14.11.2024
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Sozialgericht Heilbronn Urteil12.02.2015

Ungeeignetes "schlüssiges Konzept" zur Bestimmung der An­gemessen­heits­grenze: Rentnerin erhält höheren MietzuschussStadt Heilbronn muss nach verlorenem "Musterprozess" höhere Miete von allein lebender Sozial­hilfe­empfängerin zahlen

Das Sozialgericht Heilbronn hat entschieden, dass die Stadt Heilbronn einer allein lebenden Sozial­hilfe­empfängerin einen höheren Mietzuschuss zahlen muss. Das Gericht verwies in seiner Entscheidung darauf, dass die dem Mietspiegel und damit auch dem schlüssigen Konzept zu Grunde liegende Datenerhebung bezüglich der hier relevanten 1-Personen-Haushalte nicht ausreicht.

Die 67jährige Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls wohnt allein in einer 58qm großen Mietwohnung in einem Mehrfa­mi­li­enhaus in Heilbronn-Böckingen. Für ihre Miete bezahlt sie monatlich rund 440 Euro Bruttokaltmiete (bestehend aus 370 Euro Grundmiete - sogenannte Nettokaltmiete - zuzüglich "kalte Nebenkosten" für Müllabfuhr, Wasser, Abwasser etc.). Neben ihrer Altersrente von rund 340 Euro ist sie auf Sozia­l­hil­fe­leis­tungen angewiesen. Ihre Unter­kunfts­kosten übernimmt die Stadt Heilbronn seit April 2013 nur teilweise. Sie beruft sich auf ein von ihr entwickeltes, auf dem "Mietspiegel 2012 für die Stadt Heilbronn" beruhendes "schlüssiges Konzept". Hiernach sei für Einper­so­nen­haushalte in Heilbronn nur eine Grundmiete von maximal 297 Euro angemessen.

Zu Grunde liegende Datenerhebung für relevanten 1-Personen-Haushalte nicht ausreichend

Die hiergegen gerichtete Klage hatte teilweise Erfolg. Das Sozialgericht Heilbronn entschied, dass die dem Mietspiegel und damit auch dem schlüssigen Konzept zu Grunde liegende Datenerhebung bezüglich der hier relevanten 1-Personen-Haushalte nicht ausreiche. So seien in den Mietspiegel und damit auch in das schlüssige Konzept keine repräsentativen Daten von nach 1978 gebauten Wohnungen für Einper­so­nen­haushalte bis 45m² eingeflossen. Hier weise der Mietspiegel (was die Stadt Heilbronn selbst eingeräumt habe) lediglich "Werte zur groben Orientierung" auf. Dass die Beklagte seinerzeit nur 15 verwertbare Fragebögen von Vermietern nach 1978 gebauter Wohnungen bei der Stichprobe für den Mietspiegel zurückerhalten habe, könne nicht zu Lasten der Klägerin gehen und liege womöglich daran, dass nur rund 1/5 der Wohnungen in die Stichprobe einbezogen wurden. Bei rund 58.000 Heilbronner Wohnungen sei auch davon auszugehen, dass hinreichend nach 1978 gebaute Mietwohnungen bis 45m² existierten. Da die Beklagte es unter Berufung auf fehlendes Personal abgelehnt habe, ihr schlüssiges Konzept nachzubessern, sei nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung auf die Werte der Wohngeldtabelle zurückzugreifen. Hieraus ergebe sich eine maximal zu übernehmende Bruttokaltmiete in Höhe von 393,80 Euro.

Hinweis zur Rechtslage:

Erläuterungen
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 Zwölftes Buch Sozial­ge­setzbuch - Sozialhilfe - [SGB XII] werden Leistungen für die Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Nach Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 dieser Vorschrift sind die Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den die Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, insoweit als Bedarf zu berücksichtigen, als es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung ist der insoweit angemessene Quadrat­me­terpreis einer Wohnung sowohl für die Miete selbst als auch für die Mietnebenkosten mittels eines schlüssigen Konzepts für einen Vergleichsraum (wie z.B. hier für den Bereich der Stadt Heilbronn) zu ermitteln. Ein solches Konzept muss eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass es die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiedergibt.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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