21.11.2024
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Sozialgericht Kassel Beschluss01.11.2010

SG Kassel zu den Anforderungen an einen "Grundsicherungs­relevanten Mietspiegel"Streit um angemessenen Mietpreis für 1-Zimmer-Wohnungen

Der "Grund­si­che­rungs­re­levante Mietspiegel für die Stadt Kassel mit Stand vom 01.09.2010" und das diesem zugrunde liegende Konzept zur Bemessung von angemessenen Unter­kunfts­kosten für das Stadtgebiet Kassel entspricht nicht den Anforderungen nach dem SGB 12, so das Sozialgericht Kassel in seinem Beschluss.

Nachdem bereits die bisherige Pauschalierung von Unterkunftskosten im Bereich der Sozialhilfe nach § 29 SGB 12 durch die Stadt Kassel rechtswidrig war (SG Kassel, Beschluss vom 28.10.2009, S 12 SO 17/09 ER im Anschluss an SG Kassel, Urteil vom 15.07.2009, S 7 AS 608/06, S 7 AS 404/07), muss die Stadt Kassel der Berechnung der sogenannten Grundsicherung im Alter an angemessene Kosten der Unterkunft (hier der Grundmiete) für eine 1-Zimmer-Wohnung auch aktuell solche Höhe von vorläufig mehr als lediglich monatlich 195,80 € zugrunde legen. Denn der "Grund­si­che­rungs­re­levante Mietspiegel für die Stadt Kassel mit Stand vom 01.09.2010" und das diesem zugrunde liegende Konzept zur Bemessung von angemessenen Unter­kunfts­kosten für das Stadtgebiet Kassel entspricht zumindest bezogen auf 1-Personen-Haushalte und von diesen bewohnten 1-Zimmer-Wohnungen - wie im Bereich des SGB 2 und damit für sogenannte Hartz-IV-Leistungs­emp­fänger - auch nach dem SGB 12 nicht den Anforderungen, die an ein schlüssiges Konzept zur Bestimmung der abstrakten Angemessenheit solcher Unter­kunfts­kosten zu stellen sind (Anschluss an und Fortführung u.a. von SG Kassel, Beschlüsse vom 23.06.2010, S 6 AS 144/10 ER und vom 14.10.2010, S 3 AS 282/10 ER). Dies gilt schon deshalb, weil nicht erkennbar wird, inwieweit neben den allein berück­sich­tigten Bestandsmieten von Leistungs­emp­fängern überhaupt konkrete aktuelle Angebotsmieten in das Konzept eingeflossen sind.

Nicht genügend Wohnungen für Leistungs­emp­fänger

Im vorläufigen Rechts­schutz­ver­fahren eines Rentners hat das Sozialgericht auch nach dem SGB 12 für eine knapp 46 qm große 1-Zimmer-Wohnung eine Grundmiete von monatlich 230,00 € noch als angemessen angesehen. Andernfalls bleibt letztlich ungeprüft, ob dem Leistungsempfänger überhaupt eine andere bedarfsgerechte und kosten­güns­tigere Wohnung auf dem aktuellen Wohnungsmarkt konkret verfügbar und insoweit tatsächlich auch zugänglich ist. Ausweislich des Kasseler Wohnungs­ma­rkt­be­richtes 2010 und des insoweit aktuellen Bestandes von 1-Zimmer-Wohnungen im Stadtgebiet Kassel bleibt dies im Verhältnis zur Zahl der Leistungs­emp­fänger nach dem SGB 2 und der nach dem SGB 12 zumindest bezogen auf 1-Personen-Haushalte nach wie vor mehr als fraglich, weil solche freien Wohnungen auf dem Wohnungsmarkt insgesamt erst gar nicht bzw. nicht nennenswert vorhanden sind. Stattdessen ist in Anlehnung an den vorgenannten Wohnungs­ma­rkt­bericht 2010 mit der örtlichen Presse davon auszugehen, dass weiterhin "Kleine Bleiben fehlen" und insoweit kleine Wohnungen in der Stadt Kassel zwar besonders gefragt, aber gleichzeitig auch Mangelware sind.

3.957 1-Zimmer-Wohnungen gegenüber 9.300 1-Personen-Haushalte

Nach aktuellem Datenmaterial ausweislich des o. g. Wohnungs­ma­rkt­be­richtes der Stadt Kassel sind überhaupt nur 3,8 % des Wohnungs­be­standes 1-Zimmer-Wohnungen (3.957) und 5,6 % 2-Zimmer-Wohnungen (5.470), gleichzeitig sind aber rund 9.300 Haushalte im Bereich der Stadt Kassel, die Leistungen nach dem SGB 12 und dem SGB 2 erhalten, 1-Personen-Haushalte.

Zahl der Leistungs­emp­fänger übersteigt verfügbaren Wohnungsbestand

Infolge des Mangels an sogenannten "Kleinen Bleiben" muss im einstweiligen Rechtsschutz die Frage erlaubt sein, in welchen aktuellen tatsächlich verfügbaren und vom Mietpreis "angemessenen" 1-Zimmer-Wohnungen bzw. Wohnungen bis zu einer zugestandenen Größe von 45 qm all diese 1-Personen-Haushalte mit Leistungsbezug nach dem SGB 2 oder SGB 12 in Kassel denn dann überhaupt leben sollen, nachdem bereits die Zahl der entsprechenden Leistungs­emp­fänger den im Bestand verfügbaren Wohnraum übersteigt.

Quelle: Sozialgericht Kassel/ ra-online

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