18.10.2024
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Sozialgericht Heilbronn Beschluss25.09.2014

Hartz IV: Jobcenter muss Kosten für MPU nach Trunken­heitsfahrt und Führer­schei­n­entzug nicht übernehmenKosten für MPU sind kein unabweisbarer, vom Hartz IV-Regelsatz umfasster Bedarf

Das Jobcenter ist nicht dazu verpflichtet, die Kosten für eine angeordnete Medizinisch-Psychologische Untersuchung eines Leistungs­emp­fängers zu übernehmen, dem nach einer Trunken­heitsfahrt der Führerschein entzogen wurde. Dies entschied das Sozialgericht Heilbronn.

Im zugrunde liegenden Streitfall verlor der 54jährige Antragsteller aus Bad Friedrichshall nach einer Trunken­heitsfahrt mit 1,52 Promille seinen Führerschein. Seinen Antrag, ihm die Kosten für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - inklusive für eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) und hierzu benötigter Vorbe­rei­tungskurse - in Höhe von mehr als 2.400 Euro zumindest darlehenshalber zu übernehmen, lehnte das Jobcenter Landkreis Heilbronn ab.

Antragsteller verweist darauf, Führerschein aufgrund eines "Fehlurteils" der "jungen Amtsrichterin" verloren zu haben

Daraufhin beantragte der Mann vor dem Sozialgericht Heilbronn einstweiligen Rechtsschutz. Er machte geltend, den Führerschein aufgrund eines "Fehlurteils" der "jungen Amtsrichterin" verloren zu haben, weil er den Alkohol nur aufgrund "Unwohlsein" und "Schmerzen" zu sich genommen habe. Wegen seines Rheumas müsse er aber dringend mit eigenem PKW zur ambulanten Kur nach Bad Rappenau fahren (mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauere dies über eine Stunde pro Weg und sei mit längerem, ihm nicht zumutbarem Fußweg verbunden).

Durch Entzug der Fahrerlaubnis entstandene Unkosten sind Folge strafbaren Verhaltens des Leistungs­be­ziehers

Das Sozialgericht Heilbronn lehnte den Eilantrag jedoch ab. Es handele sich nicht um einen unabweisbaren, vom Hartz IV-Regelsatz umfassten Bedarf. Denn der Entzug der Fahrerlaubnis und die dadurch entstehenden Unkosten, den Führerschein wieder zu erhalten, seien Folge strafbaren Verhaltens. Die Regelleistung solle zwar das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten. Folgekosten von sozial­schäd­lichem Verhalten (wie etwa auch Geldstrafen und Verwarngelder) fielen aber nicht hierunter. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller den Führerschein benötige, um wieder einen Job zu finden. Eine konkrete Arbeitsstelle, zu deren Einstel­lungs­vor­aus­set­zungen eine gültige Fahrerlaubnis zähle, habe der Mann jedenfalls nicht nennen können. Ferner sei gar nicht sicher, dass der Antragsteller selbst bei intensivster Vorbereitung die MPU meistere.

Anreise zur ambulanten Kur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar

Es sei ihm zudem nicht unzumutbar, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur ambulanten Kur zu fahren. Der von ihm vorgelegte tägliche "Reiseplan" von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr unterscheide sich nicht von den täglichen Zeiten mancher Berufspendler. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Antragsteller die Kur nicht auch stationär durchführen könne.

Kostenübernahme für Wiederteilung des Führerscheins aus familiären Gründen ist ebenfalls zu verneinen

Das Jobcenter habe schließlich auch nicht aus familiären Gründen die Kosten für die Wiederteilung des Führerscheins zu übernehmen. Denn Einkäufe und außerschulische Aktivitäten der Kinder erledige so mancher Haushalt auch ohne Zuhilfenahme eines Kraftfahrzeugs.

Hinweis zur Rechtslage:

Erläuterungen

§ 3 Absatz 1 Zweites Buch Sozial­ge­setzbuch [SGB II]:

Leistungen zur Eingliederung in Arbeit können erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfe­be­dürf­tigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. [...]

§ 24 Absatz 1 SGB II:

Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebens­un­terhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungs­be­rech­tigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaf­fungs­wertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online

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