Dokument-Nr. 18896
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- MPU auch nach strafgerichtlicher Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Trunkenheitsfahrt notwendigVerwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil07.07.2015, 10 S 116/15
- Kein Anspruch des Verkehrsteilnehmers auf Übernahme der Kosten für medizinisch-psychologisches Gutachten bzw. deren VorfinanzierungVerwaltungsgerichtshof München, Beschluss12.03.2019, 11 CS 18.2278, 11 C 19.504
Sozialgericht Heilbronn Beschluss25.09.2014
Hartz IV: Jobcenter muss Kosten für MPU nach Trunkenheitsfahrt und Führerscheinentzug nicht übernehmenKosten für MPU sind kein unabweisbarer, vom Hartz IV-Regelsatz umfasster Bedarf
Das Jobcenter ist nicht dazu verpflichtet, die Kosten für eine angeordnete Medizinisch-Psychologische Untersuchung eines Leistungsempfängers zu übernehmen, dem nach einer Trunkenheitsfahrt der Führerschein entzogen wurde. Dies entschied das Sozialgericht Heilbronn.
Im zugrunde liegenden Streitfall verlor der 54jährige Antragsteller aus Bad Friedrichshall nach einer Trunkenheitsfahrt mit 1,52 Promille seinen Führerschein. Seinen Antrag, ihm die Kosten für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - inklusive für eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) und hierzu benötigter Vorbereitungskurse - in Höhe von mehr als 2.400 Euro zumindest darlehenshalber zu übernehmen, lehnte das Jobcenter Landkreis Heilbronn ab.
Antragsteller verweist darauf, Führerschein aufgrund eines "Fehlurteils" der "jungen Amtsrichterin" verloren zu haben
Daraufhin beantragte der Mann vor dem Sozialgericht Heilbronn einstweiligen Rechtsschutz. Er machte geltend, den Führerschein aufgrund eines "Fehlurteils" der "jungen Amtsrichterin" verloren zu haben, weil er den Alkohol nur aufgrund "Unwohlsein" und "Schmerzen" zu sich genommen habe. Wegen seines Rheumas müsse er aber dringend mit eigenem PKW zur ambulanten Kur nach Bad Rappenau fahren (mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauere dies über eine Stunde pro Weg und sei mit längerem, ihm nicht zumutbarem Fußweg verbunden).
Durch Entzug der Fahrerlaubnis entstandene Unkosten sind Folge strafbaren Verhaltens des Leistungsbeziehers
Das Sozialgericht Heilbronn lehnte den Eilantrag jedoch ab. Es handele sich nicht um einen unabweisbaren, vom Hartz IV-Regelsatz umfassten Bedarf. Denn der Entzug der Fahrerlaubnis und die dadurch entstehenden Unkosten, den Führerschein wieder zu erhalten, seien Folge strafbaren Verhaltens. Die Regelleistung solle zwar das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten. Folgekosten von sozialschädlichem Verhalten (wie etwa auch Geldstrafen und Verwarngelder) fielen aber nicht hierunter. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Antragsteller den Führerschein benötige, um wieder einen Job zu finden. Eine konkrete Arbeitsstelle, zu deren Einstellungsvoraussetzungen eine gültige Fahrerlaubnis zähle, habe der Mann jedenfalls nicht nennen können. Ferner sei gar nicht sicher, dass der Antragsteller selbst bei intensivster Vorbereitung die MPU meistere.
Anreise zur ambulanten Kur mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zumutbar
Es sei ihm zudem nicht unzumutbar, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur ambulanten Kur zu fahren. Der von ihm vorgelegte tägliche "Reiseplan" von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr unterscheide sich nicht von den täglichen Zeiten mancher Berufspendler. Im Übrigen sei auch nicht ersichtlich, weshalb der Antragsteller die Kur nicht auch stationär durchführen könne.
Kostenübernahme für Wiederteilung des Führerscheins aus familiären Gründen ist ebenfalls zu verneinen
Das Jobcenter habe schließlich auch nicht aus familiären Gründen die Kosten für die Wiederteilung des Führerscheins zu übernehmen. Denn Einkäufe und außerschulische Aktivitäten der Kinder erledige so mancher Haushalt auch ohne Zuhilfenahme eines Kraftfahrzeugs.
Hinweis zur Rechtslage:
§ 3 Absatz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch [SGB II]:
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit können erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit für die Eingliederung erforderlich sind. [...]
§ 24 Absatz 1 SGB II:
Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 26.09.2014
Quelle: Sozialgericht Heilbronn/ra-online
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