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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil12.04.2017
Unterbringung in ungeeigneter Einrichtung rechtfertigt SchadensersatzFreiheitsentziehung einer Person wegen psychischer Krankheit darf nur in Klinik erfolgen
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat - der Rechtsprechung des EGMR folgend - einem Kläger, der wegen psychischer Krankheit statt in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht war, eine Entschädigung zugesprochen.
Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens wurde im Oktober 1999 durch das Landgericht Regensburg wegen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Seit 18. Juli 2008 war der Kläger in der Sicherungsverwahrung untergebracht. Diese wurde zunächst in der JVA Straubing und seit 21. Juni 2013 in der Einrichtung für Sicherungsverwahrte in Straubing vollzogen. Der Kläger war der Auffassung, dass die Unterbringung rechtswidrig war und verlangte erstinstanzlich vom Freistaat Bayern eine Entschädigung in Höhe von 44.500 Euro. Darüber hinaus beantragte er die Feststellung, dass ihm weiterer Schadensersatz für die Zukunft zusteht.
LG verneint Anspruch auf Schadensersatz
Das Landgericht Regensburg wies die Klage ab. Nach Auffassung der Zivilkammer lagen die vom Bundesverfassungsgericht geforderten strengen Voraussetzungen für die Sicherungsverwahrung vor. Dass der Kläger bis zu seiner Verlegung in die Einrichtung für Sicherungsverwahrte in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht gewesen sei, führe für sich genommen nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 5 EMRK.
Gegen dieses Urteil legte der Kläger teilweise Berufung ein und verlangte nunmehr noch die Zahlung von 28.000 Euro Schadensersatz für den Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis 21. Juni 2013.
Kläger legt Beschwerde beim EGMR ein
Der Kläger erhob zudem Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der Gerichtshof entschied am 7. Februar 2017, die Sache aus dem Register zu streichen, soweit es um die Sicherungsverwahrung des Klägers im Zeitraum vom 6. Mai 2011 bis einschließlich 20. Juni 2013 ging. Denn hinsichtlich dieses Zeitraums hat die Bundesrepublik Deutschland anerkannt, dass Art. 5 und 7 der Menschenrechtskonvention verletzt worden seien, da der Kläger in einer Justizvollzugsanstalt und nicht in einer geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik hat sich insoweit zu der Zahlung von 12.500 Euro verpflichtet.
Kläger war nicht in geeigneter Einrichtung untergebracht
Das Oberlandesgericht Nürnberg hat dem Kläger auf seine Berufung hin einen Betrag in Höhe von 6.800 Euro zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Schadensersatzbetrag deckt den Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis einschließlich 5. Mai 2011 ab, da dieser im Verfahren vor dem EGMR nicht streitgegenständlich war und von der versprochenen Zahlung der Bundesrepublik nicht umfasst wird. Das Gericht folgte der Rechtsprechung des EGMR, wonach die Freiheitsentziehung einer Person wegen psychischer Krankheit nur dann im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK rechtmäßig ist, wenn sie in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung erfolgt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts sei der Kläger in dem genannten Zeitraum nicht in einer derart geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen.
Da im Übrigen die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für eine Sicherungsverwahrung während des gesamten Zeitraums der Unterbringung vorgelegen hätten, sei nur ein Schadensersatz in Höhe von rund 200 Euro pro Monat - statt der im Regelfall vom EGMR angesetzten 500 Euro pro Monat angemessen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 01.06.2017
Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online
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