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Dokument-Nr. 30041

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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss21.03.2021

Eilverfahren auf staatliche Hilfe zum Suizid erfolglosKeine Klärung schwieriger Rechtsfragen im Eilverfahren

Schwerkranke Menschen haben keinen Anspruch darauf, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Eilverfahren dazu verpflichtet wird, ihnen eine Erlaubnis zum Erwerb eines Betäu­bungs­mittels zur Selbsttötung zu erteilen. Dies entschied das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der 58-jährige Antragsteller aus Meißen, der an Chorea Huntington sowie chronischer Leukämie leidet, hatte beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte mit Sitz in Bonn beantragt, ihm eine Erlaubnis zum Erwerb von Natrium-Pentobarbital zum Zweck der Selbsttötung zu erteilen. Er berief sich auf sein allgemeines Persön­lich­keitsrecht, das nach der neueren Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts auch das Recht auf ein selbst­be­stimmtes Sterben einschließe. Das Verwal­tungs­gericht Köln entschied zu seinen Lasten. Die dagegen gerichtete Beschwerde hat das Oberver­wal­tungs­gericht nun zurückgewiesen.

Sorgfältige Überprüfung des freien Willens zur Selbsttötung im Eilverfahren nicht gegeben

Würde im Eilverfahren zugunsten des Antragstellers entschieden, könnten die Folgen beim Umsetzen des Sterbewunsches nicht mehr rückgängig gemacht werden. Die hohen Anforderungen an eine solche Vorwegnahme der Hauptsache seien nicht erfüllt. Es lägen schon keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Antragsteller sich frei für den Suizid entschieden habe. Angesichts der betroffenen hochrangigen Rechtsgüter und zur Verhinderung von Missbrauch sei - auch ohne eine bisher nicht erfolgte gesetzliche Regelung - eine besonders sorgfältige Überprüfung des autonomen Willens zur Selbsttötung geboten. Ob dafür stets ein psychiatrisches Sachver­stän­di­gen­gut­achten erforderlich ist, hat der Senat offen gelassen. Eine zuverlässige und umfassende Prüfung, ob der Sterbewunsch unbeeinflusst von einer psychischen Erkrankung, ohne Einflussnahme von Dritten und nach einer sorgfältigen Abwägung des Für und Wider entstanden sei, sei jedenfalls anhand der lediglich eigenen Erklärungen des Antragstellers nicht möglich.

Schwierige Rechtsfragen nicht im Eilverfahren zu klären

Außerdem sei derzeit nach den im letzten Jahr ergangenen Entscheidungen des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts völlig offen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Zugang zu einem tödlichen Betäubungsmittel gegenüber dem Staat bestehe. Insoweit stellten sich schwierige Rechtsfragen, die nicht im Eilverfahren geklärt werden könnten. Dem Antragsteller sei es auch zuzumuten, auf eine Entscheidung in der Hauptsache zu warten. Er leide zwar an einer schweren Erkrankung, befindet sich aber deshalb nicht in einer extremen Notlage. Sein Krank­heits­zustand sei nach seinem Vortrag nicht mit derart gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden, die zu einem unerträglichen Leidensdruck führten und nicht ausreichend gelindert werden könnten.

Verbesserung nach Nichti­g­er­klärung des Verbots der geschäfts­mäßigen Beihilfe zur Selbsttötung

Außerdem habe sich nach der Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 10. Dezember 2020 die Möglichkeit Suizidwilliger, ihren Wunsch nach einem selbst­be­stimmten Lebensende zu verwirklichen, infolge der Nichti­g­er­klärung des Verbots der geschäfts­mäßigen Beihilfe zur Selbsttötung (§ 217 StGB) wesentlich verbessert. Suizidwilligen ist es danach vorerst zumutbar, nach Alternativen, also nach medizinisch kundigen Suizid­bei­helfern und verschrei­bungs­willigen und -berechtigten Personen, zu suchen. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ab)

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