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Oberlandesgericht Köln Urteil19.07.2012
Bezeichnung einer Kanzlei als "Winkeladvokatur" verletzt allgemeines PersönlichkeitsrechtÄußerung nicht durch Meinungsfreiheit geschützt
Die Bezeichnung eines Rechtsanwalts als "Winkeladvokat" bzw. seines Büros als "Winkeladvokatur" verletzt sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Der Beleidigende kann sich nicht auf das Recht der freien Meinungsäußerung gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG berufen. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden.
Im zugrunde liegenden Fall bezeichnete der Beklagte im Zusammenhang mit einem aus seiner Sicht zu beanstandenden Prozessverhaltens des Klägers, dass Vorgehen des Klägers bei der Außendarstellung des Kanzleiauftritts als "Winkeladvokatur". Der Kläger verklagte den Beklagten nunmehr auf Unterlassung der Äußerung.
Unterlassungsanspruch aufgrund Verletzung des Persönlichkeitsrechts
Das Oberlandesgericht entschied, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 185 StGB zustand, da eine Persönlichkeitsverletzung vorlag. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt unter anderem die soziale Anerkennung des Einzelnen, insbesondere auch gegen Äußerungen, die sich abträglich auf sein Bild in der Öffentlichkeit auswirken können. Dies entspricht dem Schutzbereich her eine Verletzung der Ehre, die sich aus einer Beleidung gemäß § 185 BGB ergeben kann. Danach ist eine Äußerung von Nichtachtung oder Missachtung in dem Sinne erforderlich, dass dem Betroffenen zum Beispiel der soziale Geltungsanspruch durch das Zuschreiben negativer Qualitäten ganz oder teilweise abgesprochen, ihm also seine Minderwertigkeit bzw. Unzulänglichkeit unter diesem Aspekt attestiert wird. Eine den sozialen Geltungswert des Opfers betreffende Beleidigung ist es, wenn diesem ganz oder teilweise die Fähigkeit aberkannt wird, seinen Beruf wahrzunehmen. Danach bestand hier, nach Auffassung des Gerichts, eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Unter einem "Winkeladvokat" ist jedenfalls derjenige zu verstehen, der eine Sache entsprechend seinem Berufstand nicht verantwortungsbewusst zu vertreten befähigt ist. Es ist ein Rechtsanwalt gemeint, der eine mangelnde fachliche Eignung aufweist und dessen Zuverlässigkeit zweifelhaft ist. Ferner ist darunter derjenige zu verstehen, der sich zwar noch im Rahmen des geltenden Rechts bewegt, aber dessen grenzen in bedenklichem Maße austestet. Es geht um den "gerissenen" Rechtsanwalt, der bereit ist, sich bei der Berufsausübung über Vorschriften hinwegzusetzen und Recht zu verbiegen.
Keine direkte Bezeichnung als "Winkeladvokat" unbeachtlich
Das Gericht führte weiter aus, dass es unbeachtlich sei, ob der Kläger den Beklagten nicht direkt als "Winkeladvokaten" bezeichnete. Es wird das Verhalten eines Rechtsanwalts kritisiert und entsprechend bewertet. Es läuft zwangsläufig darauf hinaus, dass derjenige, der in bemängelnder Weise handelt, ein "Winkeladvokat" sein soll.
Vorliegen einer "Schmähkritik" zweifelhaft
Zwar unterfällt die in Rede stehende Äußerung grundsätzlich dem Schutz der Meinungsfreiheit. Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung hat aber seine Grenzen. Um die Zulässigkeit einer angegriffenen Äußerung zu beurteilen, sind die betroffenen Interessen gegeneinander abzuwägen. Eine solche Abwägung ist allerdings dann nicht vorzunehmen, wenn es sich um sogenannte "Schmähkritik" handelt. Ob der Bezug der Äußerung zu dem beanstandeten Kanzleiauftritt des Klägers ausreicht, um das Vorliegen einer Schmähkritik zu verneinen, kann hier nach Ansicht des Oberlandesgerichtes dahinstehen, weil die dann erforderliche Interessenabwägung zum Nachteil des Beklagten ausgeht. Die Äußerung war für den Anlass und Kontext vollkommen unangemessen und unnötig. Hinzu kommt, dass die Persönlichkeitsverletzung eine gewisse Schwere aufweist. Dies folgt daraus, dass es sich bei einem Rechtsanwalt um ein Organ der Rechtspflege handelt, der die Öffentlichkeit in der Regel ein erhöhtes Maß an Seriosität beimisst. Dementsprechend handelt es sich bei dem in Rede stehenden Angriff um einen solchen, der den Kernbereich des Ansehens eines Rechtsanwalts betrifft.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.09.2012
Quelle: Oberlandesgericht Köln, ra-online (vt/rb)
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