18.10.2024
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Sie sehen einen Gerichtshammer, der auf verschiedenen Geldscheinen liegt.

Dokument-Nr. 9434

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Urteil30.03.2010BundesgerichtshofXI ZR 200/09
Vorinstanzen:
  • Landgericht Hildesheim, Urteil28.10.2008, 10 O 95/08
  • Oberlandesgericht Celle, Urteil27.05.2009, 3 U 292/08
ergänzende Informationen

Bundesgerichtshof Urteil30.03.2010

BGH zur Wirksamkeit einer formularmäßigen Unter­wer­fungs­er­klärung in einer Grund­schuld­be­stel­lungs­urkundeUmschreibung des Vollstre­ckungs­titels auf neuen Grund­schuld­gläubiger erfordert dessen Eintritt in den Siche­rungs­vertrag

Die Zwangs­voll­streckung aus einer Unter­wer­fungs­er­klärung für den Neugläubiger/Zessionar einer Siche­rungs­grund­schuld ist nur zulässig, wenn dieser in den Siche­rungs­vertrag eintritt. Dies entschied der Bundes­ge­richtshof.

In dem zugrunde liegenden Fall wendet sich die Klägerin gegen die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer notariellen Urkunde über die Bestellung einer inzwischen mehrfach abgetretenen Grundschuld, die sie ihrer Hausbank im Jahr 1989 anlässlich einer Darle­hens­ge­währung zur Absicherung aller Ansprüche aus der bankmäßigen Geschäfts­be­ziehung gewährt hatte. In der notariellen Urkunde hatte sich die Klägerin wegen aller Ansprüche aus der Grundschuld der sofortigen Zwangs­voll­streckung in das belastete Grundstück unterworfen. Nachdem die Klägerin nicht in der Lage war, eine im Jahr 2000 geschlossene vergleichsweise Einigung zur Rückführung ihrer Darle­hens­ver­bind­lich­keiten zu erfüllen, kündigte ihre Hausbank im Jahr 2002 die Geschäfts­ver­bindung und forderte sie zur Rückzahlung der Restforderung in Höhe von ca. 580.000,- € auf. Am 7. Dezember 2004 verkaufte die Bank sämtliche Forderungen gegen die Klägerin und trat der Käuferin auch die Grundschuld ab. Nach einer weiteren Abtretung der Ansprüche und der Grundschuld im Jahr 2005 wurde im Jahr 2007 die Beklagte als Inhaberin der Grundschuld im Grundbuch eingetragen und auf dem Grund­schuldbrief vermerkt. Nach Umschreibung der Vollstre­ckungs­klausel leitete die Beklagte gegen die Klägerin im Mai 2008 die Zwangs­voll­streckung ein. Die Klägerin hält die Zwangs­voll­streckung aus der notariellen Unter­wer­fungs­er­klärung unter anderem deshalb für unzulässig, weil diese vorformulierte Klausel in Kombination mit der freien Abtretbarkeit des Darle­hens­rü­ck­zah­lungs­an­spruchs und der Grundschuld sie unangemessen benachteilige und daher gemäß § 9 AGBG (jetzt: § 307 BGB) unwirksam sei.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, die Klägerin auf die Hilfswiderklage der Beklagten jedoch verurteilt, die Zwangs­voll­streckung in das Grundstück in Höhe der noch offenen Verbind­lich­keiten zu dulden. Das Berufungs­gericht hat die Klage abgewiesen.

Bankübliche Unter­wer­fungs­klausel nicht zu beanstanden

Der Bundes­ge­richtshof hat der Revision der Klägerin nur zum Teil stattgegeben und die Zwangs­voll­streckung der Beklagten hinsichtlich der bis zum Jahr 2004 angefallenen Grund­schuld­zinsen für unzulässig erachtet, weil diese verjährt sind. Die Zwangs­voll­streckung als solche aufgrund der formularmäßigen Unter­wer­fungs­er­klärung hat der Senat dagegen als zulässig angesehen. Insbesondere hat er auch aufgrund der in den letzten Jahren vermehrt aufgetretenen Kreditverkäufe keinen Anlass gesehen, die ständige Rechtsprechung aller damit befassten Senate des Bundes­ge­richtshofs zu ändern und die bankübliche Unter­wer­fungs­klausel zu beanstanden, nachdem auch der Gesetzgeber im Rahmen des Risiko­be­gren­zungs­ge­setzes (BGBl. 2008 I S. 1666) keine gesetzlichen Maßnahmen ergriffen hat. Allerdings hat der Bundes­ge­richtshof für die Umschreibung des Vollstre­ckungs­titels auf den neuen Grund­schuld­gläubiger entschieden, dass diese im Falle einer - in der Praxis üblichen - Siche­rungs­grund­schuld dessen Eintritt in den Siche­rungs­vertrag erfordert. Dies ergibt sich aus einer an den Interessen der Parteien orientierten Auslegung der Unter­wer­fungs­er­klärung. Damit wird einer andernfalls möglichen Verschlech­terung der Rechtsposition des Kreditnehmers und Grund­schuld­be­stellers entgegengewirkt. Ob die Beklagte unter diesem Gesichtspunkt zu Recht aus der Unter­wer­fungs­er­klärung gegen die Klägerin vorgehen durfte, konnte der Senat nicht entscheiden, weil die Prüfung dieser Frage dem Klause­ler­tei­lungs­ver­fahren vorbehalten ist und die Klägerin diesen Weg nicht beschritten hat. Im Rahmen der von ihr erhobenen Vollstre­ckungs­ge­genklage kann diese Frage nicht geprüft werden.

Bereits im Klause­ler­tei­lungs­ver­fahren muss Nachweise über Eintritt des neuen Grund­schuld­inhaber in Siche­rungs­vertrag überprüft werden

Nach dieser Entscheidung des Bundes­ge­richtshofs hat künftig bereits im Klause­ler­tei­lungs­ver­fahren die für die Titelum­schreibung zuständige Stelle (Rechtspfleger, Notar) von Amts wegen zu prüfen, ob der neue Grund­schuld­inhaber den Eintritt in den Siche­rungs­vertrag nach den Maßgaben des § 727 Abs. 1 ZPO nachgewiesen hat. Diese Lösung hat den Vorteil, dass der Schuldner nicht aus der Rolle des Verteidigers in diejenige des Angreifers, nämlich des Klägers in einem Vollstre­ckungs­ge­gen­kla­ge­ver­fahren, gezwungen wird. Erst im Falle der Klause­ler­teilung muss er - möchte er sich dagegen wehren - von den in diesem Verfahren vorgesehenen Rechtsbehelfen Gebrauch machen.

Quelle: ra-online, BGH

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