18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 14142

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Oberlandesgericht Schleswig-Holstein Beschluss05.09.2012

Zinssatz von 48 Prozent – Grundbuchamt verweigert zurecht Eintragung der GrundschuldGrundbuchamt muss Grundschulden mit Zinssatz in sittenwidriger Höhe nicht ins Grundbuch eintragen

Eine Grundschuld mit einem Zinssatz von 48 Prozent ist sittenwidrig und darf nicht ins Grundbuch eingetragen werden. Das Grundbuchamt muss Grundschulden mit einem Zinssatz in sittenwidriger Höhe somit nicht in das Grundbuch eintragen. Dies entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht.

Im zugrunde liegenden Streitfall schloss das gewerbliche Pfand­lei­hun­ter­nehmen aus Hannover im September 2011 mit dem Eigentümer eines Grundstücks in Hohwacht einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 10.000 Euro. Vereinbart waren Zinsen von 1 % pro Monat (12 % pro Jahr) und "Gebühren" von 3 % pro Monat (36 % pro Jahr). Als Sicherheit sollte der Eigentümer eine Grundschuld an seinem Grundstück über 15.000 Euro zuzüglich 48 % Zinsen pro Jahr bestellen und sich der sofortigen Zwangs­voll­streckung in sein Grundeigentum unterwerfen. Vor Abschluss des Darle­hens­vertrags hatte der Grund­s­tücks­ei­gentümer bereits bei einem Notar eine entsprechende Urkunde errichten lassen. Die Grundschuld musste zu ihrer Wirksamkeit noch im Grundbuch eingetragen werden. Das Grundbuchamt beim Amtsgericht Plön wies die Beteiligten darauf hin, dass es den vereinbarten Zinssatz als sittenwidrig ansehe und legte den Beteiligten u.a. nahe, den Eintra­gungs­antrag zurückzunehmen. Gegen diese schriftliche Verfügung des Grundbuchamtes legte das Pfand­lei­hun­ter­nehmen Beschwerde ein. Es berief sich darauf, dass für seinen Geschäftszweig die verlangten Zinsen und Gebühren angemessen seien.

Gericht beanstandet besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung

Das Grundbuchamt hat zu Recht ein Eintra­gungs­hin­dernis im Grundbuch gesehen, entschied das Schleswig-Holsteinische Oberlan­des­gericht. Die Einigung zur Bestellung der Grundschuld ist unwirksam, weil Zinsen in sittenwidriger Höhe vereinbart worden sind. Es besteht ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. In der derzeitigen Niedrig­zin­sphase sind für einen durch Grundpfandrecht (Grundschuld oder Hypothek) gesicherten Kredit Zinsen in der Größenordnung von allenfalls 5 % pro Jahr üblich, jedenfalls aber von weit unter 10 % pro Jahr. Grund­schuld­zinsen werden erfahrungsgemäß gewöhnlich im unteren zweistelligen Bereich, nämlich mit etwa 15 % eingetragen. Die Grund­schuld­zinsen, deren Eintragung hier in Höhe der im Darle­hens­vertrag vereinbarten Zinsen von 48 % pro Jahr verlangt wird, liegen weit oberhalb des üblichen Zinssatzes.

Hier erfolgte Kreditvergabe stellt keine Pfandleihe dar

Das Pfand­lei­hun­ter­nehmen kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Zinssatz von 48 % pro Jahr der Regelung in § 10 der Verordnung über den Geschäfts­betrieb der gewerblichen Pfandleiher (Pfand­leih­ver­ordnung) entspreche, wonach der Pfandleiher neben monatlichen Zinsen von 1 % pro Monat auch ein weiteres Entgelt für die Kosten seines Geschäfts­be­triebes fordern darf. Denn die hier erfolgte Kreditvergabe stellt keine Pfandleihe dar. Bei der Pfandleihe wird gewerbsmäßig ein Darlehen gewährt gegen Verpfändung beweglicher Sachen als Faustpfand. In der Regel handelt es sich um Gebrauchs­ge­gen­stände. Bei der Pfandleihe haftet der Darlehensnehmer nicht mit seinem gesamten Vermögen, sondern seine Haftung ist auf den verpfändeten Gegenstand beschränkt. Hier dagegen hat das Pfand­lei­hun­ter­nehmen mit dem Grund­s­tücks­ei­gentümer einen Darle­hens­vertrag ohne Begrenzung auf die Haftung an dem Grundstück abgeschlossen und sich dafür eine Sicherung an einem Grundstück, also einer unbeweglichen Sache, geben lassen. Damit hat das Unternehmen den Anwen­dungs­bereich der Pfand­leih­ver­ordnung unzweifelhaft verlassen und kann nicht etwa eine Vergütung für "Kosten des Geschäfts­be­triebes" erheben.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht/ra-online

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