21.11.2024
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Dokument-Nr. 17940

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Sozialgericht Dresden Beschluss25.03.2014

Jobcenter darf Hartz IV-Leistungen nach verweigerter Renten­antrag­stellung in Russland nicht allein wegen Verletzung der Mit­wirkungs­pflichten versagenRussische Spätaussiedler erstreiten "Hartz IV"-Leistungen vor dem Sozialgericht Dresden

Das Jobcenter darf Leistungen nach dem SGB II ("Hartz IV") nicht allein wegen der Verletzung der Mit­wirkungs­pflichten versagen, wenn sich die Antragsteller weigern, einen Rentenantrag in Russland zu stellen. Dies entschied das Sozialgericht Dresden.

Die 62 und 63 Jahre alten verheirateten Antragsteller des zugrunde liegenden Streitfalls kamen 1997 als Spätaussiedler nach Deutschland und sind arbeitslos. Sie besitzen sowohl die deutsche als auch die russische Staats­bür­ger­schaft. Das Jobcenter Sächsische Schweiz-Osterzgebirge forderte die Antragsteller auf, einen Antrag auf Gewährung einer russischen Rente zu stellen. Dem kam der Ehemann nicht nach, da die Beantragung der Rente in Russland sehr kompliziert und kostenaufwändig sei. Die Antragsteller hätten im Übrigen die Entlassung aus der russischen Staats­bür­ger­schaft beantragt. Daraufhin bewilligte das Jobcenter nur die Kosten der Unterkunft und versagte die Gewährung der Regelleistung. Der Ehemann hätte seine vorrangigen Rentenansprüche in Russland nicht beantragt und sei damit seiner Mitwir­kungs­pflicht nicht nachgekommen. Hiergegen wandten sich die Antragsteller vor dem Sozialgericht Dresden im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Versagen von Leistungen ohne weitere Prüfung rechtswidrig

Das Sozialgericht gab dem Antrag der Antragsteller statt und verpflichtete das Jobcenter zur monatlichen Zahlung von weiteren 700 Euro. Zwar müssen Hilfesuchende alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfe­be­dürf­tigkeit ausschöpfen, also z.B. auch eine Rente beantragen. Kommen sie dem nicht nach, kann sich das Jobcenter allenfalls der vom Gesetz vorgesehenen Reakti­o­ns­mög­lich­keiten bedienen. Es hätte entweder die Rente in Russland selbst beantragen oder Sankti­o­ns­mög­lich­keiten und Erstat­tungs­ansprüche prüfen können. Rechtswidrig war es jedoch, die Leistungen ohne weitere Prüfung zu versagen und damit den Antragstellern die Existenz­si­cherung vorzuenthalten. Das Sozialgericht Dresden monierte außerdem, dass auch die Ehefrau von der Versagung betroffen war, obwohl sie sämtliche Mitwirkungspflichten erfüllt hatte.

§ 66 SGB I

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwir­kungs­pflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungs­be­rechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflege­be­dürf­tigkeit, wegen Arbeits­un­fä­higkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwer­bs­fä­higkeit, anerkannten Schädi­gungs­folgen oder wegen Arbeits­lo­sigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwir­kungs­pflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrschein­lichkeit anzunehmen, dass deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermitt­lungs­fä­higkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozia­l­leis­tungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungs­be­rechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwir­kungs­pflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

Quelle: Sozialgericht Dresden/ra-online

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