15.11.2024
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Dokument-Nr. 28809

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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss05.06.2020

Pflicht zur häuslichen Quarantäne für Auslands­rü­ck­kehrer außer Vollzug gesetztHäuslichen Quarantäne für aus Drittstaaten einreisenden Personen nicht (mehr) notwendige Schutzmaßnahme

Das Ober­verwaltungs­gericht hat mit Eilbeschluss wesentliche Teile der nordrhein-westfälischen Verordnung zum Schutz vor Neuin­fi­zie­rungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in Bezug auf Ein- und Rückreisende (Corona­einreise­verordnung) vorläufig außer Vollzug gesetzt.

Die Coronaeinreiseverordnung bestimmt, dass Personen, die mehr als 72 Stunden im Ausland (ausgenommen die Mitgliedstaaten der EU, Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz sowie Großbritannien und Nordirland) waren und dann nach Nordrhein-Westfalen einreisen, sich auf direktem Weg in die eigene Häuslichkeit begeben müssen und diese 14 Tage nicht verlassen dürfen. Sie dürfen in diesem Zeitraum keinen Besuch von Personen empfangen, die nicht zum Hausstand des Aufenthaltsorts gehören. Zudem müssen sie sich unverzüglich beim zuständigen Gesundheitsamt melden.

Antragsteller wandte sich gegen Verpflichtung zur häuslichen Quarantänegegen

Die aus Köln stammenden Antragsteller haben sich mit einem Eilantrag gegen die Verpflichtung zur "häuslichen Quarantäne" gewandt und geltend gemacht, bei der derzeitigen Datenlage sei es nicht mehr gerechtfertigt, grundsätzlich alle aus sogenannten Drittländern Einreisende unter Quarantäne zu stellen. Sie befinden sich seit Anfang März 2020 gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern in Thailand, um dort ihren Familienurlaub zu verbringen. Nachdem die Heimreise wegen der Corona-Pandemie bisher unterblieben war, beabsichtigten sie nunmehr die Rückkehr nach Deutschland.

Abson­de­rungs­re­ge­lungen setzen mindestens einen Anste­ckungs­verdacht voraus

Der Senat hat dem Antrag entsprochen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die angegriffenen Regelungen nach der Prüfung im Eilverfahren voraussichtlich rechtswidrig seien. Es sei bereits zweifelhaft, ob diese auf die infek­ti­o­ns­schutz­rechtliche Generalklausel gestützt werden könnten, um so auch Einreisende, von denen keine Gefahr ausgehe, unter Quarantäne zu stellen. Dieser Vorgehensweise stehe voraussichtlich entgegen, dass das Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz speziellere Abson­de­rungs­re­ge­lungen enthalte, die mindestens einen Anste­ckungs­verdacht bei dem Betroffenen voraussetzten. Davon, dass ein solcher bei allen aus Drittländern Einreisenden gegeben sei, gehe offenbar auch der Verord­nungsgeber nicht aus. Aber auch wenn angenommen würde, dass ein Rückgriff auf die Generalklausel möglich wäre, sei die Maßnahme voraussichtlich nicht rechtmäßig.

Verord­nungsgeber ist gehalten differenzierte Regelung zu erlassen

Da es auch außerhalb Europas eine Reihe von Staaten gebe, in denen das Infek­ti­o­ns­risiko derzeit erkennbar nur noch gering oder jedenfalls nicht höher als in der Bundesrepublik sei, handele es ich bei der Anordnung einer "häuslichen Quarantäne" für alle aus Drittstaaten einreisenden Personen nicht (mehr) um eine notwendige Schutzmaßnahme. Der Verord­nungsgeber sei gehalten, dem tatsächlichen Infek­ti­o­ns­ge­schehen Rechnung zu tragen und eine diffe­ren­ziertere Regelung zu erlassen. Insoweit bleibe es dem Antragsgegner jedenfalls unbenommen, auf der Grundlage nachvoll­ziehbarer Erkenntnisse Risikogebiete auszuweisen, bei denen die Verhängung einer Quarantäne gerechtfertigt sei. Überdies dürfte es nicht ausgeschlossen sein, wenn er aus Drittländern Einreisende verpflichte, sich unverzüglich bei den jeweils zuständigen Infek­ti­o­ns­schutz­be­hörden zu melden, um dann möglicherweise weitere Infek­ti­o­ns­schutz­maß­nahmen einzuleiten.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, ra-online (pm/ku)

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