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Sozialgericht Heilbronn Urteil27.11.2012

Kein Anspruch auf Zuschuss für Pkw bei Fahrun­tüch­tigkeit der Hilfe­emp­fängerinPatientin mit Panikstörung und stressbedingtem Schwindel im Sitzen zum Fahrzeugführen ungeeignet

Eine Sozia­l­hil­fe­emp­fängerin, die an einer Panikstörung und stressbedingtem Schwindel im Sitzen leidet und auch davor Angst hat, in einem Auto zu sitzen, hat keinen Anspruch auf einen Zuschuss für ein Kraftfahrzeug mit Automa­tik­ge­triebe, um zum Arzt zu gelangen, Einkäufe zu erledigen oder Verwandte und Bekannte zu besuchen. Dies entschied das Sozialgericht Heilbronn.

Die 46jährige Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls lebt zusammen mit ihrem 17jährigen Sohn im Kreis Ludwigsburg. Diverse Geschäfte sind nur wenige hundert Meter entfernt. Zwei weitere ältere Kinder leben außer Haus und verfügen über ein Kfz. Die Klägerin ist arbeitslos und lebt u.a. von einer Erwer­bs­min­de­rungsrente. Sie hat zwar einen Führerschein, aber kein Auto. Sie leidet an extremem Übergewicht. Nach eigener Einschätzung kann sie wegen Panikstörung und Schwindel keine öffentlichen Verkehrsmittel benutzen. Zu Fuß könne sie wegen einer Gehbehinderung nur noch rund 100m gehen. Ohne eigenes Auto könne sie aus eigener Kraft weder zum Arzt oder zur Kranken­gym­nastik noch Einkaufen oder gar Freunde und Verwandte besuchen.

Klägerin kann Gewicht und damit verbundene Gehfähigkeit mittels eines Kuraufenthalts auf Kosten der Krankenkasse reduzieren

Ihren Antrag auf Finanzierung eines Kfz mit Automa­tik­ge­triebe lehnte der Landkreis Ludwigsburg als zuständiger Sozia­l­hil­fe­träger ab. Die Klägerin sei verpflichtet, zunächst alle anderweitigen Möglichkeiten auszuschöpfen, um ihre Lebenssituation zu verbessern. Ihr Gewicht und damit auch ihre Gehfähigkeit könne sie mittels eines Kuraufenthalts auf Kosten ihrer Krankenkasse reduzieren. Zudem erscheine es zweifelhaft, ob sie wegen ihres Schwindels überhaupt ein Kfz sicher fahren könne. Der Bedarf an Einkäufen für Haushalt und Lebensmittel sei bereits durch die vom Landkreis gezahlte Hilfskraft für häusliche Pflege gedeckt. Darüber hinaus anfallende Einkäufe könnten die Kinder der Klägerin übernehmen.

Klägerin hält Teilnahme an Rehamaßnahmen ohne Auto für unmöglich

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, sich bei ihrer Krankenkasse bereits vergeblich um die Kostenübernahme für Fahrten zu Ärzten, zur Kranken­gym­nastik und zu einer ambulanten Therapie in der Adipositas-Klinik bemüht zu haben. Schließlich wolle sie sich nach einer Rehamaßnahme wieder beruflich integrieren und ehrenamtlich engagieren. Ohne Auto sei ihr all dies verwehrt.

Gericht schließt sicheres Bedienen des Fahrzeugs durch Klägerin aus

Ihre Klage blieb erfolglos. Das Sozialgericht Karlsruhe verwies auf verschiedene medizinische Gutachten und einen Befundbericht des sie behandelnden Nervenarztes, wonach die Klägerin u.a. an einer Panikstörung und stressbedingtem Schwindel im Sitzen leide, und sie davor Angst habe, im Auto zu sitzen. Demnach könne die Klägerin nicht sicher ein Kfz bedienen. Im Übrigen habe der Amtsarzt im letzten Gutachten ausdrücklich eine stationäre Kur empfohlen, wobei vorrangig die Krankenkasse zuständig sei, Kosten für Fahrten zu Arztbesuchen und sonstigen notwendigen medizinischen Behandlungen zu übernehmen.

Hinweis zur Rechtslage:

§ 8 Einglie­de­rungshilfe-Verordnung

(1) Die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges gilt als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft [...]. Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist [...].

(2) Die Hilfe nach Absatz 1 kann auch als Darlehen gewährt werden.

(3) Die Hilfe nach Absatz 1 ist in der Regel davon abhängig, dass der Behinderte das Kraftfahrzeug selbst bedienen kann. [...]

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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