14.11.2024
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Oberlandesgericht Köln Urteil09.06.2009

OLG Köln verbietet Offenlegung von Gehältern des Sparkas­sen­vor­standsVorschrift zur Veröf­fent­lichung von Gehältern verfas­sungs­widrig, da Landes­ge­setzgeber keine Gesetz­ge­bungs­kom­petenz zustand

Die Bezüge eines Vorstands­vor­sit­zenden der Sparkasse (hier in Nordrhein-Westfalen) dürfen in der Jahresbilanz, dem Anhang oder dem Geschäfts­bericht unter Namensnennung nicht offengelegt werden. Dies hat das Oberlan­des­gericht Köln entschieden

In der mündlichen Urteils­be­gründung hat das Geicht erkennen lassen, dass er die entsprechende Geset­zes­vor­schrift des nordrhein-westfälischen Sparkas­sen­ge­setzes, nach dem die Sparkassen erstmals in diesem Jahr zu einer entsprechenden Veröffentlichung verpflichtet sind, für verfas­sungs­widrig hält. Das anderslautende Urteil des Landgerichts Köln vom 15.05.2009 wurde entsprechend abgeändert.

Verletzung der Persön­lich­keits­rechte durch Veröf­fent­lichung der Bezüge

Der Vorstands­vor­sitzende einer nieder­rhei­nischen Sparkasse hatte seinem Arbeitgeber per einstweiliger Verfügung verbieten lassen wollen, die Höhe seiner Bezüge in der Jahresbilanz, im Geschäfts­bericht oder an anderer Stelle indivi­du­a­lisiert offen zu legen. Dies schreibt allerdings das Sparkas­sen­gesetz des Landes Nordrhein-Westfalen in § 19 Abs. 5 erstmals seit diesem Jahr vor. Die Bilanzen der Sparkassen werden im Bundesanzeiger abgedruckt. Der Vorstands­vor­sitzende hatte geltend gemacht, die Veröf­fent­lichung sei rechtswidrig, weil hierdurch sein Persönlichkeitsrecht verletzt werde. Die Bevölkerung habe kein berechtigtes Interesse daran, die Höhe seiner Bezüge zu kennen. Die Vorschrift des nordrhein-westfälischen Sparkas­sen­ge­setzes sei im Übrigen auch verfas­sungs­widrig, weil der Landes­ge­setzgeber keine Gesetz­ge­bungs­kom­petenz gehabt habe. Die Sparkasse hatte sich darauf berufen, dass sie nach dem Gesetz zur Veröf­fent­lichung verpflichtet sei. Die Rechtsnorm sei verfas­sungsgemäß; daher müsse der Vorstand den Eingriff in sein Persön­lich­keitsrecht dulden.

Land hatte keine eigene Gesetz­ge­bungs­be­fugnis

Das Gericht hat sich im heute verkündeten Urteil dem Standpunkt der Sparkasse nicht angeschlossen. Im Rahmen des einstweiligen Verfü­gungs­ver­fahrens, in dem es um vorläufigen Rechtsschutz geht, habe er die Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 19 Abs. 5 SparkG NW selbst zu prüfen und danach seine Entscheidung über das Unter­las­sungs­be­gehren auszurichten. Die Veröf­fent­lichung der Bezüge greife in das allgemeine Persön­lich­keitsrecht des Vorstands­vor­sit­zenden ein. Dieser Eingriff sei allerdings nicht durch die Geset­zes­vor­schrift des Sparkas­sen­ge­setzes gerechtfertigt, weil das Land Nordrhein-Westfalen keine Gesetz­ge­bungs­kom­petenz zum Erlass der Norm gehabt habe. Das Recht des Bank- und Börsenwesens gehört zur konkurrierenden Gesetzgebung im Sinne der Art. 72 und 74 des Grundgesetzes. Hier steht den Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung nur solange zu, soweit der Bund nicht von seiner Kompetenz Gebrauch gemacht hat. Nach Auffassung des Senats hat der Bund aber von seiner Gesetz­ge­bungs­kom­petenz gem. Art. 74 Abs. 1, Nr. 11 des Grundgesetzes Gebrauch gemacht, indem er in § 285 Nr. 9 a des Handels­ge­setz­buches Regelungen für die Veröf­fent­lichung von Vorstands­bezügen getroffen hat, allerdings nur für börsennotierte Privat­un­ter­nehmen. Danach habe das Land für öffentlich-rechtliche Sparkassen keine eigene Gesetz­ge­bungs­be­fugnis mehr gehabt. Die Veröf­fent­lichung von Vorstand­ge­hältern betreffe auch nicht nur das formelle Sparkassenrecht, d. h. die innere Verfassung und Organisation, die das Land noch selbst regeln dürfte, sondern hänge mit dem sog. materiellen Sparkassenrecht zusammen, für das nur der Bund gesetz­ge­bungs­befugt sei. Die Veröf­fent­lichung der Bezüge sei nämlich der wirtschaft­lichen Betätigung der Sparkassen zuzuordnen. Die Transparenz der Vorstandsbezüge betreffe nicht nur die innere Struktur der Institute, sondern auch das Auftreten Dritten gegenüber und damit die Unter­neh­mens­politik. Gerade auch von den Anlegern werde der Frage, wieviel von seinem Geld in die Vergütung des Führungs­per­sonals fließe, erhebliche Bedeutung beigemessen.

Verfas­sungs­mä­ßigkeit muss vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht geklärt werden

Ein weiteres Rechtsmittel gegen das Urteil, das im einstweiligen Verfü­gungs­ver­fahren ergangen ist, ist nicht gegeben. Die Frage der Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 19 Abs. 5 SparkG NW wird aber erst im Haupt­sa­che­ver­fahren oder nach dessen Abschluss verbindlich durch das Bundes­ver­fas­sungs­gericht geklärt werden können. Wenn das Zivilgericht im Haupt­sa­che­ver­fahren gleichfalls von der Verfas­sungs­wid­rigkeit der Vorschrift ausgeht, hat es das Verfahren gem. Art. 100 des Grundgesetzes auszusetzen und eine Entscheidung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts einzuholen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Köln vom 09.06.2009

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