21.11.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil11.10.2012

Übernahme von Betriebs- und Unter­halts­kosten für Kfz nur zum Zwecke der Teilhabe an der GesellschaftAnspruch eines Hilfe­be­dürftigen auf Kostenübernahme von Betriebs- und Unter­halts­kosten für Kfz besteht nur, wenn dieser regelmäßig auf die Benutzung angewiesen ist

Ein Hilfe­be­dürftiger hat keinen Anspruch auf sozia­l­hil­fe­rechtliche Einglie­de­rungshilfe in Form der Übernahme der Betriebs- und Unter­halts­kosten für ein Kfz, wenn er nicht wegen der Behinderung zum Zwecke der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft regelmäßig auf die Benutzung eines Kfz angewiesen ist. Regelmäßig bedeutet nicht nur gelegentlich und vereinzelt, sondern orientiert sich an der Nutzung für die Zwecke der Teilhabe am Arbeitsleben (mindestens 22 notwendige Fahrten monatlich). Dies entschied das Sozialgericht Karlsruhe.

In dem zugrunde liegenden Fall bezieht der 72jährige pflege­be­dürftige Kläger - Pflegestufe 1, Merkzeichen außer­ge­wöhnliche Gehbehinderung -, laufende Leistungen der Sozialhilfe und beantragte beim Landkreis als Sozia­l­hil­fe­träger, die ihm anfallenden Betriebs- und Unter­halts­kosten für sein Kfz aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen. Er benötige das Kfz für Arzt- und Therapiebesuche, für Einkäufe in Apotheken, Lebens­mit­tel­märkte und für den Besuch von Freunden und kulturellen Veranstaltungen. Er sei auf sein Auto angewiesen, um am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. Der Sozia­l­hil­fe­träger lehnte den Antrag ab. Der dagegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolgslos.

Kläger ist zur Teilhabe an der Gesellschaft nicht auf ein Auto angewiesen

Das Sozialgericht hat die gegen den Ableh­nungs­be­scheid des Sozia­l­hil­fe­trägers gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Nach dem Gesetz erhielten Personen, die durch eine Behinderung im Wesentlichen in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht seien, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach den Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach Art und Schwere der Behinderung, Aussicht bestehe, dass die Aufgabe der Einglie­de­rungshilfe erfüllt werden könne. Für eine Kraft­fahr­zeug­beihilfe sei - analog zur Kfz-Beihilfe für die Eingliederung ins Arbeitsleben - die ständige Nutzung des Kfz zu Zwecken der Einglie­de­rungshilfe erforderlich. Der Kläger sei nicht ständig zu Zwecken der Teilhabe an der Gesellschaft auf ein Auto angewiesen.

Kläger hat Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten durch gesetzliche Kranken­ver­si­cherung

Bei den geltend gemachten Fahrten zu Ärzten und Therapeuten handele es sich nämlich um Bedarfe aus dem Bereich der Teilhabe an Leistungen der medizinischen Rehabilitation und nicht um Teilha­be­leis­tungen am Leben in der Gesellschaft. Der Kläger habe hinsichtlich seiner Fahrten zu ambulanten ärztlichen oder ärztlich verordneten Behandlungen Anspruch auf Übernahme der Fahrtkosten durch seine gesetzliche Kranken­ver­si­cherung nach Maßgabe der Kranken­trans­por­tricht­linien. Es sei am Kläger, diese vorrangigen und abschließenden Leistungen bei seiner gesetzlichen Kranken­ver­si­cherung geltend zu machen.

Einkaufsfahrten unterfallen der Bedarfsdeckung der allgemeinen Sozialhilfe

Die vom Kläger weiter geltend gemachten Einkaufsfahrten unterfielen ebenfalls nicht dem Bedarf der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Auch hier sei der Kläger auf die Bedarfsdeckung der allgemeinen Sozialhilfe (Behin­der­ten­mehr­bedarf) und das bezogene Pflegegeld zu verweisen.

Sicherung der Teilhabe am gemein­schaft­lichen und kulturellen Leben durch kostenfreie Nutzung von Nahver­kehrs­mitteln

Die schließlich vom Kläger geltend gemachten Fahrten zu Verwandten, zu kulturellen oder kirchlichen Einrichtungen unterfielen zwar grundsätzlich dem Anwen­dungs­bereich der Einglie­de­rungshilfe, sie erfolgten aber nicht regelmäßig und ständig im Sinne der Einglie­de­rungs­hil­fe­ver­ordnung. Zudem sei der Kläger aufgrund seiner schweren Behinderungen - aG (außer­ge­wöhnliche Gehbehinderung) und B (Begleitung) - berechtigt, die öffentlichen Nahver­kehrs­mittel kostenfrei mit einer ebenfalls kostenfrei fahrenden Begleitperson zu nutzen. Dies trage dazu bei, seine Teilhabe am gemein­schaft­lichen und kulturellen Leben zu sichern. Zu berücksichtigen sei ferner, dass der beklagte Landkreis einen Behin­der­ten­fahr­dienst eingerichtet habe, der von behinderten Menschen mit den Merkzeichen „aG“ und „B“ auf einen jährlichen Höchstbetrag von 450,00 € gedeckelt kostenfrei genutzt werden könne.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online

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