23.11.2024
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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil18.12.2013

3-monatige Kürzung von Hartz IV um 10 % wegen Versäumnis eines Termins zulässig und nicht verfas­sungs­widrigLeistungs­kürzung soll stetes Bemühen um Arbeitssuche fördern

Versäumt der Empfänger von Arbeits­lo­sengeld II (Hartz IV) einen Termin beim Jobcenter, so zieht dies zwangsläufig eine Leistungs­kürzung um 10 % für drei Monate nach sich (§ 32 SGB II). Diese maßvolle Kürzung dient dazu, den Leistungs­emp­fänger dazu anzuhalten, eine Arbeit zu finden. Die Regelung ist aus diesem Grund auch nicht unver­hält­nismäßig und damit auch nicht verfas­sungs­widrig. Dies hat das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Empfänger von ALG II, also Hartz IV, sollte im November 2011 an einem Gespräch über seine berufliche Situation bei seinem zuständigen Jobcenter teilnehmen. Da sich der Leistungs­emp­fänger nach eigenen Angaben aber im Wochentag irrte, erschien er zu dem Meldetermin nicht. Das Jobcenter kürzte daraufhin für drei Monate seine Leistung um 10 %. Nachdem der gegen diese Entscheidung eingelegte Widerspruch erfolglos blieb, erhob der Leistungs­emp­fänger Klage.

Sozialgericht gab Klage statt

Das Sozialgericht Oldenburg gab der Klage statt. Seiner Ansicht nach dürfe ein einmaliges Versäumnis eines Meldetermins nicht zu einer Kürzung der Leistung führen. Dies sei angesichts des existenz­si­chernden Charakters des ALG II unver­hält­nismäßig. Aus diesem Grund äußerte das Gericht mit Hinweis auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Chemnitz (Urt. v. 06.10.2011 - S 21 AS 2853/11) auch Bedenken, ob die Vorschrift des § 32 SGB II überhaupt verfassungsgemäß sei. Gegen die Entscheidung legte das Jobcenter Berufung ein.

Landes­so­zi­al­gericht hielt Leistungs­kürzung für rechtmäßig

Das Landes­so­zi­al­gericht entschied zu Gunsten des Jobcenters und hob daher die erstin­sta­nzliche Entscheidung auf. Zur Begründung führte es aus, dass sich nach § 32 SGB II das ALG II jeweils um 10 % des maßgeblichen Regelbedarfs mindert, wenn der Leistungs­emp­fänger trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung zur Meldung ohne wichtigen Grund nicht nachkommt. Diese sei hier der Fall gewesen.

Kein Vorliegen eines wichtigen Grunds für Versäumnis

Der Kläger habe keinen wichtigen Grund für das Versäumnis angegeben, so das Landes­so­zi­al­gericht weiter. Allein der Umstand, dass er sich im Wochentag geirrt und daher den Tag zur Meldung übersehen habe, stelle keinen wichtigen Grund dar. Ein solcher liege vielmehr bei unauf­schiebbaren oder unvor­her­sehbaren Verpflichtungen im familiären oder persönlichen Bereich vor.

Regelung des § 32 SGB II nicht wegen Unver­hält­nis­mä­ßigkeit verfas­sungs­widrig

Das Landes­so­zi­al­gericht teilte zudem nicht die Einschätzung der Vorinstanz und des Sozialgerichts Chemnitz hinsichtlich der Verfas­sungs­wid­rigkeit des § 32 SGB II wegen seiner Unver­hält­nis­mä­ßigkeit. Seiner Auffassung nach müsse berücksichtigt werden, dass es zur Pflicht eines Leistungs­emp­fängers gehört, alles in seiner Macht stehende zu tun, um unabhängig von den staatlichen Trans­fer­leis­tungen zu leben. Auf diese Pflicht ziele die Vorschrift des § 32 SGB II. Zwar sei es richtig, dass die Erfüllung der Meldepflicht den Betroffenen nicht gleich einen Arbeitsplatz verschafft. Doch das Bemühen dazu solle durch die Ordnungs­vor­schrift gefördert werden und habe darüber hinaus bei massenhafter Arbeits­lo­sigkeit und Leistungsbezug ihren Sinn.

Kürzung stellt keinen verfas­sungs­widrigen Eingriff in Existenzminimum dar

Ebenso folgte das Landes­so­zi­al­gericht nicht der Annahme, eine Kürzung der Leistung stelle stets einen verfas­sungs­widrigen Eingriff in das Existenzminimum dar. Eine solche Annahme gehe aus seiner Sicht von dem irrigen Ansatz aus, die Regelleistung sei das zum Lebensunterhalt Unerlässliche. Sie berücksichtige zudem nicht, dass ausgehend von einem freien, selbst­be­stimmten Individuum staatliche Unter­stüt­zungs­leis­tungen nicht voraus­set­zungslos gewährt werden.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, ra-online (vt/rb)

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