03.12.2024
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Oberlandesgericht Nürnberg Urteil12.04.2017

Unterbringung in ungeeigneter Einrichtung rechtfertigt SchadensersatzFreiheits­ent­ziehung einer Person wegen psychischer Krankheit darf nur in Klinik erfolgen

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat - der Rechtsprechung des EGMR folgend - einem Kläger, der wegen psychischer Krankheit statt in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung in einer Justiz­vollzugs­anstalt untergebracht war, eine Entschädigung zugesprochen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens wurde im Oktober 1999 durch das Landgericht Regensburg wegen Mordes zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Seit 18. Juli 2008 war der Kläger in der Sicherungsverwahrung untergebracht. Diese wurde zunächst in der JVA Straubing und seit 21. Juni 2013 in der Einrichtung für Siche­rungs­ver­wahrte in Straubing vollzogen. Der Kläger war der Auffassung, dass die Unterbringung rechtswidrig war und verlangte erstinstanzlich vom Freistaat Bayern eine Entschädigung in Höhe von 44.500 Euro. Darüber hinaus beantragte er die Feststellung, dass ihm weiterer Schadensersatz für die Zukunft zusteht.

LG verneint Anspruch auf Schadensersatz

Das Landgericht Regensburg wies die Klage ab. Nach Auffassung der Zivilkammer lagen die vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht geforderten strengen Voraussetzungen für die Siche­rungs­ver­wahrung vor. Dass der Kläger bis zu seiner Verlegung in die Einrichtung für Siche­rungs­ver­wahrte in einer Justizvollzugsanstalt untergebracht gewesen sei, führe für sich genommen nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 5 EMRK.

Gegen dieses Urteil legte der Kläger teilweise Berufung ein und verlangte nunmehr noch die Zahlung von 28.000 Euro Schadensersatz für den Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis 21. Juni 2013.

Kläger legt Beschwerde beim EGMR ein

Der Kläger erhob zudem Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Der Gerichtshof entschied am 7. Februar 2017, die Sache aus dem Register zu streichen, soweit es um die Siche­rungs­ver­wahrung des Klägers im Zeitraum vom 6. Mai 2011 bis einschließlich 20. Juni 2013 ging. Denn hinsichtlich dieses Zeitraums hat die Bundesrepublik Deutschland anerkannt, dass Art. 5 und 7 der Menschen­rechts­kon­vention verletzt worden seien, da der Kläger in einer Justiz­voll­zugs­anstalt und nicht in einer geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen sei. Die Bundesrepublik hat sich insoweit zu der Zahlung von 12.500 Euro verpflichtet.

Kläger war nicht in geeigneter Einrichtung untergebracht

Das Oberlan­des­gericht Nürnberg hat dem Kläger auf seine Berufung hin einen Betrag in Höhe von 6.800 Euro zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Der Schaden­s­er­satz­betrag deckt den Zeitraum vom 18. Juli 2008 bis einschließlich 5. Mai 2011 ab, da dieser im Verfahren vor dem EGMR nicht streit­ge­gen­ständlich war und von der versprochenen Zahlung der Bundesrepublik nicht umfasst wird. Das Gericht folgte der Rechtsprechung des EGMR, wonach die Freiheits­ent­ziehung einer Person wegen psychischer Krankheit nur dann im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e EMRK rechtmäßig ist, wenn sie in einem Krankenhaus, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Einrichtung erfolgt. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EGMR und des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts sei der Kläger in dem genannten Zeitraum nicht in einer derart geeigneten Einrichtung untergebracht gewesen.

Da im Übrigen die strengen Vorgaben des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts für eine Siche­rungs­ver­wahrung während des gesamten Zeitraums der Unterbringung vorgelegen hätten, sei nur ein Schadensersatz in Höhe von rund 200 Euro pro Monat - statt der im Regelfall vom EGMR angesetzten 500 Euro pro Monat angemessen.

Quelle: Oberlandesgericht Nürnberg/ra-online

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