21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 30256

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Beschluss10.05.2021Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen9 A 1489/20.A , 9 A 570/20.A
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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss10.05.2021

Kein Flücht­lings­status für irakische JesidenOVG Nordrhein-Westfalen gibt zwei Berufungen des BAMF statt

Jesiden aus dem Distrikt Sindjar im Irak haben keinen generellen Anspruch auf eine Flüchtlings­anerkennung, weil ihnen derzeit keine Verfolgung als Gruppe durch den Islamischen Staat (IS) mehr droht. Dies hat das Ober­verwaltungs­gericht in zwei Asylverfahren grundsätzlich geklärt und anderslautende Urteile des Verwal­tungs­ge­richts Düsseldorf aufgehoben. Die Rechtsprechung der nordrhein-westfälischen Verwal­tungs­ge­richte war in dieser Frage, die sich in einer Vielzahl von Fällen stellt, bisher uneinheitlich.

Geklagt hatten in den Asylverfahren eine 19-jährige Jesidin aus dem Irak, die derzeit in Solingen lebt, und ein alleinstehender 23-jähriger Mann aus Mülheim. Das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf hatte entschieden, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ihnen wegen einer Verfolgung der Gruppe der Jesiden im Sindjar (Provinz Ninive) durch den IS die Flücht­lings­ei­gen­schaft zuerkennen muss. Dagegen richteten sich die vom Oberver­wal­tungs­gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufungen des BAMF, die nun Erfolg hatten.

Keine menschen­rechts­widrige Situation in Kurdistan

Nach Auffassung des VG ist eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit der Kläger zur Gruppe der Jesiden ist nicht anzunehmen. Sie sind zwar 2014 vor einer drohenden Verfolgung wegen ihrer Religion durch den IS aus ihrer Heimat geflohen. Derzeit sprechen allerdings stichhaltige Gründe gegen eine erneute Verfolgung der Glaubens­ge­mein­schaft der Jesiden im Sindjar durch den IS. Die tatsächlichen Verhältnisse im Irak und auch die Sicherheitslage im Distrikt Sindjar haben sich maßgeblich verändert. Der militärisch besiegte IS ist zwar als terroristische Organisation weiterhin aktiv, aber nicht in einem Ausmaß, dass jedem Angehörigen der Gruppe der Jesiden im Sindjar aktuell die Gefahr von Verfol­gungs­maß­nahmen droht.

Kein Anspruch auf subsidiären Schutzstatus

Individuelle Verfol­gungs­gründe hatten die Kläger nicht geltend gemacht. Sie können auch nicht den subsidiären Schutzstatus beanspruchen. Der Senat hat insbesondere eine Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines inner­staat­lichen bewaffneten Konflikts im Distrikt Sindjar verneint. Die Sicherheitslage ist nicht so einzuschätzen, dass praktisch jede Zivilperson in dem Gebiet in Gefahr ist, Opfer eines Gewaltakts zu werden.

Anspruch auf Abschie­bungs­schutz wegen sonstiger Gefahren nach Einzelfall zu entscheiden

Ob Jesiden aus dem Sindjar wegen sonstiger Gefahren nationalen Abschie­bungs­schutz beanspruchen können, lässt sich nicht generell, sondern nur anhand der Umstände in jedem Einzelfall beantworten. Während die 19-Jährige bereits vom BAMF nationalen Abschie­bungs­schutz zugesprochen bekommen hatte, hat das Oberver­wal­tungs­gericht diesen dem Kläger versagt. Die humanitäre Situation ist jedenfalls in der Autonomen Region Kurdistan im Norden des Irak nicht menschen­rechts­widrig, wo der 23-Jährige Schutz finden könnte. Ob der vor dem Oberver­wal­tungs­gericht erfolglose Kläger tatsächlich in den Irak abgeschoben wird, entscheidet die örtliche Auslän­der­behörde.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/aw)

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