21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Münster Urteil02.05.2023

Fahrten­buch­auflage wegen unzureichender Ermittlungs­maßnahmen der Bußgeldbehörde rechtswidrigVerfügung einer Fahrten­buch­auflage erst bei erfolgloser oder unzumutbarer Täter­fest­stellung zulässig

Im Streit um eine Fahrten­buch­auflage hat das Ober­verwaltungs­gericht für das Land Nordrhein-Westfalen der Klage einer Fahrzeug­halterin aus dem Rhein-Erft-Kreis in zweiter Instanz stattgegeben.

Mit dem Pkw der Klägerin wurde die zulässige Höchst­ge­schwin­digkeit von 50 km/h innerorts um 26 km/h überschritten. Diese Ordnungswidrigkeit wird regelmäßig mit einem Bußgeld in Höhe von 180 Euro, einem Punkt im Fahreig­nungs­re­gister sowie im Wieder­ho­lungsfall einem Monat Fahrverbot geahndet. Auf dem Radarfoto ist ein junger Mann als Fahrer gut zu erkennen. Die schriftlich als Zeugin befragte Klägerin berief sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht. Nachdem der Außendienst der beklagten Straßen­ver­kehrs­behörde (Rhein-Erft-Kreis) die Klägerin an ihrem Wohnort nicht angetroffen hatte, wurde das Bußgeld­ver­fahren eingestellt. Daraufhin verpflichtete der Rhein-Erft-Kreis die Klägerin, für die Dauer von zwölf Monaten ein Fahrtenbuch zu führen. Im hiergegen eingeleiteten Klageverfahren machte die Klägerin geltend, der Fahrer sei ihr in ihrem Haushalt lebender Sohn gewesen. Über eine Auskunft der Meldebehörde und einen Abgleich des Tatbildes etwa mit dessen Perso­na­l­aus­weisfoto wäre es ohne weiteres möglich gewesen, ihn als Fahrer zu identifizieren. Das Verwal­tungs­gericht hat die Klage abgewiesen.

Kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen unzumutbar

Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberver­wal­tungs­gericht die Fahrtenbuchauflage aufgehoben. Eine Fahrten­buch­auflage kommt nach der maßgeblichen gesetzlichen Vorschrift nur dann in Betracht, wenn die Täter­fest­stellung nach einem Verkehrsverstoß unmöglich gewesen ist. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts ist es der Behörde regelmäßig nicht zuzumuten, wahllos zeitraubende, kaum Aussicht auf Erfolg bietende Ermittlungen zu betreiben, wenn der Fahrzeughalter die Mitwirkung an der Ermittlung der für den Verkehrsverstoß verant­wort­lichen Person ablehnt und auch sonst keine konkreten Ermitt­lungs­ansätze vorliegen. Naheliegenden und wenig aufwendigen Ermitt­lungs­an­sätzen muss die Behörde danach aber nachgehen.

Täter hätte hier ohne nennenswerten Aufwand ermittelt werden können

Dem ist die Bußgeldbehörde hier nicht gerecht geworden. Ihr lag ein klares Tatfoto vor. Dass die Klägerin sich auf ein Zeugnis­ver­wei­ge­rungsrecht berief, sprach außerdem für einen Täter aus dem Familienkreis. Daher hätte es nahegelegen, zumindest bei der Meldebehörde zu erfragen, ob Familien­an­ge­hörige unter derselben Anschrift wie die Klägerin wohnen, die nach Geschlecht und Alter als Fahrer in Betracht kommen. Auf Grundlage dieser Information hätten dann womöglich deren Lichtbilder aus dem Perso­na­l­aus­weis­re­gister für einen Fotoabgleich angefordert werden können. Dies wäre ohne nennenswerten Aufwand möglich gewesen, ist in Verfahren dieser Art regelmäßig üblich und hätte im konkreten Fall zu einem Tatverdacht gegen den Sohn der Klägerin geführt. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen kann Beschwerde eingelegt werden, über die das Bundes­ver­wal­tungs­gericht entscheidet.

Quelle: Oberverwaltungsgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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