Dokument-Nr. 16841
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- Kapitalanleger müssen angebliche Falschberatung nachweisen könnenOberlandesgericht Bamberg, Beschluss21.03.2013, 6 U 58/12
- BGH zur Haftung einer Direktbank bei Zwischenschaltung eines anlageberatenden WertpapierdienstleistungsunternehmensBundesgerichtshof, Urteil19.03.2013, XI ZR 431/11
- Landgericht Oldenburg zur Haftung einer Bank wegen behaupteter FalschberatungLandgericht Oldenburg, Urteil04.02.2010, 1 O 2063/09
Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil19.09.2013
Kein Schadensersatz bei "Tauschempfehlung" der Bank für WertpapiereBank muss bei empfohlener Umschichtung nicht nachweisen, dass es sich bei der "Tauschempfehlung" objektiv tatsächlich um eine bessere Anlage handeln muss
Rät eine Bank einem Kunden zur Umschichtung von Wertpapieren innerhalb eines Depots, so muss die hiermit verbundene Verkaufs- als auch Kaufempfehlung in Bezug auf das Anlageobjekt unter Berücksichtigung der objektiven Gegebenheiten aus nachträglicher Sicht jeweils lediglich "vertretbar" sein. Das Risiko, dass sich eine Anlageentscheidung dann im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht.
Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin war bereits seit vielen Jahren Kundin der Commerzbank und hatte dort im Jahr 2006 ein Depot eröffnet. Bei einem Beratungsgespräch im Mai 2008 empfahl ihr ein Berater der Commerzbank die im Wertpapierdepot befindlichen Anteile an dem offenen Immobilienfonds "hausInvest europa" zu verkaufen und im Gegenzug Anteile an einem sogenannten Dachfonds ("Premium Management Immobilien-Anlagen" = PMIA) zu kaufen, der geografisch und objektmäßig breiter gestreut war, weil er nicht nur Zielfonds mit Objekten in Europa, sondern auch in Japan, Kanada und den USA enthielt. Die Empfehlung begründete der Berater damit, dass die Kundin durch die Anlage in den neuen Fonds breiter aufgestellt sei und sich dadurch ihr Risiko verringere. Entsprechend dieser Empfehlung verkaufte die Kundin ihre hausInvest Anteile und mit dem Erlös kaufte sie gleichzeitig die PMIA Anteile, wobei die Bank einen Aufschlag von 5 % kassierte. In einem weiteren Beratungsgespräch im Februar 2010 erhielt die Kundin die Empfehlung, ihre Anteile an dem PMIA-Dachfonds zu verkaufen. Dieser Empfehlung folgte die Kundin zunächst nicht. Im September 2010 setzte die Fondsverwaltung den Handel und damit auch die Rücknahme der Fondsanteile aus. Der Fonds wird derzeit abgewickelt. Die Kundin verlangt nunmehr von der Commerzbank Schadensersatz mit der Begründung, dass sie im Mai 2008 falsch beraten worden sei und die Bank "pure Provisionsschneiderei" betrieben habe.
Nicht jede getroffene Anlageentscheidung muss sich als zutreffend erweisen
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Gericht aus: Schadensersatzansprüche bestehen nicht. Das Gericht teilt nicht die Rechtsansicht, dass bei einer von der Bank empfohlenen Umschichtung - im Unterschied zu einer üblichen Anlage von Geld in Wertpapieren - die beratende Bank darlegen und nachweisen muss, dass es sich bei der "Tauschempfehlung" objektiv tatsächlich um eine bessere Anlage handeln muss. Nicht jede einmal getroffene Anlageentscheidung erweist sich im Lichte neuerer Erkenntnisse als zutreffend. Die Bewertung und Empfehlung des Anlageobjekts muss unter Berücksichtigung der Risiken bei nachträglicher Betrachtung lediglich "vertretbar" sein. Höhere Anforderungen an die Beratungsempfehlung einer Bank bei einer Umschichtung würden der beratenden Bank letztlich das Risiko des Erfolgs ihrer Empfehlung auflasten und damit den Bogen der Anlageberatungspflichten überspannen. Letztlich würde dies dazu führen, dass es derartige Umschichtungsempfehlungen nicht mehr oder nur noch sehr zögerlich gäbe, was im Ergebnis zu einer "Versteinerung" des Depots führen würde. "Auf das Risiko einer Aussetzung der Anteilrücknahme nach dem Investmentgesetz hat die Bank nicht hinweisen müssen, weil es zu diesem Zeitpunkt im Mai 2008 eher theoretischer Natur und noch nicht relevant gewesen ist."
Eventuelle Schadensersatzansprüche bereits verjährt
Im vorliegenden Fall braucht das Gericht nicht zu entscheiden, ob die Kaufempfehlung des Beraters noch "vertretbar" war. Eventuelle Schadensersatzansprüche aufgrund eines Beratungsfehlers waren nämlich aufgrund Zeitablaufs verjährt, weil die Kundin ihre Schadensersatzansprüche erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist geltend gemacht hat (§ 37 a Wertpapierhandelsgesetz alte Fassung).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.09.2013
Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online
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