21.11.2024
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Sozialgericht Kassel Beschluss01.11.2010

SG Kassel: Vermutung einer erheblichen Brust­kre­bs­be­lastung führt nicht zu Anspruch auf prophy­laktische beidseitige Brust­amputationBehand­lungs­an­spruch allein wegen beginnender Entwicklung einer Karzinophobie und daraus resultierender psychischer Beein­träch­ti­gungen besteht nicht

Sofern eine erhebliche Brust­kre­bs­be­lastung lediglich vermutet, aber als Genmutation diagnostisch mit den hierfür vorgesehenen Tests genetisch nicht nachgewiesen werden kann, besteht gegenüber der Krankenkasse kein Anspruch auf prophylaktische beidseitige Brustamputation mit anschließendem sofortigen Wiederaufbau der Brüste im Sinne einer Sofor­t­re­kon­struktion. Dies hat das Sozialgericht Kassel entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall stellte eine 43 Jahre alte Versicherte gegenüber ihrer Krankenkasse einen Antrag auf prophylaktische beidseitige Brustamputation mit anschließendem sofortigen Wiederaufbau der Brüste im Sinne einer Sofortrekonstruktion. Der Antrag folgte auf Empfehlung ihres seit Jahren behandelnden Frauenarztes, ihrer Psycho­the­ra­peutin und eines plastischen Chirurgen. Diese hatten einerseits auf eine familiäre Krebsbelastung durch Mutter und Großmutter der Antragstellerin sowie langjährige massive zystische Veränderungen der Brüste der Antragstellerin verwiesen und andererseits eine hieraus bereits entstandene Karzinophobie mit erheblichen psychischen Beein­träch­ti­gungen bis hin zur psychischen Dekompensation bescheinigt.

Erhebliche Brust­kre­bs­be­lastung lediglich vermutet, mit hierfür vorgesehenen Tests jedoch nicht nachgewiesen

Dennoch sah das Sozialgericht Kassel die Anspruchs­vor­aus­set­zungen zumindest für die beantragte Eilentscheidung nicht als erfüllt an. Denn die erhebliche Brust­kre­bs­be­lastung ist bisher lediglich vermutet, aber als Genmutation diagnostisch mit den hierfür vorgesehenen Tests genetisch nicht nachgewiesen. Es steht also nicht fest, ob die Antragstellerin das Brustkrebsgen in sich trägt. Auch waren die unstreitig langjährigen, wiederholten zystischen Veränderungen im Bereich der Brüste der Antragstellerin bisher ohne Anwalt für eine maligne Entartung dieser Zysten oder Zellatypien.

Krankenkasse verweist zu Recht auf Beratung durch inter­dis­zi­plinäres Brustzentrum

Die Empfehlung der behandelnden Ärzte entspricht weder der einschlägigen inter­dis­zi­plinären Leitlinie der Deutschen Krebs­ge­sell­schaft e. V. (DKG) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms noch nach entsprechender Inter­net­re­cherche durch das Gericht weiteren aktuellen Sachlage im Hinblick auf die Bedeutung/ Tragweite des beantragten Eingriffs zu Recht zunächst auf die Beratung durch ein inter­dis­zi­plinäres Brustzentrum verwiesen hat.

Anspruch auf Behandlung wegen beginnenden Entwicklung einer Karzinophobie besteht nicht

Einen Anspruch allein wegen der beginnenden Entwicklung einer Karzinophobie bei psychischer Dekompensation hat das Gericht abschließend bereits deswegen verneint, weil die Behandlung insoweit vorrangig fachärztlich psycho­the­ra­peutisch, ggf. zusätzlich schmerz­the­ra­peutisch zu erfolgen hat.

Quelle: Sozialgericht Kassel/ra-online

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