24.11.2024
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Urteil19.07.2012Oberlandesgericht Köln16 U 184/11
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BRAK-Mitt 2012, 227Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2012, Seite: 227
  • GRUR 2013, 202Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 202
  • GRUR-RR 2012, 401Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rechtsprechungs-Report (GRUR-RR), Jahrgang: 2012, Seite: 401
  • MDR 2012, 1440Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2012, Seite: 1440
  • NJW-RR 2012, 1187Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2012, Seite: 1187
  • ZUM-RD 2013, 11Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Rechtsprechungsdienst (ZUM-RD), Jahrgang: 2013, Seite: 11
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ergänzende Informationen

Oberlandesgericht Köln Urteil19.07.2012

Bezeichnung einer Kanzlei als "Winkeladvokatur" verletzt allgemeines Persönlichkeits­rechtÄußerung nicht durch Meinungs­freiheit geschützt

Die Bezeichnung eines Rechtsanwalts als "Winkeladvokat" bzw. seines Büros als "Winkeladvokatur" verletzt sein allgemeines Persönlichkeits­recht. Der Beleidigende kann sich nicht auf das Recht der freien Meinung­s­äu­ßerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Dies hat das Oberlan­des­gericht Köln entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall bezeichnete der Beklagte im Zusammenhang mit einem aus seiner Sicht zu beanstandenden Prozess­ver­haltens des Klägers, dass Vorgehen des Klägers bei der Außen­dar­stellung des Kanzlei­auf­tritts als "Winkeladvokatur". Der Kläger verklagte den Beklagten nunmehr auf Unterlassung der Äußerung.

Unter­las­sungs­an­spruch aufgrund Verletzung des Persön­lich­keits­rechts

Das Oberlan­des­gericht entschied, dass dem Kläger ein Unter­las­sungs­an­spruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 185 StGB zustand, da eine Persön­lich­keits­ver­letzung vorlag. Das allgemeine Persön­lich­keitsrecht schützt unter anderem die soziale Anerkennung des Einzelnen, insbesondere auch gegen Äußerungen, die sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auswirken können. Dies entspricht dem Schutzbereich her eine Verletzung der Ehre, die sich aus einer Beleidung gemäß § 185 BGB ergeben kann. Danach ist eine Äußerung von Nichtachtung oder Missachtung in dem Sinne erforderlich, dass dem Betroffenen zum Beispiel der soziale Geltungs­an­spruch durch das Zuschreiben negativer Qualitäten ganz oder teilweise abgesprochen, ihm also seine Minder­wer­tigkeit bzw. Unzuläng­lichkeit unter diesem Aspekt attestiert wird. Eine den sozialen Geltungswert des Opfers betreffende Beleidigung ist es, wenn diesem ganz oder teilweise die Fähigkeit aberkannt wird, seinen Beruf wahrzunehmen. Danach bestand hier, nach Auffassung des Gerichts, eine Verletzung des Persön­lich­keits­rechts. Unter einem "Winkeladvokat" ist jedenfalls derjenige zu verstehen, der eine Sache entsprechend seinem Berufstand nicht verant­wor­tungs­bewusst zu vertreten befähigt ist. Es ist ein Rechtsanwalt gemeint, der eine mangelnde fachliche Eignung aufweist und dessen Zuverlässigkeit zweifelhaft ist. Ferner ist darunter derjenige zu verstehen, der sich zwar noch im Rahmen des geltenden Rechts bewegt, aber dessen grenzen in bedenklichem Maße austestet. Es geht um den "gerissenen" Rechtsanwalt, der bereit ist, sich bei der Berufsausübung über Vorschriften hinwegzusetzen und Recht zu verbiegen.

Keine direkte Bezeichnung als "Winkeladvokat" unbeachtlich

Das Gericht führte weiter aus, dass es unbeachtlich sei, ob der Kläger den Beklagten nicht direkt als "Winkeladvokaten" bezeichnete. Es wird das Verhalten eines Rechtsanwalts kritisiert und entsprechend bewertet. Es läuft zwangsläufig darauf hinaus, dass derjenige, der in bemängelnder Weise handelt, ein "Winkeladvokat" sein soll.

Vorliegen einer "Schmähkritik" zweifelhaft

Zwar unterfällt die in Rede stehende Äußerung grundsätzlich dem Schutz der Meinungs­freiheit. Das Grundrecht auf freie Meinung­s­äu­ßerung hat aber seine Grenzen. Um die Zulässigkeit einer angegriffenen Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen. Eine solche Abwägung ist allerdings dann nicht vorzunehmen, wenn es sich um sogenannte "Schmähkritik" handelt. Ob der Bezug der Äußerung zu dem beanstandeten Kanzleiauftritt des Klägers ausreicht, um das Vorliegen einer Schmähkritik zu verneinen, kann hier nach Ansicht des Oberlan­des­ge­richtes dahinstehen, weil die dann erforderliche Inter­es­se­n­ab­wägung zum Nachteil des Beklagten ausgeht. Die Äußerung war für den Anlass und Kontext vollkommen unangemessen und unnötig. Hinzu kommt, dass die Persön­lich­keits­ver­letzung eine gewisse Schwere aufweist. Dies folgt daraus, dass es sich bei einem Rechtsanwalt um ein Organ der Rechtspflege handelt, der die Öffentlichkeit in der Regel ein erhöhtes Maß an Seriosität beimisst. Dementsprechend handelt es sich bei dem in Rede stehenden Angriff um einen solchen, der den Kernbereich des Ansehens eines Rechtsanwalts betrifft.

Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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