21.11.2024
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Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss16.03.2021

Pflegekammer Niedersachsen muss Stellungnahme zu ihrer Abschaffung in Verbands­be­tei­ligung zurückziehenOVG untersagt weitere Veröf­fent­lichung und Verbreitung der Stellungnahme

Das Nieder­säch­sischen Obe­rverwaltungs­gerichts hat entschieden, dass die Pflegekammer Niedersachsen ihre Stellungnahme im Rahmen der Anhörung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Auflösung der Pflegekammer Niedersachsen vom 25. November 2020 zurückziehen und die Veröf­fent­lichung und Verbreitung dieser Stellungnahme unterlassen muss .

Die Nieder­säch­sische Landesregierung verfolgt gegenwärtig die Absicht, die Pflegekammer Niedersachsen aufzulösen. Nach Erarbeitung eines Gesetzentwurfs führte das Nieder­säch­sische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung eine Verbands­be­tei­ligung durch. Die Pflegekammer gab eine Stellungnahme ab, in der sie sich für ihren Erhalt aussprach und Rechts­aus­füh­rungen machte. Diese Stellungnahme stellte sie auch auf ihrer Internetseite ein. Die Antragstellerin, ein Mitglied der Pflegekammer, stellte daraufhin einen Eilantrag beim Verwal­tungs­gericht Hannover, die Pflegekammer Niedersachsen zu verpflichten, die Stellungnahme zurückzuziehen und ihre Veröffentlichung und Verbreitung zu unterlassen. Dem Antrag gab das Verwal­tungs­gericht mit Beschluss vom 4. Januar 2021 mit der Begründung statt, die Stellungnahme sei durch eine einseitige Darstellung und das Ausblenden von Gegenpositionen geprägt und stehe im Widerspruch zu den Maßstäben, die für Äußerungen von öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Pflicht­mit­glied­schaft gelten.

Gerichtlicher Rechtsschutz nicht ausgeschlossen

Das Oberver­wal­tungs­ge­richts hat die Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richts bestätigt. Dass es sich um eine Stellungnahme in einer Verbands­be­tei­ligung handle, schließe gerichtlichen Rechtsschutz nicht aus. Zwar bestehe ein öffentliches Interesse an einer unbeein­träch­tigten Information des Ministeriums. Es überwiege aber das Interesse der Antragstellerin, Kompe­tenz­über­schrei­tungen durch die Pflegekammer, deren Pflichtmitglied sie sei, abzuwehren. Der Pflegekammer werde eine Äußerung gegenüber dem Ministerium nicht unmöglich gemacht. Eine abwägende, die Gegenposition berück­sich­tigende Stellungnahme bleibe möglich. Zudem müsse eine gerichtliche Prüfung ohnedies erfolgen, weil sich die Pflegekammer mit der Verbreitung über das Internet auch an die Öffentlichkeit gewandt habe.

Bei besonders umstrittenen Themen müssen auch Minder­hei­ten­po­sition dargestellt werden

Äußerungen der Pflegekammer müssten bei besonders umstrittenen Themen auch die Minder­hei­ten­po­sition darstellen. Zu verlautbaren sei das abwägend gebildete Gesamtinteresse der Kammer­mit­glieder. Diese Maßstäbe gälten auch dann, wenn es sich um eine Stellungnahme der Pflegekammer zu ihrer eigenen Auflösung gegenüber dem Ministerium handle. Art. 57 Abs. 1 Nieder­säch­sische Verfassung garantiere zwar auch der Pflegekammer ein Recht auf Selbst­ver­waltung. Deswegen müsse sie im Rahmen ihrer Auflösung durch den Gesetzgeber angehört werden. In dieser Anhörung sei aber das Gesamtinteresse der Mitglieder darzustellen und nicht etwa ein davon zu unter­schei­dendes Existen­z­in­teressse der Kammer „als solcher“. Zudem handle es sich bei der Verbands­be­tei­ligung durch das Ministerium noch nicht um die verfas­sungs­rechtlich geforderte Anhörung, diese erfolge gesondert durch den Nieder­säch­sischen Landtag.

Fehlen der Gegenpositionen führt zur Unzulässigkeit des gesamten Inhalts der Stellungnahme

Der Fortbestand der Antragsgegnerin sei, wie der Senat bereits festgestellt habe, eine unter den Mitgliedern besonders umstrittene Frage. Deswegen hätte die Gegenposition Berück­sich­tigung finden müssen. Ihr Fehlen führe zur Unzulässigkeit des gesamten Inhalts der Stellungnahme. Außerdem liege ein Verfah­rens­mangel vor, weil die Stellungnahme sich nicht auf eine vorab zumindest in den Grundzügen von der Kammer­ver­sammlung beschlossene Positionierung habe stützen können. Soweit die Pflegekammer vortrage, dazu sei sie mangels ausreichender Kenntnis dieser Position nicht imstande, könne zumindest die Gegenposition als solche dargestellt werden. Eine nachträgliche Genehmigung der Stellungnahme durch die Kammer­ver­sammlung reiche nicht aus. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Quelle: Oberlerwaltungsgericht Lüneburg, ra-online (pm/ab)

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