Hilfsmittel (Medikamente, Prothesen, Zahnersatz, Brillen usw.)
- Rehabilitationsmaßnahmen (z. B. Kuraufenthalte)
- einkommensunabhängige und einkommensabhängige monatliche Rentenleistungen
- Zusätzliche Leistungen (z.B. Hilfen zur Weiterführung des Haushalts, Hilfe zur Pflege bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit).