21.11.2024
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Sozialgericht Mainz Urteil13.01.2013

Kfz-Beihilfe nur bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Nutzung von öffentlichen VerkehrsmittelnDeutlich verkürzter und in der Beweglichkeit eingeschränkter Arm macht Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel nicht unzumutbar

Ein körperlich behinderter Mensch hat nur dann Anspruch auf eine Kfz-Hilfe, wenn er zwingend auf ein Fahrzeug angewiesen ist und ihm die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel unmöglich oder unzumutbar ist. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Mainz hervor.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens wohnt in Nierstein und leidet seit ihrer Kindheit an einem deutlich verkürzten und in der Beweglichkeit eingeschränktem rechten Arm. Ein Grad der Behinderung von 80 ist anerkannt, jedoch keine Merkzeichen. Die Klägerin ist Mutter einer 2005 geborenen, gesunden Tochter.

Klägerin beantragt Gewährung einer Kfz-Hilfe zur Bewältigung des Lebensalltags mit ihrem Kind

Da die Klägerin eine Weiter­bil­dungs­maßnahme in Mainz antreten wollte, beantragte sie bei der Renten­ver­si­cherung die Gewährung einer Kfz-Hilfe, also einen Zuschuss zur Anschaffung eines Kfz sowie die Übernahme der Kosten für den behin­der­ten­ge­rechten Umbau, wie z.B. die Möglichkeit, Scheibenwischer oder Lichtanlage ohne Loslassen des Lenkrades zu bedienen. Sie begründete ihren Antrag damit, dass sie zwingend auf ein Kfz angewiesen sei. Sie könne ihr Kind morgens mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nicht in die Tagesstätte bringen, wo ab 7.30 Uhr die Betreuung sichergestellt sei, und dann mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Weiter­bil­dungs­stätte weiterfahren. Sie benötige ihre gesunde Hand um das Kind an der Hand zu halten und könne sich deshalb dann nicht mehr festhalten. Auch beim Einkaufen sei sie auf ein Kfz angewiesen, da sie das Kind und die Einkäufe nicht gleichzeitig tragen könne.

Renten­ver­si­cherung hält Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel für Zumutbar

Die Renten­ver­si­cherung lehnte nach einigen Ermittlungen die Gewährung der Hilfe ab und begründete diese Entscheidung damit, dass es der Klägerin trotz ihrer Behinderung weiterhin zumutbar sei, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, die regelmäßig zwischen ihrem Wohnort und der Weiter­bil­dungs­stätte verkehren. Auch die Fußwege zu den Haltestellen bzw. von den Haltestellen zum Wohnort bzw. dem Weiter­bil­dungsort seien von ihr zu bewältigen.

Für Anspruch auf Kfz-Hilfe setzt zwingendes Angewiesensein auf Benutzung eines Kfz voraus

Dies akzeptierte die Klägerin nicht und legte beim Sozialgericht Mainz Klage ein. Das Sozialgericht Mainz hat diese Klage jedoch abgewiesen. Die Richter führten aus, dass ein behinderter Mensch nur Anspruch auf Kfz-Hilfe habe, wenn er infolge seiner Behinderung mehr als nur vorübergehend auf die Benutzung eines Kfz angewiesen sei, um seinen Arbeits- oder Ausbildungsort zu erreichen. Dabei müsse die Behinderung so erheblich sein, dass sie allein schon geeignet sei, den Behinderten zur Benutzung eines Kfz zu zwingen. Gerade dies könne bei der Klägerin jedoch nicht festgestellt werden. Ihre Wegefähigkeit sei nicht eingeschränkt, was auch die behandelnde Ärztin bestätigt habe. Es sei auch nicht ersichtlich, wieso die Klägerin trotz ihres beein­träch­tigten Armes nicht Bus oder Bahn fahren könne. Dort sei meist ein Sitzplatz vorhanden oder aber die Klägerin könne sich zumindest mit dem gesunden Arm festhalten. Die vorgetragenen privaten Gründe seien – so das Sozialgericht weiter – nach der Rechtslage nicht beachtlich. Diese seien zudem auch nicht überzeugend, da es der Klägerin unproblematisch möglich sei, die Tochter morgens zu Fuß zur weniger als einen Kilometer entfernten Kinder­ta­gesstätte zu begleiten, wo diese ab 7.30 Uhr betreut werde, und anschließend mit den öffentlichen Verkehrsmitteln nach Mainz zu fahren, um dort die um 9 Uhr beginnende Maßnahme zu besuchen.

Quelle: Sozialgericht Mainz/ra-online

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