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Dokument-Nr. 16457

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Beschluss02.07.2013Bundesverfassungsgericht1 BvR 1751/12
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • BRAK-Mitt 2013, 279Zeitschrift: BRAK-Mitteilungen (BRAK-Mitt), Jahrgang: 2013, Seite: 279
  • GRUR 2013, 1266Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2013, Seite: 1266
  • MDR 2013, 1070Zeitschrift: Monatsschrift für Deutsches Recht (MDR), Jahrgang: 2013, Seite: 1070
  • NJW 2013, 3021Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2013, Seite: 3021
  • NVwZ 2013, 1405Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ), Jahrgang: 2013, Seite: 1405
Für Details Fundstelle bitte Anklicken!
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss02.07.2013

BVerfG: Bezeichnung einer Rechtsanwalts­kanzlei als „Winkeladvokatur“ kann von der Meinungs­freiheit gedeckt seinAbwägung zwischen Meinungs­freiheit des Beschwer­de­führers und dem allgemeinen Persönlichkeits­recht des Unterlassungs­klägers erforderlich

Eine Rechtsanwalts­kanzlei im Rahmen eines Zivilprozesses als „Winkeladvokatur“ zu bezeichnen, kann von der Meinungs­freiheit gedeckt sein. Dies entschied das Bundes­ver­fassungs­gericht und hob daher die angegriffenen Unterlassungs­urteile auf. Es obliegt nun den Zivilgerichten, das Grundrecht auf Meinungs­freiheit des Beschwer­de­führers mit dem allgemeinen Persönlichkeits­recht des kritisierten Anwalts abzuwägen.

In dem zugrunde liegenden Fall ist der Beschwer­de­führer Rechtsanwalt und vertrat wiederholt eine Patientin in Arzthaf­tungs­pro­zessen gegen mehrere Zahnärzte. Der im zivil­ge­richt­lichen Ausgangs­ver­fahren auf Unterlassung klagende Rechtsanwalt vertrat mehrfach jeweils zwei der beklagten Zahnärzte. Der Beschwer­de­führer warf dem Rechtsanwalt Parteiverrat und widerstreitende Interessen vor, weil er nur einen seiner Mandanten effektiv gegen Haftungs­vorwürfe habe verteidigen können, aber nicht beide. In einem anderen Verfahren monierte der Beschwer­de­führer in einem Schriftsatz einen wider­sprüch­lichen Außenauftritt des Rechtsanwalts, denn es sei nicht klar, ob dieser mit zwei Rechtsanwälten in einer Sozietät oder in einer Bürogemeinschaft zusammenarbeite. Hier zeige sich eine Parallele zu den von ihm vertretenen Zahnärzten, bei denen auch nicht klar sei, ob sie eine Praxis­ge­mein­schaft oder eine Gemein­schaft­s­praxis bildeten. Dem Schriftsatz fügte der Beschwer­de­führer eine E-Mail aus einem berufs­s­tän­dischen Verfahren an die Rechts­an­walts­kammer bei. Dort heißt es unter anderem:

„Mir persönlich erscheint es daher fragwürdig, wie es die Rechtsanwälte … mit ihrer prozessualen Wahrheits­pflicht halten, wenn sie dem Gericht gegenüber eine ‚Kooperation‘ behaupten, wo sonst von ihnen allenthalben der Eindruck einer Sozietät zu vermitteln versucht wird.

Ich gehe davon aus, dass es nicht unsachlich ist, eine solche geschickte Verpackung der eigenen Kanzlei - mal als Kooperation, mal als Sozietät (wie es gerade günstig ist) - als ‚Winkeladvokatur‘ zu apostrophieren.“

OLG: Bezeichnung als "Winkeladvokat" vollkommen unangemessen und unnötig

Das Landgericht (Landgericht Köln, Urteil v. 15.11.2011 - 5 O 344/10 -) und das Oberlan­des­gericht (Oberlan­des­gericht Köln, Urteil v. 18.07.2012 - 16 U 184/11 -) verurteilten den Beschwer­de­führer, es zu unterlassen, den Unter­las­sungs­kläger als Winkeladvokaten oder das von ihm geführte Büro als Winkeladvokatur zu bezeichnen, wobei das Landgericht die Äußerung als Schmähkritik einordnete und schon aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausfallen ließ, während das Oberlan­des­gericht zwar eine Inter­es­se­n­ab­wägung durchführte, diese aber zum Nachteil des Beschwer­de­führers ausgehen ließ, weil die Äußerung für den Anlass vollkommen unangemessen und unnötig sei. Diese Urteile verletzen den Beschwer­de­führer in seinem Grundrecht auf Meinungs­freiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG).

Unter­las­sungs­kläger wird in seinem Persön­lich­keitsrecht verletzt

Zutreffend ist allerdings, dass durch den Begriff „Winkeladvokatur“ in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Unter­las­sungs­klägers eingegriffen wird. Denn er insinuiert, dass der Kläger ein Rechtsanwalt sei, der eine geringe fachliche Eignung aufweist und dessen Seriosität zweifelhaft ist. Dies setzt ihn in seiner Persönlichkeit herab.

Bezeichnung als "Winkeladvokat" nicht als Schmähkritik einzuordnen

Es handelt sich jedoch hier nicht um Schmähkritik. Verfas­sungs­rechtlich ist die Schmähung eng definiert. Eine Schmähkritik ist spezifisch dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Ausein­an­der­setzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Dies kann hier aber nicht angenommen werden, denn die Äußerung hat einen Sachbezug.

Rechtsschutz gegenüber Prozess­be­haup­tungen nur, wenn sich ihre Mitteilung als missbräuchlich darstellt

Verfas­sungs­rechtlich geboten war also eine Abwägung zwischen der Meinungs­freiheit des Beschwer­de­führers und dem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht des Unter­las­sungs­klägers. In dieser Abwägung muss das Gericht, an das zurückverwiesen wurde, berücksichtigen, dass die Äußerung zunächst nur gegenüber der Rechts­an­walts­kammer getätigt und dann in einen Zivilprozess eingeführt wurde, in dem nur die Prozess­be­tei­ligten und das Gericht von ihr Kenntnis nehmen konnten. Rechtsschutz gegenüber Prozess­be­haup­tungen ist nur gegeben, wenn die Unhaltbarkeit der Äußerung auf der Hand liegt oder sich ihre Mitteilung als missbräuchlich darstellt; die bloße „Unange­mes­senheit“ und „Unnötigkeit“ der Äußerung reichen dafür nicht aus. Das Gericht muss des Weiteren berücksichtigen, dass der Vorwurf des Winkeladvokaten nur eine begrenzt gewichtige Herabsetzung allein in der beruflichen Ehre bedeutet und den Unter­las­sungs­kläger damit lediglich in seiner Sozialsphäre betrifft. Die Verurteilung zur Unterlassung einer Äußerung muss im Interesse des Schutzes der Meinungs­freiheit auf das zum Rechts­gü­ter­schutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden. Sie hat dagegen nicht den Zweck, die sachliche Richtigkeit oder Angemessenheit der betreffenden Meinung­s­äu­ßerung in dem Sinne zu gewährleisten, dass zur Wahrung allgemeiner Höflich­keits­formen überspitzte Formulierungen ausgeschlossen werden.

Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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