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Dokument-Nr. 17165

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Sozialgericht Mainz Vergleich12.11.2013

Hartz-IV: Flüchtling mit schwerer Traumastörung erhält Fahrtkosten für Facharztbesuch erstattetAußer­ge­wöhnliche Lebenssituation kann Anspruch auf Mehrbedarf begründen

Ein Flüchtling, der in seinem Heimatland verfolgt und gefoltert wurde, kann als Bezieher von Leistungen nach dem SGB II ("Hartz IV") beim Jobcenter Fahrtkosten für notwendige Facharztbesuche zur Verarbeitung seiner schweren Traumastörung als "Mehrbedarf" geltend machen. Dies entschied das Sozialgericht Mainz.

Dem Fall liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der Nähe von Mainz lebende Kläger wurde in seinem Heimatland verfolgt und gefoltert. Er leidet an einer schweren Traumastörung und befand sich in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung in Frankfurt, wohin er mittels öffentlicher Verkehrsmittel gelangte. Seinen Antrag auf Gewährung einer "Sonderleistung" für die Fahrtkosten nach Frankfurt in Höhe von jeweils 9,35 Euro lehnte das beklagte Jobcenter mit der Begründung ab, dass in diesem Fall die Voraussetzungen für die Gewährung eines so genannten Mehrbedarfs nicht vorliegen würden. Zur Begründung verwies die Behörde zum einen darauf, dass der Kläger zu einem Facharzt am Wohnort wechseln könne. Darüber hinaus seien Fahrtkosten bereits abschließend durch die pauschal gewährte Regelleistung abgedeckt, so dass der Kläger gehalten sei, für im Streit stehenden Kosten auf die Regelleistung zurückzugreifen bzw. sie aus diesen Mitteln anzusparen.

Bestreiten der Fahrtkosten aus Regelleistungen käme faktisch einer Kürzung des Regelbedarfs gleich

In der mündlichen Verhandlung wies das Sozialgericht Mainz das Job-Center jedoch unter anderem darauf hin, dass Fahrtkosten nach den Regelungen des SGB II zwar grundsätzlich in der Regelleistung als Bedarf enthalten sind, dies jedoch nur in durch­schnitt­licher Höhe. Mittlerweile erkenne das Gesetz durchaus an, dass es außer­ge­wöhnliche Lebens­si­tua­tionen gebe, in denen nicht nur einmalig, sondern laufend besondere Bedarfe entstehen, die z. B. durch ein Ansparen nicht mehr aufgefangen werden können. In diesem Fall müsse das Jobcenter zusätzliche Leistungen gewähren. Zu Gunsten des Klägers war insbesondere zu berücksichtigen, dass er aus medizinischen Gründen weiter regelmäßig seine Ärzte in Frankfurt aufsuchen musste, da es ihm aufgrund seiner Krankheit sehr schwer falle, Vertrauen zu neuen Ärzten aufzubauen. Seine Ärzte waren zudem Spezialisten für die Therapie von Folteropfern. Diese Besonderheiten verursachen dem Kläger laufend überdurch­schnittlich hohe Fahrtkosten. Würde man ihn darauf verweisen, diese Kosten aus der Regelleistung zu bestreiten, käme dies faktisch einer Kürzung des Regelbedarfs gleich.

Parteien schließen Vergleich

Aufgrund des Hinweises des Gerichts erklärte sich das Jobcenter im Wege eines gerichtlichen Vergleichs zur Übernahme der Fahrtkosten bereit.

Quelle: Sozialgericht Mainz/ra-online

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