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Oberlandesgericht München Urteil12.12.2019
"Easy-Money Gutschriften": Kunde hat Anspruch auf Auszahlung von HandyguthabenTelefonica Germany muss knapp 225.000 Euro an Kunden auszahlen
Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass die Telefonica Germany einem Kunden für seine in 508 Mobilfunk-Verträgen angesammelten "Easy-Money Gutschriften" 224.840,02 Euro nebst Zinsen auszahlen muss.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist Eigentümer und Besitzer von insgesamt 508 Loop SIM-Karten mit Easy-Money Funktion der Beklagten. Über das Guthaben von Vorbesitzern der SIM-Karten, Aufladen der Karten via Überweisungen von Girokonten, Aufladen über gekaufte Loop-UP-Karten hatte der Kläger auf den Karten ein Gesamtguthaben von ca. 225.000 Euro angesammelt. Außerdem hatte er das Guthaben auch dadurch erlangt, dass bei jedem Anruf ein Gutschriftenwert generiert wird ("Easy-Money Gutschriftensystem"). Die Beklagte hatte im Jahr 2015 die 508 Karten des Klägers gesperrt und im Februar 2016 dem Kläger zunächst ordentlich, später außerordentlich gekündigt.
Kläger hält Kündigungen für unwirksam
Mit der Klage wehrte sich der Kläger gegen diese Kündigungen und beantragte primär die Feststellung, dass die Kündigungen unwirksam waren. Außerdem verlangte er festzustellen, dass bei künftiger wirksamer Beendigung der Vertragsverhältnisse die Guthaben auf den SIM-Karten in voller Höhe auszuzahlen seien. Er verlangte hilfsweise, d.h. für den Fall, dass eine Kündigung wirksam war und die Vertragsverhältnisse beendet wurden, Auszahlung des angesammelten Guthabens auf seinen Karten (ca. 225.000 Euro) und Schadensersatz bezüglich des angeblichen Sammlerwertes der SIM-Karten in Höhe von ca. 100.000 Euro.
Beklagte hält Kündigung für wirksam und verweist auf Verstoß gegen AGB seitens des Kunden
Die Beklagte hatte sich gegen die Klage gewandt und vortragen lassen, dass die Kündigungen möglich und wirksam gewesen seien. Der Kläger habe auch keine über die positiven Saldi auf den Guthabenkonten hinausgehende Zahlungsansprüche, da er Wahlwiederholungs-Apps zur Erhöhung seines Guthabens benutzt habe und damit gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und gegen Treu und Glauben verstoßen habe.
LG erklärt Kündigungen für unwirksam
Das Landgericht gab der Klage statt und stellte fest, dass die Kündigungen der 508 Mobilfunk-Verträge nicht wirksam waren. Über den nur hilfsweise gestellten Zahlungsantrag musste das Landgericht daher nicht mehr entscheiden.
OLG gibt Antrag auf Auszahlung des aufgelaufenen Guthabensbetrags statt
Auf die von der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil eingelegte Berufung entschied das Oberlandesgericht München, dass durch die ordentliche Kündigung der Beklagten die Vertragsverhältnisse zwar wirksam beendet wurden. Das Gericht gab dann aber dem Hilfsantrag des Klägers auf Auszahlung des aufgelaufenen Guthabensbetrags in Höhe von 224.840,02 Euro zum Zeitpunkt der Beendigung der Verträge nebst Zinsen statt. Diese Guthabenshöhe beruhe auf Einzahlungen bzw. Aufladungen und auch aus im Easy-Money-Programm entstandenen Gutschriften, die nur einheitlich auf den Guthabenkonten geführt würden. Das Oberlandesgericht war der Auffassung, dass die Beklagte von Anfang an konkret darlegen und beweisen hätte müssen, welcher Betrag davon auf die von ihr behauptete missbräuchliche Nutzung der "Easy-Money-Funktion", z.B. durch Nutzung von Wahlwiederholungs-Apps oder overlapping calls, entfalle. Dies habe die Beklagte erst eine Woche vor der mündlichen Verhandlung und damit nicht rechtzeitig getan. Da der Kläger diese verspätete Aufteilung in zulässiger Weise bestritten habe, wäre hierzu nunmehr eine Beweisaufnahme erforderlich, die den Rechtsstreit verzögern würde. Daher sei der verspätete Vortrag der Beklagten hierzu nicht mehr zu berücksichtigen.
OLG musste nicht über mögliches treuwidriges Verhalten des Klägers entscheiden
Ob sich der Kläger hinsichtlich der Easy-money-Guthabensteile den Einwand treuwidrigen Verhaltens entgegenhalten lassen müsste, weil er diese Guthabensteile durch Wahlwiederholungs-Apps und overlapping calls zumindest überwiegend selbst kreiert hat, musste das Gericht daher nicht mehr entscheiden.
Kein Anspruch auf weiteren Schadensersatz aufgrund Rechtmäßigkeit der Kündigung
Einen Anspruch auf Ersatz des angeblichen Sammlerwerts der SIM-Karten in Höhe von ca. 100.000 Euro verneint das Oberlandesgericht, weil die Kündigung rechtmäßig gewesen sei und es damit an einer Pflichtverletzung oder unerlaubten Handlung als Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch fehle.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.12.2019
Quelle: Oberlandesgericht München/ra-online (pm/kg)
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