Im vorliegenden Fall hatte ein Anwalt die Zusammenarbeit von zwei Berufskollegen in einer E-Mail an die Rechtsanwaltskammer Köln als "Winkeladvokatur" bezeichnet. Vorausgegangen war dieser Äußerung ein Rechtsstreit, bei dem sich beide Parteien in Vertretung ihrer Mandanten gegenüberstanden. Der angeblich widersprüchliche Außenauftritt seiner Prozessgegner, von denen man nicht wisse, ob sie als Kooperation oder als Sozietät auftreten würden, veranlasste den Anwalt zu seiner Äußerung. Der mit diesem Vorwurf konfrontierte Jurist beantragte daher vor Gericht die Unterlassung der Bezeichnung seiner Kanzlei als "Winkeladvokatur".
Der beklagte Jurist verteidigte die Verwendung des Begriffs, da er damit die Widersprüchlichkeit des klägerischen Verhaltens habe aufzeigen wollen. Der Außenauftritt sei vollkommen undurchsichtig und unlauter. Es werde nicht klar, ob es sich um einen Einzelanwalt in Kooperation oder den Sozius einer BGB-Gesellschaft handele. Die getätigte Äußerung werde außerdem vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt.
Das Landgericht Köln bestätigte jedoch einen Unterlassungsanspruch des Klägers, der sich aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 i.V.m. 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB ergebe. Die Bezeichnung "Winkeladvokatur" stelle einen rechtswidrigen Angriff auf die Ehre und die Persönlichkeitsrechte des Klägers dar. Der Begriff bezeichne eine Person, die intellektuell unfähig sei, den Beruf des Rechtsanwalts korrekt auszuüben oder diesen in einer mit Moral und Gesetz in Konflikt stehenden Art und Weise ausführe. Einer Einstufung als Ehrverletzung stehe auch nicht entgegen, dass eine Äußerung als Werturteil grundsätzlich den Schutz der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG genieße. Die Meinungsfreiheit trete nämlich dort zurück, wo es sich bei der Äußerung um Schmähkritik handele. Schmähkritik liege vor, wenn in einer herabsetzenden Äußerung nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung einer Person im Vordergrund stehe (vgl. BGH, Urteil v. 16.11.2004 - VI ZR 298/03 - = BeckRS 2005, 84). Dies treffe auf die Äußerung im vorliegenden Fall zu. Der erforderliche Sachbezug der Äußerung fehle, da der Begriff weder der Unterstreichung der vertretenen Auffassung noch als sachliches Argument verwendet wurde, sondern allein dazu, das Verhalten des Klägers in ein schlechtes Licht zu rücken.
Die für einen Unterlassungsanspruch weiter zu fordernde Widerholungsgefahr liege ebenfalls vor, da der Beklagte keine Unterlassungserklärung unterschrieben habe und sich mit der Äußerung, er wolle sich hinsichtlich solcher Formulierungen für die Zukunft nicht binden, bereits das Bestehen der Gefahr einer möglichen Wiederholung selbst bestätigt hatte.
Vom Unterlassungsanspruch erfasst ist nicht nur die Bezeichnung als "Winkeladvokatur", sondern auch die Bezeichnung des Klägers als "Winkeladvokat". Der Beklagte hat den Kläger in dem streitgegenständlichen E-Mail-Schreiben zwar nicht unmittelbar als "Winkeladvokaten" bezeichnet. Beide Begriffe sind jedoch eng miteinander verwandt, synonym verwendbar und können nicht voneinander getrennt werden. Ob die Person als "Winkeladvokat" oder die Verhaltensweise bzw. das Büro als "Winkeladvokatur" bezeichnet wird, macht sinngemäß keinen Unterschied. Durch die Umschreibung eines Verhaltens wird auch eine Aussage über die Person getroffen. Denn hinter der als "Winkeladvokatur" bezeichneten "Verpackung" einer Kanzlei steht immer der hierfür verantwortliche Rechtsanwalt.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2012
Quelle: ra-online, Landgericht Köln (vt/st)