23.11.2024
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Dokument-Nr. 15523

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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil26.03.2013

Mobil­funk­vertrag: 10 Euro-Pauschale für Rücklastschrift unzulässigPersonalkosten und IT-Kosten zur Bearbeitung der Rücklast­schriften dürfen nicht in Schaden­s­pau­schale eingerechnet werden

Ein Anbieter von Mobil­funk­leis­tungen darf in seinen Allgemeinen Geschäfts­bedingungen (AGB) keine Schaden­s­pau­schale in Höhe von 10 Euro für Rücklast­schriften verlangen. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall forderte der klagende Verbrau­cher­schutz­verein einen Mobil­funk­an­bieter mit Sitz in Schleswig-Holstein auf, Klauseln in seinen AGB zu unterlassen, die für Rücklast­schriften eine Schaden­s­pau­schale in Höhe von 10 Euro und höher festlegten. Der Mobil­funk­an­bieter hatte zunächst in seinen AGB für eine "Rücklastschrift (die vom Kunden zu vertreten ist)"eine Schaden­s­pau­schale in Höhe von 20,95 Euro verlangt. Der Anbieter setzte im Anschluss an die Abmahnung in zwei Schritten die Schaden­s­pau­schale zunächst auf 14,95 Euro und dann auf 10 Euro herab. Der Verbrau­cher­schutz­verein verlangte vor Gericht die Unterlassung der Klausel und die Zahlung der Gewinne an den Bundeshaushalt (Abschöpfung), die der Mobil­funk­an­bieter durch die Verwendung der unwirksamen Klausel erzielt hatte.

Festgelegte Pauschale ist im Vergleich zu aktuellen Pauschalen anderer großer Mobil­funk­an­bieter ungewöhnlich hoch

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht erklärte die beanstandete Klausel in den AGBs unwirksam, weil die Rücklast­schrift­pau­schale von 10 Euro den nach dem "gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden" übersteigt (§ 309 Nr.5a BGB). Die ursprünglich festgelegte Pauschale von 20,95 Euro überstieg seinerzeit die Pauschalen sämtlicher Konkurrenten des Mobil­funk­an­bieters. Auch die derzeit festgelegte Pauschale von 10 Euro ist im Vergleich zu den aktuellen Pauschalen für Rücklast­schriften, die einige andere große Mobil­funk­an­bieter erheben, noch immer ungewöhnlich hoch.

Mobil­funk­an­bieter muss Notwendigkeit der Höhe der Pauschale schlüssig darlegen können

Der beklagte Mobil­funk­an­bieter hat nicht schlüssig dargelegt, dass die jetzige Rücklast­schrift­pau­schale von 10 Euro dem branchen­ty­pischen Schaden entspricht, der durch eine Rücklastschrift entsteht. Der Verwender von AGB - und nicht der Kunde - muss darlegen und beweisen, dass die Pauschale im Rahmen des gewöhnlich zu erwartenden Schadens liegt. Wollte man dem Kunden die Darlegungs- und Beweislast auferlegen, so würde er dadurch in eine praktisch aussichtlose Beweislast gedrängt, weil er in der Regel auch nicht ansatzweise die ganz in der Sphäre des Verwenders liegenden Kalku­la­ti­o­ns­prin­zipien und -faktoren kennen kann, urteilte das Gericht.

Durch­schnitt­licher Schaden beträgt allenfalls 6,27 Euro

Der Mobil­funk­an­bieter hat nicht dargelegt, dass ihm über die Mindest­bank­ge­bühren von 3 Euro für eine nicht eingelöste oder stornierte Rücklastschrift hinaus durch­schnittlich höhere Bankgebühren entstehen. Äußerstenfalls kann ein linearer Mittelwert zwischen den Mindest­bank­ge­bühren von 3 Euro und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren von 8,75 Euro zugrunde gelegt werden, d.h. in Höhe von 5,87 Euro. Hinzu kommen die Benach­rich­ti­gungs­kosten, die vom Mobil­funk­an­bieter selbst mit ,40 Euro kalkuliert sind, so dass sich allenfalls ein durch­schnitt­licher Schaden in Höhe von 6,27 Euro ergibt.

Personalkosten und systembedingte allgemeine Kosten sind gemäß Grundsatz des vertraglichen Schaden­s­er­satz­rechts nicht erstat­tungsfähig

Die vom Mobil­funk­an­bieter angesetzten Personalkosten und IT-Kosten für die Software, die zur Bearbeitung der Rücklast­schriften erforderlich ist, dürfen nicht in die Schaden­s­pau­schale eingerechnet werden. Im vertraglichen Schaden­s­er­satzrecht gilt der Grundsatz, dass Personalkosten und systembedingte allgemeine Kosten nicht erstat­tungsfähig sind, die zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrags aufgewendet werden. Geltend gemachte Refinan­zie­rungs­kosten und entgangener Gewinn sind nicht durch die jeweilige Rücklastschrift verursacht, sondern durch einen Zahlungsverzug des Kunden und die unter­neh­me­rische Entscheidung, im eigenen Interesse den Kunden nach einer Rücklastschrift zu sperren und so von weiteren Umsätzen auszuschließen.

Gericht bejaht Gewin­n­ab­schöp­fungs­an­spruch zu Gunsten des Bundeshaushalts

Das Gericht sieht einen Gewin­n­ab­schöp­fungs­an­spruch zu Gunsten des Bundeshaushalts (§ 10 UWG) für den Zeitraum vom 10. Oktober 2011 bis zum 27. Juni 2012 (nur dieser Zeitraum wurde vom Verbrau­cher­schutz­verein geltend gemacht) als gegeben an, weil der Mobil­funk­an­bieter vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Kunden Gewinn erzielt hat. Das vorsätzliche Handeln (Eventualvorsatz) ergibt sich unter anderem daraus, dass der Mobil­funk­an­bieter unzulässig hohe Schaden­s­pau­schalen nach der Abmahnung und auch nach Zustellung der Entscheidung im vorangegangenen Eilverfahren verlangt hat. Der Mobil­funk­an­bieter muss nun zunächst Auskunft über die Höhe der erzielten Gewinne durch die unzulässige Schaden­s­pau­schale erteilen.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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