21.11.2024
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Landgericht Oldenburg Urteil04.02.2010

Landgericht Oldenburg zur Haftung einer Bank wegen behaupteter FalschberatungAnleger muss Beratungsfehler der Bank nachweisen können

Das Landgericht Oldenburg hat die Klage eines Anlegers auf Zahlung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung der Bank im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten, denen Aktien der Hypo Real Estate zugrunde lagen, abgewiesen.

Im zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger aus Delmenhorst im Januar 2007 über die in Delmenhorst ansässige Filiale der Beklagten Zertifikate der Hypo Vereinsbank zu einem Gesamtpreis von ca. 10.000,- EUR und im Mai 2007 150 Stück so genannter "Express­zer­ti­fikate" der Hypo Vereinsbank zum Gesamtbetrag von 15.000,- EUR. Diese Zertifikate verloren in der Folgezeit deutlich an Wert.

Zur Auszahlungshöhe der Rendite für erlangte Zertifikate

Die Zertifikate beruhten auf insgesamt 10 Aktien, deren Wert zum Auflagedatum festgestellt wurde. Ob und in welcher Höhe eine Rendite im Hinblick auf dieses Zertifikat ausgezahlt wird, hängt von dem Stand der 10 Aktien zu bestimmten vorher festgelegten Stichtagen ab. An diesen Stichtagen wird der Stand der Aktien geprüft. Schließen alle Aktien auf oder über 65 % des Ausgangsniveaus, so wird der angelegte Betrag mit entsprechender Rendite zurückgezahlt. Erreicht eine der Aktien dieses Ausgangsniveau nicht, so erfolgt keine Auszahlung. In diesem Fall erfolgt am nächsten Stichtag dieselbe Prüfung. Insgesamt sind für das Zertifikat jeweils zum 30. Juni der Jahre 2008, 2009, 2010 und 2011 Stichtage festgelegt worden. Wird am letzten Stichtag, also am 30. Juni 2011, das Ausgangsniveau von 65 % nicht erreicht, so gibt es zwei Möglichkeiten: Schließt die schlechteste Aktie unter 65 % aber auf oder über 50 % des Ausgangsniveaus, so erfolgt eine Rückzahlung von 100,- € pro Anteil. Hierbei handelt es sich um einen so genannten "Sicher­heits­puffer". Liegt die schlechteste Aktie aber unterhalb von 50 % des Ausgangsniveaus, so erfolgt eine Rückzahlung 1:1 entsprechend der Aktie mit der schlechtesten Kursentwicklung.

Im April 2008 hat der Kläger im Anschluss an ein Beratungs­ge­spräch weitere 310 Zertifikate zu einem damaligen Stückpreis von noch 47,74 EUR erworben. Allein dieser Erwerb ist Gegenstand der Klage gewesen.

Deutlicher Kursverlust aufgrund von Hypo Real Estate-Aktien

Der deutliche Kursverlust der Zertifikate hatte bzw. hat seine Ursache im Kursverlust der Aktie der Hypo Real Estate, die bereits im April 2008 über 60 % gegenüber ihrem Ausgangsniveau verloren hatte. Die Aktie der Hypo Real Estate gehört zu den 10 Aktien, die dem Zertifikat zugrunde liegen.

Nach der Zeichnung der Zertifikate brach der Kurs der Aktie der Hypo Real Estate weiter auf ein Niveau von 1 bis 2 EUR ein. Der Kurs des Zertifikates ist ebenfalls eingebrochen und bewegt sich aktuell auf demselben Niveau.

Kläger macht Schaden­s­er­satz­ansprüche wegen angeblicher Fehlberatung geltend

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten aufgrund der deutlichen Kursverluste der Zertifikate Schaden­s­er­satz­ansprüche im Zusammenhang mit dem Kauf vom April 2008 wegen einer behaupteten Fehlberatung geltend gemacht. So sei er nicht über die mit dem Kauf der Zertifikate verbundenen Risiken aufgeklärt worden. Zudem habe die Investition seinen konservativen Anlagezielen widersprochen.

Kläger trägt Beweislast für die Verletzung der Aufklärungs- und Beratungs­pflichten

Das Landgericht Oldenburg hat die auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von ca. 15.600,- EUR gerichtete Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofes die beratende Bank zwar zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung des Kunden verpflichtet ist. Sie hat dabei auch den individuellen Wissensstand des Kunden und seine Risiko­be­reit­schaft zu berücksichtigen und das von ihr danach empfohlene Anlageprodukt muss diesen Umständen Rechnung tragen. Die Beweislast für die Verletzung der Aufklärungs- und Beratungs­pflichten trägt jedoch derjenige, der diese Pflicht­ver­let­zungen behauptet. Die mit dem Nachweis verbundenen Schwierigkeiten werden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei (hier die Bank) die behauptete Fehlberatung substantiiert bestreiten und darlegen muss, wie im Einzelnen beraten und aufgeklärt sein soll. Dem Anspruchsteller obliegt dann der Nachweis, dass diese Darstellung nicht zutreffend ist.

Beratungsfehler für Gericht nicht erkennbar

Gemessen an diesen Grundsätzen hat der Kläger nach Auffassung der Kammer die Falschberatung nicht beweisen können. Das Gericht hat sich im Anschluss an die persönliche Anhörung des Klägers und der sehr intensiven Vernehmung der ihn seinerzeit beratenden Bankmi­t­a­r­beiterin, die auch bei Berück­sich­tigung ihrer beruflichen Stellung insgesamt glaubhafte Angaben getätigt habe, nicht davon überzeugen können, dass der Kläger falsch beraten worden sei.

Risiko war für Kläger im Vorhinein erkennbar

Dabei hat das Gericht auch den Umstand gewürdigt, dass der Kläger bereits vor dem hier streitigen Kauf im April 2008 schon ein Jahr zuvor Zertifikate erworben hatte, die an Wert verloren hatten. Das mit dem Erwerb verbundene Risiko sei für den Kläger daher erkennbar gewesen.

Wirtschafts- bzw. Bankenkrise für Bankberater nicht vorhersehbar

Dass sich die Aktie der Hypo Real Estate letztlich aufgrund der Wirtschafts- bzw. Bankenkrise nicht erholt hat, sei auch für die Bankberaterin im April 2008 nicht erkennbar gewesen und könne keine Haftung auslösen.

Quelle: ra-online, LG Oldenburg

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