22.11.2024
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Sozialgericht Karlsruhe Urteil17.10.2019

Kein Anspruch auf Verletztenrente bei unfallbedingter Verletzung des rechten ZeigefingersFür Bemessung der Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit ist verbliebenes Leistungs­vermögen im Hinblick auf gesamten Arbeitsmarkt und nicht auf zuletzt ausgeübten Beruf entscheidend

Für die Bemessung der Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit nach einem Unfall ist das durch die Beein­träch­tigung verbleibende körperliche und geistige Leistungs­vermögen auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens entscheidend. Auf den bisherigen Beruf oder die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit kommt es nicht an. Dies geht aus einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der als CNC-Fräser beschäftigt gewesene Kläger zog sich bei einem Arbeitsunfall eine offene Grund­glied­fraktur mit Zerreißung der Strecksehne des rechten Zeigefingers zu. Nach Abschluss medizinischer Behand­lungs­maß­nahmen und einer Arbeits- und Belas­tungs­er­probung beim früheren Arbeitgeber arbeitete er wieder vollschichtig im zuletzt ausgeübten Beruf.

Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnt Gewährung von Verletztenrente ab

Die beklagte Berufs­ge­nos­sen­schaft anerkannte als Unfallfolge eine Versteifung des Zeige­fin­ger­mittel- und Zeige­fin­ge­rend­gelenks und eine endgradige Bewegungs­ein­schränkung des Grundgelenks des rechten Zeigefingers sowie Belas­tungs­be­schwerden. Die Gewährung von Verletztenrente lehnte sie dagegen ab.

Der Kläger erhob aufgrund der Versagung von Verletztenrente Klage und verwies zur Einschätzung der unfallbedingten Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit auf einen Aufsatz zur "Neubewertung der Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit bei unfall­chir­urgisch-orthopädischen Arbeitsunfall- und BK-Folgen in der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung".

SG verneint ebenfalls Anspruch auf Verletztenrente

Das Sozialgerichts Karlsruhe wies die Klage ab. Die anerkannten Unfallfolgen rechtfertigten keine Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit um wenigstens 20 %. Im Unfall­ver­si­che­rungsrecht richte sich die Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit nach dem Umfang der sich aus der Beein­träch­tigung des körperlichen und geistigen Leistungs­ver­mögens ergebenden verminderten Arbeits­mög­lich­keiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Auf den bisherigen Beruf oder die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit komme es - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - nicht an. Für die Bemessung der Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit seien neben den sich aus den Unfallfolgen ergebenden Funkti­o­ns­be­ein­träch­ti­gungen im Interesse einer Gleich­be­handlung aller Versicherten die im unfall­recht­lichen und unfall­me­di­zi­nischen Schrifttum heraus­ge­ar­beiteten Regel- oder Normalsätze maßgebend. Eine Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit um wenigstens 20 % stehe danach beispielsweise beim Verlust eines Zeigefingers im Grund- oder Mittelglied oder einer stärkeren Beuge- oder Streckhemmung aller Gelenke der Finger oder aller Gelenke des Daumens und des Zeigefingers zu. Die beim Kläger verbliebenen Unfallfolgen seien indes nach den medizinischen Befun­d­un­terlagen weniger stark ausgeprägt. Auch der von ihm herangezogene Aufsatz verhelfe seiner Klage nicht zum Erfolg. Denn dieser Aufsatz enthalte allein Vorschläge der Kommission einer medizinischen Fachge­sell­schaft zur Neubemessung der Erfahrungssätze zur Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit. Diese Vorschläge seien Gegenstand einer ergebnisoffenen und aktuell noch nicht abgeschlossenen Reform­dis­kussion unter Berück­sich­tigung der gewandelten Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes. Das Sozialgericht halte deshalb im Wege einer Einzel­fa­ll­prüfung an den bisherigen, über Jahrzehnte heraus­ge­bildeten Erfah­rungs­sätzen der Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit fest.

Quelle: Sozialgericht Karlsruhe/ra-online (pm/kg)

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