21.11.2024
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Dokument-Nr. 13889

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Sozialgericht Chemnitz Urteil06.10.2011

Hartz IV: Vergessener Termin beim Jobcenter muss nicht Leistungs­kürzung zur Folge habenVergesslichkeit einer jungen Mutter bleibt ohne Folgen

Einer jungen Mutter, die versehentlich einen Tag zu spät zu einem Termin beim Jobcenter erscheint, um - wie verlangt - das Ende ihrer Elternzeit mitzuteilen, darf nicht die Regelleistung wegen Verstoßes gegen die Meldepflicht gekürzt werden. Dies entschied das Sozialgericht Chemnitz und erklärte die Verhängung der Sanktion insgesamt für unver­hält­nismäßig, da ein schwerwiegendes Fehlverhalten der Mutter nicht vorlag.

Im zugrunde liegenden Fall hatte das Jobcenter eine junge Mutter aus Plauen während deren Elternzeit zur Vorsprache am 24. November 2010 eingeladen. Es wollte klären, wann die Elternzeit der Frau endet. Obwohl die Klägerin den Einladungsbrief gelesen und ihn mit einem Magneten an den Kühlschrank geheftet hatte, erschien sie erst am 25. November 2010 beim Jobcenter. Sie hatte sich schlicht den falschen Tag gemerkt. Ihrem Arbeits­ver­mittler konnte sie dann trotzdem die geforderte Auskunft erteilen. Das Jobcenter kürzte nun die Regelleistung der Klägerin wegen Verstoßes gegen die Meldepflicht um 10 % für drei Monate. Die damalige Regelleistung für Lebenspartner in einer Bedarfs­ge­mein­schaft betrug 323 Euro, mithin belief sich die Kürzung auf dreimal 32,30 Euro.

Unterschreitung der Regelgrenze ist grundsätzlich nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten gerechtfertigt

Auf die Klage der jungen Mutter hob das Sozialgericht Chemnitz die Leistungskürzung auf. Das Gericht sah die Verhängung der Sanktion insgesamt nicht als verhältnismäßig an. Der Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit ist Ausfluss des Rechts­s­taats­prinzips und der Grundrechte. Ein Eingriff in die Rechte des Bürgers darf nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Die Kürzung der Regelleistung stellt einen erheblichen Eingriff dar. Die Regelleistung ist Untergrenze dessen, was notwendig ist, um ein menschen­würdiges Dasein zu sichern. Eine Unterschreitung ist daher grundsätzlich nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten gerechtfertigt. Ein solches lag nicht vor.

Ende der Elternzeit hätte auch telefonisch oder schriftlich erfragt werden können

Nach Ansicht des Gerichts hat ein Versagen vorgelegen, wie es jedem trotz entsprechender Vorkehrungen einmal passieren kann. Zu berücksichtigen war auch, dass negative Folgen für die behördliche Arbeit und den mit der Meldepflicht verfolgten Zweck nicht eingetreten sind. Das geplante Ende der Elternzeit ist am nächsten Tag mitgeteilt worden und hätte zudem telefonisch oder schriftlich erfragt werden können.

Quelle: Sozialgericht Chemnitz/ra-online

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