Dokument-Nr. 13038
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- BSG: Krankenkasse darf Hörgeschädigte nicht auf Versorgung mit unzureichenden Festbetragshörgeräten verweisenBundessozialgericht, Urteil17.12.2009, B 3 KR 20/08 R
- Kein Anspruch auf Kostenübernahme für ein spezielles HörgerätSozialgericht Frankfurt am Main, Urteil30.04.2009, S 13 R 161/07
- Anspruch auf Beihilfe für HörgerätVerwaltungsgericht Koblenz, Urteil04.03.2008, 2 K 226/07.KO
Sozialgericht Detmold Urteil05.10.2011
Krankenkasse muss Kosten für hochwertige Hörgeräteversorgung tragenBei unmöglichem Ausgleich des Hörverlustes mit Vertragsgeräten besteht Anspruch auf Versorgung mit hochwertigen Hörhilfen
Gesetzlich versicherte Schwerhörige haben Anspruch auf technisch hochwertige Versorgung mit Hörhilfen, wenn mit so genannten Vertragsgeräten kein optimaler Ausgleich des Hörverlustes erzielt werden kann. Dies entschied das Sozialgericht Detmold.
Der 45-jährige Versicherte des zugrunde liegenden Falls ist von Kindheit an auf dem rechten Ohr ertaubt. Auf dem linken Ohr liegt eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor. Der Akustiker ließ den Kläger zwei Geräte testen, die zum Vertragspreis der Krankenkasse angeboten wurden. Der Preis pro Gerät betrug 648,40 Euro. Mit diesen war jedoch in geräuschintensiver Umgebung eine Verständigung nicht möglich. Die technisch hochwertigen Geräte, ausgestattet mit 16 Kanälen, einer automatischen Spracherkennung und Störlärmmanagement führten zu einem deutlich besseren Ausgleich des Hörverlustes.
Krankenkasse übernimmt nur Kosten in Höhe des Vertragspreises
Während des laufenden Verfahrens hat sich der Kläger, der trotz geringer Hörreste auf dem rechten Ohr in der Vergangenheit immer nur linksseitig versorgt worden war, von seinem Akustiker ein Hörgerät anpassen lassen, das 1.820 Euro kostete. Die beklagte Krankenkasse war jedoch nur bereit, den Vertragspreis zu zahlen. Sie berief sich darauf, dass der Gesetzgeber für Hörgeräte Festbeträge eingeführt habe, an denen sich die vertraglichen Regelungen mit den Akustikern zu orientieren hätten. Mehrkosten müssten grundsätzlich von dem Versicherten getragen werden.
Versicherte darf durch vereinbarte Versorgungspauschale für alle Schwerhörigkeitsgrade nicht schlechter gestellt werden
Dieser Argumentation folgte das Sozialgericht nicht. Nach sachverständiger Überprüfung durch einen Akustikermeister stand für das Gericht fest, dass der Kläger auf ein hochwertiges Gerät zum Ausgleich des Hörverlustes angewiesen ist. Diese individuellen Verhältnisse sind für den Versorgungsanspruch maßgeblich. Dies gilt sowohl bei Festbeträgen als auch bei Anwendung der Versorgungsverträge. Der Versicherte darf nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass die Krankenkassen mit den Leistungserbringern eine Versorgungspauschale für alle Schwerhörigkeitsgrade vereinbart haben. Wählt der Akustiker – ob bewusst oder unbewusst – Geräte aus, die zwar ohne Eigenanteil erhältlich, aber für den Versicherten ungeeignet sind, verbleibt es bei der Sachleistungsverantwortung der Krankenkasse. Der Akustiker, der für die Krankenkasse die Versorgung durchführt, ist verpflichtet ein Hilfsmittel auszuwählen, das den Hörverlust möglichst weitgehend ausgleicht. Er fungiert als Gehilfe der Kasse, die sich das fehlerhafte Verhalten zurechnen lassen muss. Ist die Krankenkasse der Auffassung, der Akustiker hätte eine günstigere Versorgung anbieten müssen, muss sie sich frühzeitig in die Versorgung einbringen und den Sachverhalt z.B. durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen. Argumentiert sie ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Versicherten, kann sie allenfalls Rückforderungsansprüche gegenüber dem Vertragsakustiker geltend machen.
§ 12 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V)
Wirtschaftlichkeitsgebot (Auszug)
(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.
[...]
§ 36 SGB V Festbeträge für Hilfsmittel
(1) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei sollen unter Berücksichtigung des Hilfsmittelverzeichnisses nach § 139 in ihrer Funktion gleichartige und gleichwertige Mittel in Gruppen zusammengefasst und die Einzelheiten der Versorgung festgelegt werden. Den Spitzenorganisationen der betroffenen Hersteller und Leistungserbringer ist unter Übermittlung der hierfür erforderlichen Informationen innerhalb einer angemessenen Frist vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(2) Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen setzt für die Versorgung mit den nach Absatz 1 bestimmten Hilfsmitteln einheitliche Festbeträge fest. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Die Hersteller und Leistungserbringer sind verpflichtet, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen auf Verlangen die zur Wahrnehmung der Aufgaben nach Satz 1 und nach Absatz 1 Satz 1 und 2 erforderlichen Informationen und Auskünfte, insbesondere auch zu den Abgabepreisen der Hilfsmittel, zu erteilen.
(3) § 35 Abs. 5 und 7 gilt entsprechend.
(4) (weggefallen)
§ 127 SGB V Verträge (Auszug)
(1) Soweit dies zur Gewährleistung einer wirtschaftlichen und in der Qualität gesicherten Versorgung zweckmäßig ist, können die Krankenkassen, ihre Landesverbände oder Arbeitsgemeinschaften im Wege der Ausschreibung Verträge mit Leistungserbringern oder zu diesem Zweck gebildeten Zusammenschlüssen der Leistungserbringer über die Lieferung einer bestimmten Menge von Hilfsmitteln, die Durchführung einer bestimmten Anzahl von Versorgungen oder die Versorgung für einen bestimmten Zeitraum schließen.
[...]
(4) Für Hilfsmittel, für die ein Festbetrag festgesetzt wurde, können in den Verträgen nach den Absätzen 1, 2 und 3 Preise höchstens bis zur Höhe des Festbetrags vereinbart werden.
[...]
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.02.2012
Quelle: Sozialgericht Detmold/ra-online
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