Dokument-Nr. 7981
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Oberlandesgericht Köln Urteil09.06.2009
OLG Köln verbietet Offenlegung von Gehältern des SparkassenvorstandsVorschrift zur Veröffentlichung von Gehältern verfassungswidrig, da Landesgesetzgeber keine Gesetzgebungskompetenz zustand
Die Bezüge eines Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse (hier in Nordrhein-Westfalen) dürfen in der Jahresbilanz, dem Anhang oder dem Geschäftsbericht unter Namensnennung nicht offengelegt werden. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden
In der mündlichen Urteilsbegründung hat das Geicht erkennen lassen, dass er die entsprechende Gesetzesvorschrift des nordrhein-westfälischen Sparkassengesetzes, nach dem die Sparkassen erstmals in diesem Jahr zu einer entsprechenden Veröffentlichung verpflichtet sind, für verfassungswidrig hält. Das anderslautende Urteil des Landgerichts Köln vom 15.05.2009 wurde entsprechend abgeändert.
Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch Veröffentlichung der Bezüge
Der Vorstandsvorsitzende einer niederrheinischen Sparkasse hatte seinem Arbeitgeber per einstweiliger Verfügung verbieten lassen wollen, die Höhe seiner Bezüge in der Jahresbilanz, im Geschäftsbericht oder an anderer Stelle individualisiert offen zu legen. Dies schreibt allerdings das Sparkassengesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in § 19 Abs. 5 erstmals seit diesem Jahr vor. Die Bilanzen der Sparkassen werden im Bundesanzeiger abgedruckt. Der Vorstandsvorsitzende hatte geltend gemacht, die Veröffentlichung sei rechtswidrig, weil hierdurch sein Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Die Bevölkerung habe kein berechtigtes Interesse daran, die Höhe seiner Bezüge zu kennen. Die Vorschrift des nordrhein-westfälischen Sparkassengesetzes sei im Übrigen auch verfassungswidrig, weil der Landesgesetzgeber keine Gesetzgebungskompetenz gehabt habe. Die Sparkasse hatte sich darauf berufen, dass sie nach dem Gesetz zur Veröffentlichung verpflichtet sei. Die Rechtsnorm sei verfassungsgemäß; daher müsse der Vorstand den Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht dulden.
Land hatte keine eigene Gesetzgebungsbefugnis
Das Gericht hat sich im heute verkündeten Urteil dem Standpunkt der Sparkasse nicht angeschlossen. Im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens, in dem es um vorläufigen Rechtsschutz geht, habe er die Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 5 SparkG NW selbst zu prüfen und danach seine Entscheidung über das Unterlassungsbegehren auszurichten. Die Veröffentlichung der Bezüge greife in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Vorstandsvorsitzenden ein. Dieser Eingriff sei allerdings nicht durch die Gesetzesvorschrift des Sparkassengesetzes gerechtfertigt, weil das Land Nordrhein-Westfalen keine Gesetzgebungskompetenz zum Erlass der Norm gehabt habe. Das Recht des Bank- und Börsenwesens gehört zur konkurrierenden Gesetzgebung im Sinne der Art. 72 und 74 des Grundgesetzes. Hier steht den Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung nur solange zu, soweit der Bund nicht von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht hat. Nach Auffassung des Senats hat der Bund aber von seiner Gesetzgebungskompetenz gem. Art. 74 Abs. 1, Nr. 11 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht, indem er in § 285 Nr. 9 a des Handelsgesetzbuches Regelungen für die Veröffentlichung von Vorstandsbezügen getroffen hat, allerdings nur für börsennotierte Privatunternehmen. Danach habe das Land für öffentlich-rechtliche Sparkassen keine eigene Gesetzgebungsbefugnis mehr gehabt. Die Veröffentlichung von Vorstandgehältern betreffe auch nicht nur das formelle Sparkassenrecht, d. h. die innere Verfassung und Organisation, die das Land noch selbst regeln dürfte, sondern hänge mit dem sog. materiellen Sparkassenrecht zusammen, für das nur der Bund gesetzgebungsbefugt sei. Die Veröffentlichung der Bezüge sei nämlich der wirtschaftlichen Betätigung der Sparkassen zuzuordnen. Die Transparenz der Vorstandsbezüge betreffe nicht nur die innere Struktur der Institute, sondern auch das Auftreten Dritten gegenüber und damit die Unternehmenspolitik. Gerade auch von den Anlegern werde der Frage, wieviel von seinem Geld in die Vergütung des Führungspersonals fließe, erhebliche Bedeutung beigemessen.
Verfassungsmäßigkeit muss vom Bundesverfassungsgericht geklärt werden
Ein weiteres Rechtsmittel gegen das Urteil, das im einstweiligen Verfügungsverfahren ergangen ist, ist nicht gegeben. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 19 Abs. 5 SparkG NW wird aber erst im Hauptsacheverfahren oder nach dessen Abschluss verbindlich durch das Bundesverfassungsgericht geklärt werden können. Wenn das Zivilgericht im Hauptsacheverfahren gleichfalls von der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift ausgeht, hat es das Verfahren gem. Art. 100 des Grundgesetzes auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 10.06.2009
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Köln vom 09.06.2009
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