18.10.2024
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Dokument-Nr. 13700

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Urteil26.06.2012Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht2 U 10/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MDR 2013, 293Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 293
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil26.06.2012

Extra-Gebühren für Pfändungs­schutzkonto unzulässigBank darf für Führen eines Girokontos als Pfändungs­schutzkonto kein höheres Entgelt verlangen, als für Girokonten mit ansonsten vergleichbarem Leistungsumfang

Eine Bank darf in ihren Allgemeinen Geschäfts­ge­bühren keine Zusatzgebühren für die Umwandlung eines allgemeinen Girokontos in ein Pfändungs­schutzkonto (so genanntes P-Konto) erheben. Dies entschied das Oberlan­des­gericht Schleswig-Holstein und gab damit einer entsprechenden Klage des Bundesverbandes der Verbrau­cher­zen­tralen und Verbrau­cher­verbände gegen eine Direktbank mit Sitz in Schleswig-Holstein statt.

Banken sind seit dem 1. Juli 2011 verpflichtet, auf Antrag des Kontoinhabers ein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umzuwandeln. Greift ein Gläubiger durch Kontopfändung auf das Kontoguthaben des Schuldners zu, verbleibt dem Schuldner bei einem Pfändungs­schutzkonto der monatliche Betrag zur Existenz­si­cherung (Pfändungs­frei­betrag) auf dem Konto, über den er dann verfügen kann. Seit dem 1. Januar 2012 können Schuldner nur noch mit Hilfe eines Pfändungs­schutz­kontos ihr Kontoguthaben vor Pfändungen schützen. Die nach der früheren gesetzliche Regelung (§ 850 k ZPO a. F.) bestehende Möglichkeit einer Aufhebung der Pfändung durch das Vollstre­ckungs­gericht ist entfallen. Auch die Verfügung über eingehende Sozia­l­leis­tungen kann der Schuldner sich bei einem debitorisch geführten Konto nur noch durch die Umwandlung in ein Pfändungs­schutzkonto sichern.

Bank erhebt für Führung eines Pfändungs­schutz­kontos monatliche Gebühr von 10,90 Euro

Im zugrunde liegenden Streitfall erhob die beklagte Direktbank ohne eigenes Filialnetz für die Führung eines Girokontos keine Gebühren. In der Führung des kostenlosen Girokontos sind unter anderem die Teilnahme am Online-Banking sowie die "ec-/Maestro-Karte" und die Visakarte enthalten. Für die Führung eines Pfändungs­schutz­kontos erhebt die Direktbank dahingegen eine monatliche Gebühr von 10,90 Euro. Nach ihren allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen sind nach Umwandlung eines Girokontos in ein Pfändungs­schutzkonto die Nutzung der ausgegebenen Karten sowie die (weitere) Bereitstellung eines Dispo­si­ti­o­ns­kredits nicht mehr möglich. Zugleich sehen die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen vor, dass ein Anspruch auf Rückumwandlung eines Pfändungs­schutz­kontos in ein Girokonto nicht besteht.

Gegen die Verwendung dieser Klauseln klagte der Bundesverband der Verbrau­cher­zen­tralen und Verbrau­cher­verbände.

Klausel benachteiligt Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen

Das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht gab der Klage statt und erklärte die beanstandeten Klauseln in den allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Direktbank für unwirksam, weil sie den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Bank erfüllt mit Führen eines Pfändungs­schutz­kontos gesetzliche Pflicht

Die Bank darf für das Führen des Girokontos als Pfändungs­schutzkonto kein höheres Entgelt fordern, als sie selbst für Girokonten mit ansonsten vergleichbarem Leistungsumfang verlangt. Mit dem Führen eines Pfändungs­schutz­kontos erfüllt die beklagte Direktbank ihre gesetzliche Pflicht, nach der der Kunde jederzeit verlangen kann, dass das Kreditinstitut sein Girokonto als Pfändungs­schutzkonto führt. Mit der Erhebung eines Sonderentgelts versucht die Direktbank Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten auf den Kunden abzuwälzen, ohne hierfür eine echte Gegenleistung zu erbringen.

Fehlende Nutzungs­mög­lichkeit für bereits ausgegebene EC- oder Maestro-Karten bei Pfändungs­schutzkonto stellt unangemessene Benachteiligung des Kunden dar

Die Klausel, nach der die Nutzungs­mög­lichkeit bereits ausgegebener Karten sofort mit Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungs­schutzkonto endet, stellt ebenfalls eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. Die Nutzung der ausgegebenen Karten erfolgt im Rahmen eines Dauer­schuld­ver­hält­nisses, dessen Beendigung einer Kündi­gungs­er­klärung und eines Kündi­gungs­grundes seitens der Bank bedarf. Die beklagte Bank muss auch bei der Umwandlung eines Kontos in ein Pfändungs­schutzkonto im Einzelfall prüfen, ob eine Kündigung des Kartenvertrags (eventuell auch nur in Bezug auf die Kreditkarte erfolgen kann) oder ob die Karten wie bisher genutzt werden können.

Klausel zur Bereitstellung eines Dispo­si­ti­o­ns­kredits unklar

Das Gericht hat die Klausel, nach der bei einem Pfändungs­schutzkonto "die (weitere) Bereitstellung eines Dispo­si­ti­o­ns­kredits nicht mehr möglich ist", als unklar beanstandet. Für den betroffenen Kunden wird nicht deutlich, ob er nach der Umwandlung den Kredit sofort zurückzahlen muss, ob er eine Kündi­gungs­er­klärung der Bank abwarten darf oder ob er lediglich die erhöhten Zinsen für die bloß geduldete Überziehung zahlen muss.

Unmögliche Rückumwandlung des Pfändungs­schutz­kontos in Girokonto benachteiligt Kunden unangemessen

Die Klausel, nach der ein Anspruch auf Rückumwandlung eines Pfändungs­schutz­kontos in ein Girokonto nicht besteht, stellt eine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar. Das Girokonto wird nur auf Verlangen des Kunden als Pfändungs­schutzkonto geführt wird, um sein Existenzminimum zu schützen. Dieser Schutz soll ihm jedoch nicht aufgezwungen werden. Entfällt das Verlangen des Kunden, gelten die bisherigen Regelungen über den Girokon­to­vertrag weiter.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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