21.11.2024
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Sozialgericht Detmold Urteil05.12.2019

Quer­schnitts­gelähmte hat Anspruch auf die Kostenübernahme für behinderten­gerechtes FahrzeugAnschaffung des Kfz zur Erreichung der Teilhabe an der Gesellschaft geeignet

Das Sozialgericht Detmold hat entschieden, dass eine quersch­nitts­gelähmte Frau Anspruch auf die Übernahme der Kosten für ein behinderten­gerechtes Fahrzeug hat.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Falls, eine querschnitts­ge­lähmte Mutter von zwei Kindern beantragte die Übernahme der Kosten für ein behin­der­ten­ge­rechtes Fahrzeug durch den Landschafts­verband Westfalen-Lippe. Dieser lehnte einen entsprechenden Antrag jedoch ab, da die Frau nicht auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen sei. Kosten für die Fahrten zum Arzt und zu Therapien müsse die Krankenkasse übernehmen und die übrigen Fahrten könnten durch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und den Behin­der­ten­fahr­dienst abgedeckt werden.

SG: Voraussetzungen für Bezug der Einglie­de­rungshilfe erfüllt

Das sah das Sozialgericht Detmold anders und verurteilt den Landschafts­verband zur Übernahme der Kosten für ein gebrauchtes Fahrzeug und des damit verbundenen behin­der­ten­ge­rechten Umbaus. Die Klägerin erfülle grundsätzlich die Voraussetzungen für den Bezug der Einglie­de­rungshilfe, denn sie sei aufgrund ihrer körperlichen Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit an der Gesellschaft teilzuhaben eingeschränkt. Nach Sinn und Zweck der Einglie­de­rungshilfe, zu der auch die Anschaffung eines Kraftfahrzeugs in angemessenem Umfang gehört, reicht es nämlich insgesamt aus, wenn hierdurch die Begegnung und der Umgang mit anderen Menschen im Sinne einer angemessenen Lebensführung gefördert wird.

Anschaffung des Kfz zur Erreichung von Einglie­de­rungsziels geeignet

Nach Auffassung des Gerichts war die Anschaffung des Kfz zur Erreichung dieses Einglie­de­rungsziels geeignet und auch unentbehrlich. Es müsse hierbei nämlich nach der Rechtsprechung des Bundes­so­zi­al­ge­richts kein objektiver sondern ein subjektiver Maßstab angelegt werden. In welchem Maße und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gesellschaft teilnehme, sei abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berück­sich­tigung seiner Wünsche. Hier hatte die Klägerin überzeugend dargelegt, dass sie sich unter anderem mit einer Freundin treffen oder ins Kino gehen wolle, wofür sie ein Kfz benötigt. Zusätzlich sei der Fahrbedarf für gemeinsame Freizeit­ak­ti­vitäten oder Schulfahrten zu berücksichtigen, der sich durch ihre beiden Kinder ergebe. Behinderte Eltern hätten einen Anspruch darauf, dass sie im Rahmen der Einglie­de­rungshilfe auch Unterstützung bei der Pflege und Erziehung ihrer Kinder erhielten, wenn dies aufgrund ihrer Behinderung erforderlich sei, so das Gericht.

Nutzung des öffentlichen Perso­nen­nah­verkehrs am Wohnort nicht möglich

Allerdings wäre die Anschaffung eines Kfz dann entbehrlich, wenn die Eingliederungs-bzw. Teilhabeziele mit dem öffentlichen Personenverkehr und gegebenenfalls unter ergänzender Inanspruchnahme des Behin­der­ten­fahr­dienstes zumutbar verwirklicht werden könnten. Auf diese Trans­port­mög­lich­keiten konnte die Klägerin nach Auffassung des Gerichts jedoch nicht verwiesen werden, da ein öffentlicher Perso­nen­nah­verkehr am Wohnort nur in Form eines sogenannten Taxibusses existiert, der nicht barrierefrei sei und daher schon aus diesem Grund nicht von ihr benutzt werden könne. Dazu komme das Problem, dass sich der Rollstuhl auf den sie angewiesen sei, damit nicht transportieren lasse. Eine Verweisung auf den Behin­der­ten­fahr­dienst kommt ebenfalls nicht in Betracht. Zum einen decke das vom Kreis pro Person zur Verfügung gestellte monatliche Budget von 100 Euro nicht den Fahrbedarf der Klägerin, da sie das Fahrzeug jeden Tag z.B. für Schulfahrten benötige. Darüber hinaus müssten Fahrten mit dem Behin­der­ten­fahr­dienst immer frühzeitig angemeldet und feste Urzeiten vereinbart werden. Gerade im Hinblick auf ihre Kinder sei sie nachvollziehbar auf eine gewisse Flexibilität angewiesen.

Quelle: Sozialgericht Detmold/ra-online (pm/kg)

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